Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Titel: Die Zeit der Hundert Königreiche - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
einmal sehr ähnlich. Ihr müßt ihre Schwester sein, die Leronis - es ist jetzt keine Zeit, zu fragen, wie Ihr hergekommen seid. Aber ich segne Euch im Namen Avarras! Dann werdet Ihr mir bei den Verwundeten helfen?«
»Gern«, sagte Melora. »Wo sind die Frauen in Wehen?«
»Wir haben sie in jenen Raum dort getragen, es war einmal das Arbeitszimmer des alten Königs … ich werde gleich zu Euch kommen.« Carlina beugte sich erneut über die sterbende Frau, legte eine Hand auf ihre Stirn und schüttelte den Kopf.
    »Sie wird nicht wieder erwachen«, sagte sie und ging auf das Zimmer zu, in das sie Melora geschickt hatte. Aber Bard faßte sie leicht am Ärmel.
»Carlie«, sagte er.
Sie riß sich erschrocken los. Doch dann spürte sie wohl an seiner Stimme, daß er keine Bedrohung für sie darstellte. Sie stieß den angehaltenen Atem aus. »Bard … ich hatte nicht erwartet, dich hier zu sehen … «
Er sah die dunkel verfärbte Stelle auf ihrer Wange. Gnädige Avarra, das habe ich ihr angetan … Aber er hatte keine Zeit, sich zu schämen oder zu bemitleiden. Er konnte Carlina jetzt nicht einmal um Verzeihung bitten. Sein Land wurde von Aldaran angegriffen und war in den Händen eines Usurpators.
»Was ist das für ein Unsinn, ich sei heute nacht gekrönt und mit irgendwem anders verheiratet worden?«
»Gekrönt, verheiratet? Davon weiß ich nichts, Bard. Ich bin die ganze Zeit, seit der andere Flügel der Burg einstürzte, hiergewesen und habe die Kranken und Verletzten gepflegt. Für etwas anderes hatte ich keine Zeit . -. ich habe für nichts Zeit gehabt, nur daß ich ein bißchen Brot und Käse gegessen habe … «
»Ist niemand anders da, der das hier tun kann, Carlie? Du siehst so müde aus … «
»Oh, ich bin daran gewöhnt, es ist die Arbeit einer Priesterin … «, antwortete sie mit schwachem Lächeln. »Und wenn du es vielleicht auch nicht glaubst, Bard, das ist es, was ich bin. Doch es mag sein, daß ich zu lange behütet wurde. Vielleicht brauchen wir die Priesterinnen eher in der Welt als auf der Heiligen Insel.«
»Melisandra . . - ist sie … ?«
»Sie war während des Angriffs bei mir; sie ist unverletzt geblieben. Und auch deinem Sohn geht es gut, wie ich hörte. Er war den ganzen Tag bei Meister Gareth. Aber, Bard, ich habe jetzt keine Zeit für dich, diese Frauen liegen im Sterben. Und die Männer auch … Weißt du, daß mehr als hundert Männer verwundet wurden? Und zwölf von ihnen sind bereits gestorben, so daß morgen ein ganzes Regiment Soldaten irgendwo Gräber ausheben muß, und irgendwer muß die Familien benachrichtigen … Bard, kannst du Boten zu der Heiligen Insel schicken und darum bitten lassen, daß Priesterinnen kommen und mir bei den Verletzten und Sterbenden helfen? Wenn du Eilboten zu Pferde schickst, können sie bei Tageslicht dort ankommen … « »Selbstverständlich kann ich das tun«, antwortete Bard ernüchtert, »aber werden sie auf Männer hören, werden sie kommen?<~ »Vielleicht nicht für den König von Asturias. Aber vielleicht für mich, wenn sie erfahren, daß ich, Schwester Liriel, sie bitte -«
»Aber es gibt keinen Mann, der auch nur an das Ufer des Sees treten kann, ohne von diesem bösen Zauber angegriffen zu werden - « Er hielt inne. Nein, der Zauber war nicht böse. Die Frauen verteidigten sich nur. Demütig sagte er: »Kein Mann kann die Schutzmaßnahmen überwinden, mit denen die Priesterinnen sich verteidigen, ohne vor Entsetzen zu sterben.«
»Eine Frau kann es«, stellte Carlina fest. »Bard, hast du in deiner Armee keine Frauen, die zu der geschworenen Schwesternschaft vom Schwert gehören? Auch sie reiten unter dem Schutz Avarras.« »Ich glaube, sie haben mich alle verlassen, Carlina. Aber ich will ,gehen und meine Unteroffiziere fragen; der eine oder andere weiß sicher Bescheid.«
»Dann schicke eine von der Schwesternschaft, Bard. Bitte sie, zum See zu reiten und von mir die Botschaft zu überbringen, sie möchten kommen -«
Bard wollte schon sagen, niemanden in seiner Armee pflege er zu bitten, dies oder jenes zu tun, doch er schluckte es hinunter. Wenn Carlina bitten konnte, dann konnte er es auch. Er antwortete: »Ich werde sofort Eilboten absenden, Lady«, und ging. Carlina blickte ihm nach. Sie erkannte, daß etwas sehr Seltsames geschehen war, nicht nur im Königreich von Asturias, sondern auch in Bards Seele.
Bard ging zu den Ställen. Er war erleichtert, daß Carlina ihn zumindest nicht auf der Stelle mit Vorwürfen überfallen hatte.

Weitere Kostenlose Bücher