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Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Titel: Die Zeit der Hundert Königreiche - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Sie hatte ein Recht auf eine Szene, wenn ihr danach zumute war. Genug angetan hatte er ihr schließlich. Aber die größere Tragödie hatte alle Gedanken an das persönliche Schicksal in den Hintergrund gedrängt, an ihres ebenso wie an seins.
Einer der Unteroffiziere berichtete ihm, als die Söldnerinnen, die in der Armee von Asturias gedient hatten, mit den weiblichen Kriegsgefangenen weggeritten seien, hätten sie zwei Frauen zurückgelassen. Die eine war zu krank zum Reiten, und die andere sei bei ihr geblieben, um sie zu pflegen. Die beiden lebten zusammen in einem kleinen Zelt nahe den Quartieren der Wäscherinnen und Troßdirnen, ein Stück entfernt von den Unterkünften der regulären Armee. Bard lag der Befehl auf den Lippen: Sag ihr, sie muß eine Eilbotschaft für mich überbringen, und schick jemand anders, der sich um ihre Freundin kümmert. Doch ihm fiel ein, daß er einen außergewöhnlichen Dienst von jemandem verlangte. dem er seinen Schutz verweigert hatte. Besser ging er selbst zu der Frau.
    Bard verlief sich zwei- oder dreimal auf dem Gelände des Lagers, bis er endlich die richtige Stelle fand.
Trotz der Katastrophe herrschten im Lager der Armee verhältnismäßig normale Zustände. Leichtverwundete wurden von ihren Kameraden gepflegt, und einige der Frauen hatte man zur Hilfe gepreßt. Die eine oder andere Troßdirne streifte Bard mit einem lächelnden Blick, und da wußte er, daß er nicht erkannt wurde. Es erinnerte ihn an seine Zeit als Söldner. Und dabei wieder fiel ihm Lilla ein und ihr Sohn, der wahrscheinlich ebenso sein Sohn war. Er hatte Lilla nichts Böses getan wie so vielen anderen Frauen. Das war wohl der Grund, warum sie niemals etwas von ihm erwartet oder gebraucht hatte, abgesehen von dem bißchen Geld, das er ihr von seinem Sold für ihren Sohn gab. Sie hatte ihm keinen Ansatzpunkt geliefert, sie zu verletzen, und deshalb konnte er ihr auf keine Weise etwas zuleide tun.
Ja, ich habe vielen Frauen Böses angetan. Aber vielleicht waren auch die Frauen nicht alle ganz ohne Schuld. Sie lebten auf eine Weise, daß sie von Männern vernichtet werden konnten … Im Grunde war er nicht mehr zu tadeln als jeder andere Mann auf seiner Welt. War dann die ganze Welt zu tadeln?
»Nun, Hauptmann«, fragte eine der Troßdirnen, »suchst du ein bißchen Vergnügen?«
Er schüttelte den Kopf. Offensichtlich hatte sie ihn nicht erkannt und hielt ihn für einen gewöhnlichen Soldaten; der Hauptmann war eine Schmeichelei, nicht mehr. »Nicht heute abend, mein Mädchen, ich habe wichtigere Dinge im Kopf. Kannst du mir sagen, wo die geschworenen Schwestern, die Entsagenden, untergebracht sind?« »Von dem Paar könnt Ihr kein Vergnügen erwarten, Sir«, antwortete das Freudenmädchen. »Sie haben Dolche statt Küsse zu vergeben, und der General sagt, wer sich an sie heranmacht, bekommt Schlimmeres zu spüren.«
Bard grinste freundschaftlich. »Ob du es glaubst oder nicht, Hübsche, hin und wieder hat ein Mann etwas anderes zu tun, so unvorstellbar das auch sein mag.« Das Mädchen war ein gutmütiges Ding. »Ich habe eine Botschaft für sie von der … « - Bard zögerte »… der Leronis, die im Feldlazarett arbeitet. Vielleicht könntest auch du dich entschließen, dort zu helfen - es gibt Arbeit für jeden.«
Sie blickte auf den Kies zu ihren Füßen nieder. »Was könnte eine wie ich schon tun, um einer Leronis zu helfen, Sir?«
»Nun, Wasser tragen und Verbandsmaterial aufrollen und Leute füttern, die nicht imstande sind, zu sitzen und selbst zu essen«, sagte Bard. »Warum probierst du es nicht einmal?«
»Ihr habt recht, Sir, jetzt ist nicht die richtige Zeit, bei verwundeten Männern zu liegen«, antwortete das Mädchen. »Ich glaube, viele von uns würden bei der Krankenpflege mitarbeiten. Ich will gehen und sie fragen. Und wenn Ihr die Schwesternschaft sprechen wollt, Sir, so sind zwei davon in dem Zelt dort, aber …« - sie funkelte ihn an - »… kommt nur nicht auf schmutzige Gedanken! Die eine von ihnen ist so krank, daß sie sich nicht hochsetzen kann, und die andere hat nur im Sinn, sie zu pflegen. Die Männer haben sie erwischt, bevor der General seine Befehle gab, und es ist mit den Schwestern nicht wie mit … mit Frauen wie mir, Sir. Sie war nicht daran gewöhnt - und sie ist ziemlich schlimm verletzt worden.« Ihr Gesicht war sehr finster. »Solche Männer sollten strenger bestraft werden als nur mit Auspeitschen, Sir.«
Avarra sei mir gnädig! Von neuem überflutete Bard das

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