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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Königs. König Ardrin war seines Vaters Bruder, und seine illegitime Geburt hätte bei seinen Fähigkeiten in der Strategie und Kriegführung keine Rolle gespielt. Er hätte es als des Königs Kämpfer und Bannerträger weit bringen und Ehre und Ruhm gewinnen können … Aber er hatte nicht fest genug an sich geglaubt, um dessen sicher zu sein. Er hatte sich Carlina aufdrängen müssen.
    Und wenn König Ardrin sich diese Heirat einmal in den Kopf gesetzt hatte, hätten Carlina und er in einer aus politischen Gründen geschlossenen Ehe nicht unglücklicher zu werden brauchen als viele andere Paare am Hof. Nach dem erfolgreichen Feldzug, bei dem er das Haftfeuer erbeutete, hätte er jedoch genug Selbstvertrauen haben sollen, um sich zu sagen, der König werde ihn auch ohne diese Heirat zu schätzen wissen. Er hätte Carlina freigeben und Meister Gareth um Erlaubnis bitten sollen, um Melora zu werben. Wenn sie mich hätte haben wollen. Ich glaube, ich wußte damals schon, daß ich nicht gut genug für sie war!
    Melora war der einzige Mensch, der ihn je geliebt hatte. Seine Mutter hatte ihn weggegeben, damit er bei seinem Vater aufwachsen konnte, und soviel er wußte, hatte sie nicht einen Augenblick gezögert. Hatte sein Vater ihn je geliebt, oder hatte er in Bard nur ein Werkzeug für seinen eigenen Ehrgeiz gesehen? Sein kleiner Bruder Alaric hatte ihn geliebt … Aber Alaric hat mich nie gekannt, und wenn er gewußt hätte, was ich wirklich bin, hätte er mich nicht geliebt … er hätte mich gehaßt, hätte mich verachtet . Er hatte nie eine Frau gehabt, die ihn liebte. Ich habe Zwang auf sie ausgeübt, damit sie in mein Bett kamen, weil ich das Gefühl hatte, keine von ihnen würde mich aus eigenem freien Willen haben wollen!
    Seine Pflegebrüder hatten ihn geliebt – und er hatte den einen fürs Leben gelähmt und sich den anderen erst zum Feind gemacht und ihn dann getötet …
    Und warum ist Beltran mein Feind geworden? Weil ich ihn verhöhnte … und ich verhöhnte ihn, weil er meine Ängste um meine eigene Männlichkeit bloßlegte. Er schämte sich nicht, seine Schwäche zuzugeben oder seinen Wunsch auszusprechen, sich mit dem alten Gelübde Mut zu machen, das wir uns gaben, als wir Jungen waren … aber ich fürchtete, er werde mich weniger männlich als sich selbst finden!
    Und wenn ich in Neskaya ankomme, wird Melora mir sicher klarmachen, daß ich ein Narr war, wenn ich glaubte, es kümmere sie, was aus mir wird … aber vielleicht wird sie Mitleid mit mir haben. Sie ist eine Leronis, und vielleicht weiß sie, was ich tun muß, um mein Leben wieder in Ordnung zu bringen. Nicht etwa, daß ausgelöscht werden kann, was ich getan habe. Aber versuchen muß ich es. Vielleicht kann ich die Göttin besänftigen …
    Ist es dazu zu spät?
    Sein Pferd war jetzt sehr müde und ging langsam. Doch auch Bard war müde, unsagbar müde. Er wickelte sich auf eine Art in seinen Mantel, die in seiner neuen Empfindsamkeit die unerträgliche Erinnerung heraufbeschwor, wie sich Carlina mit ihrem schwarzen Mantel verhüllt hatte. Und er hatte ihr sogar diesen Fetzen einer schwachen Verteidigung weggerissen …
    Bard glaubte, mit dieser Empfindsamkeit nicht leben zu können. Er mußte sterben, wenn es noch länger andauerte, und doch wußte er tief in seinem Inneren, daß es nie wirklich aufhören würde. Ganz gleich, wie er sich um Wiedergutmachung bemühte, es würde ihm bis an sein Lebensende schmerzhaft bewußt sein, welche Qualen er anderen zugefügt hatte. Er mußte leben mit dem ständigen Gedanken daran, was er denen angetan hatte, die er liebte.
    Liebte. Denn auf seine eigene wilde Art hatte er Carlina geliebt. Seine Liebe war selbstsüchtig und brutal, aber doch wirkliche Liebe gewesen, Liebe für das schüchterne kleine Mädchen, das seine Spielgefährtin gewesen war. Und er hatte auch Geremy und Beltran geliebt, und sie waren für immer aus seiner Reichweite entschwunden, und seine Strafe war das Wissen, daß er selbst sie hinweggetrieben hatte, Geremy in die Entfremdung, Beltran in den Tod. Und er liebte Erlend, und er wußte, er würde niemals seines Sohnes Zuneigung oder Achtung verdienen. Erhielt er sie trotzdem irgendwie (denn Kinder lieben ohne Grund), lag das nur an Erlends Güte und nicht an seiner. Denn wenn Erlend die Abgründe in ihm bekannt wären, würde er ihn hassen, und Alaric würde ihn hassen, und sein Vater würde ihn hassen … wie auch Melora, die so gut und ehrlich war, ihn bestimmt hassen

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