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Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Titel: Die Zeit der Hundert Königreiche - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Nachtgewand - so dünn, daß die Haut rosig durchschimmerte - in durchsichtigen Falten lag. Sie hatte ihm Erlend geschenkt, und schon dafür mußte er ihr immer Liebe und Dankbarkeit erweisen. Dann rüttelte er Paul leicht an der Schulter.
»Wach auf«, sagte er.
    Paul fuhr im Bett in die Höhe. Sofort hellwach, erblickte er Bards angespanntes Gesicht und wußte, daß er in unmittelbarer Lebensgefahr war. Sein erster Gedanke war, Melisandra zu schützen. Er sprang aus dem Bett und stellte sich zwischen sie und Bard. »Nichts von allem ist ihre Schuld! «
Bards Lächeln überraschte ihn. Bard sah richtig belustigt aus! »Das weiß ich«, sagte er. »Was auch geschehen mag, ich werde Melisandra nichts tun.«
Paul entspannte sich ein bißchen, blieb aber auf der Hut. »Was tust du hier?«
»Das hatte ich eigentlich dich fragen wollen«, antwortete Bard. Schließlich ist es mein Zimmer. Wie ich hörte, hat man dich heute nacht gekrönt. Und … verheiratet. Mit Melisandra. Kannst du es mir verübeln, wenn ich mir meine Gedanken darüber mache, ob du Absichten auf den Thron von Asturias hast? Gestern abend hat man mich fast nicht in die Burg hineingelassen, weil man mich für einen Betrüger hielt.«
Aus irgendeinem Grund, merkte Bard jetzt, sprachen sie beide im Flüsterton. Aber trotzdem weckten ihre Stimmen Melisandra auf. Sie setzte sich im Bett hoch, und das Haar flutete ihr über die Brust. Mit großen Augen starrte sie Bard an. Ihre Worte überstürzten sich: »Bard! Nein! Tu ihm nichts! Er hatte nicht die Absieht … « »Laß ihn selbst erklären, welche Absichten er hatte!« fuhr Bard sie an, und seine Stimme war wie Stahl.
Paul knirschte mit den Zähnen. »Was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen? Die Ratgeber kamen zu mir, sie sagten, ich sei der König, sie verlangten von mir, daß ich Melisandra heirate! Sollte ich da vielleicht antworten: 0 nein, ich bin nicht der Lord General, der Lord General wurde zuletzt dabei gesehen, wie er nach Neskaya davonritt? Sie fragten mich nicht, was ich tun wolle, sie befahlen es mir! Wärst du rechtzeitig zurückgekommen … aber nein, du hattest irgendeine Privatangelegenheit zu erledigen und hattest alles mir überlassen … du hast nicht einmal nach deinem Sohn gefragt! Du bist ungefähr ebenso geeignet, dies Königreich zu regieren, wie … wie er es ist, und das ist kein großes Kompliment, weil ich mir vorstellen kann, daß jeder, der Hosen trägt, es besser fertigbrächte, als es dir gelingen wird! Wenn du deine Aufmerksamkeit zehn Minuten lang von deinen Weibern abund den Dingen, die du tun solltest, zuwenden könntest … « Bard riß den Dolch aus der Scheide. Melisandra schrie auf, und drei Leibwächter stürzten ins Zimmer. Als sie Bard in der Kleidung eines gewöhnlichen Soldaten und Paul im Nachthemd erblickten, kamen sie sofort zu dem offensichtlichen Schluß und drangen mit gezogenen Schwertern auf Bard ein.
»Du willst wohl in Anwesenheit des Königs Stahl ziehen, was?« brüllte einer von ihnen. Augenblicke später war Bard entwaffnet und wurde von zwei Leibwächtern festgehalten.
»Was sollen wir mit ihm anfangen, Lord General - ich bitte um Verzeihung - Euer Majestät?«
Paul blickte von den Leibwächtern zu Bard und sagte sich, daß er aus der Bratpfanne ins Feuer gesprungen war. Er wollte nicht, daß der Vater von Melisandras Kind vor seinen Augen getötet wurde.
    Schmerzlich und gerade eine Sekunde zu spät wurde ihm bewußt daß er überhaupt nicht böse auf Bard war.
Teufel, letzten Endes hat es mich in die Stasis-Zelle gebracht, daß ich die Finger nicht von den verkehrten Frauen lassen konnte. Wer bin ich, daß ich ihm Vorwürfe mache? Und doch, wenn ich zugebe, daß er der König und der Lord General ist, dann liege ich im Bett mit der Königin, und nach allem, was ich über dies Land weiß, ist auch das ein schweres Verbrechen - ganz zu schweigen von Bards Stolz! Wenn ich ihn töten lasse, wird Melisandra ihnen wahrscheinlich die Wahrheit sagen. Tue ich es nicht, wäre ich in der Stasis-Zelle verdammt besser dran! Denn ich habe keinen Zweifel, daß man hier die Todesstrafe hat - und raffinierte Methoden kennt, sie zu vollziehen! Der ranghöchste Leibwächter wandte sich an Paul. »Mein Lord … « Bard fiel ein: »Ich glaube, hier liegt ein Irrtum vor … «
»Irgendwer hat einen Irrtum begangen, das stimmt schon«, er klärte einer der Leibwächter grimmig. »Dieser Mann versuchte gestern abend, in den Palast zu gelangen, indem er

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