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Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Titel: Die Zeit der Hundert Königreiche - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Gefühl brennender Scham und Schuld. Zur Überraschung der Frau antwortete er: »Du hast vollkommen recht.« Damit ging er zu dem ihm bezeichneten Zelt. Er wagte nicht einzutreten. Die Frauen drinnen würden wahrscheinlich nach allem, was sie durchgemacht hatten, erst zuschlagen, wenn ein Mann in ihre Nähe kam, und dann Fragen stellen. Leise rief er von draußen: »Mestra … «
Eine Frau erschien in der Zeltöffnung, kroch heraus und stand auf. Sie trug die Tunika der Schwesternschaft aus rotem Leder, knielang und vorn des bequemeren Reitens wegen geschlitzt. Ihr kurzgeschnittenes Haar war völlig zerzaust. Sie sagte heftig: »Sprich leise! Meiner Schwester geht es sehr schlecht!« Sie war groß und dünn und trug ein Messer im Gürtel. Ein goldener Reifen schimmerte in ihrem Ohr. »Das tut mir leid«, erwiderte Bard, »aber ich habe eine Botschaft von der Leronis im Lazarett. Ich brauche einen Eilboten nach Marenji und dem See des Schweigens.« Er erklärte ihr die Sache, und die Frau sah ihn beunruhigt an. Bard trat in das Licht einer Laterne, die über der Lagerstraße von einem Pfosten hing, und da erkannte sie ihn. »Lord General! Nun, Sir, ich würde gern reiten, aber … aber meine Schwester braucht mich dringend, Sir. Ihr habt gehört, was geschehen ist … «
»Ja, ich weiß. Aber wollt Ihr sie nicht ins Feldlazarett bringen? Wenn es ihr so schlecht geht, braucht sie mehr Pflege, als Ihr ihr zukommen lassen könnt, und bestimmt wird die Priesterin Avarras ihr helfen.« Die Entsagende betrachtete ihn mit düsterem Gesicht, aber die Tränen standen ihr in den Augen. »Die Priesterinnen … das sind heilige Jungfrauen, Sir, und sie werden mit der Schwesternschaft nichts zu tun haben wollen. Zweifellos halten sie uns nicht für anständige Frauen. Und was werden sie von einer Frau denken, die wieder und wieder vergewaltigt worden ist, und … und sie ist angesteckt, Sir … « »Ich glaube, Ihr werdet feststellen, daß sie mehr Verständnis haben, als Ihr annehmt«, versicherte Bard. »Die Priesterinnen Avarras haben geschworen, allen Frauen zu helfen.« Das hatte er aus Carlinas Gedanken entnommen. »Aber Ihr müßt sofort reiten. Ich lasse eine Tragbahre kommen, mit der Eure Schwester ins Lazarett gebracht werden kann.« Er ging zu den Soldatenunterkünften zurück und rief nach einer Tragbahre. In wenigen Minuten hatte man die kranke Frau vorsichtig daraufgelegt, und ihre Schwester/Freundin beugte sich über sie.
»Tresa, Breda, diese Leute werden dich zu einer Leronis bringen, die dir besser helfen kann als ich … «
Sie wandte sich Bard zu. »Mir ist es gar nicht lieb, daß ich sie bei Fremden zurücklassen muß … «
Er antwortete: »Ich selbst werde sie in die Hände der Leronis geben, Mestra, aber Euch obliegt eine Aufgabe, die nur eine Frau erfüllen kann. Kein Mann vermag sich dem See des Schweigens zu nähern.« Carlina würde für die Kranke sorgen, und wenn Carlina es aus dem einen oder anderen Grund nicht konnte, war er überzeugt, daß Melora wußte, was für sie zu tun war.
Carlina ging immer noch, ohne an etwas anderes zu denken, zwischen dem einen Raum, in dem die verletzten Frauen lagen, und dem anderen, der die Entbindungsstation darstellte, hin und her, als Bard die kranke Frau hereintragen ließ. Melora wickelte ein neugeborenes Kind.
»Ich habe noch eine, der ihr helfen müßt.« Bard erklärte, was geschehen war.
»Ja, natürlich, ich werde mich um sie kümmern«, versprach Carlina, und Bard meinte, Verwirrung in ihrem Blick zu lesen. Seit wann kümmerst du dich höchstpersönlich um solche Dinge?
Zu seiner Verteidigung erklärte er ärgerlich: »Sie ist Soldat und Kriegsgefangene, und es waren meine Männer, die sie verletzt haben, verdammt noch mal! Bist du zu tugendhaft, sie zu pflegen?« »Natürlich nicht, Bard«, protestierte Carlina. »Ich habe dir doch gesagt, wir werden sie pflegen. Ihr da …« - sie winkte die Frauen heran, die den Soldaten die Bahre abgenommen und darauf bestanden hatten, sie selbst zu tragen - »… ich kann jedes Paar Hände brauchen! Auch die unter euch, die überhaupt keine Ahnung von
Krankenpflege haben, können die Leute füttern und Tabletts tragen und Wasser kochen und Brei machen!«
Bard warf einen Blick nach draußen. Der Himmel wurde hell. Es war kurz vor Sonnenaufgang. »Ich werde die Köche der Armee herschicken. Sie können den Brei kochen«, versprach er. Jeder Soldat im Dienst konnte mit dieser Botschaft losgeschickt werden, und so kostete

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