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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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daß er eine Botschaft an Carlina hinausschmuggelte. Wenn sie sich für ihn einsetzen würde – sie war seine einzige Hoffnung! Zumindest mußte er mit einem Jahr Exil und dem Verlust der Gnade des Königs rechnen. Seine Verlobung mit Carlina konnten sie nicht rückgängig machen, aber sie konnten ihm Steine in den Weg werfen. Wäre Geremy gestorben, würde das Urteil auf mindestens drei Jahre Exil und Blutgeld an Geremys Familie lauten. Aber Geremy lebte. Der Soldat wies seine Bitte jedoch kurz ab und sagte, der König habe verboten, irgendwelche Botschaften weiterzuleiten.
    Als Bard nun völlig allein und auf sich selbst angewiesen war, schwemmte seine Verbitterung die Reue hinweg. Melora war an allem schuld. Hätte sie ihn nicht abgewiesen, wäre es nicht passiert, daß er seine Wut und Enttäuschung an Carlina ausließ. Er hätte Carlina das zusätzliche halbe Jahr, das sie sich wünschte, bis zur festgesetzten Zeit lassen können. Melora hatte ihn scharfgemacht und dann abgewiesen, verdammt sollte sie sein!
    Und dann Carlina! Sie sagte, sie würde ihn als ihren Gatten lieben, und doch verschmähte sie ihn auf diese Weise! Und wie konnten Geremy und Beltran, die verdammten Ombrediny , es wagen, sich einzumischen? Beltran war eifersüchtig, weil Bard ihn abgewiesen hatte, und er hatte seinen Liebhaber gerufen, ihn anzugreifen … Es war ihre Schuld! Er hatte nichts Unrechtes getan!
    Der Zorn verhärtete sein Gemüt immer mehr. Dann kam der Tag, an dem ein milder Frühlingsregen die Dächer der Burg wusch und das Tauwetter bevorstand. Zwei Soldaten traten in sein Zimmer und sagten: »Ihr solltet Euch ankleiden, Dom Bard. Der König hat Euch vor sich gerufen.«
    Bard legte mit Sorgfalt seine besten Kleider an, rasierte sich gründlich, flocht sein Haar zum Kriegerzopf und wickelte die rote Schnur darum. Wenn der König sie sah, erinnerte er sich vielleicht, wie gut und wie lange Zeit Bard ihm gedient hatte. Er wußte, wenn er des Königs Sohn getötet oder verkrüppelt hätte, könnte nichts ihn retten. Dann könnte er sich glücklich schätzen, wenn ihm ein schneller Tod gewährt und er nicht mit Haken zerrissen wurde. Aber Geremy war eine Geisel, der Sohn eines Feindes …
    Geremy war der Pflegesohn des Königs und sein eigener Pflegebruder. Es würde ihn nicht retten.
    In trotziger Haltung betrat er den Audienzsaal des Königs. Hocherhobenen Hauptes blickte er auf alle Anwesenden hinab. Carlina befand sich zwischen den Frauen der Königin, bleich und matt, das Haar aus dem Gesicht gestrichen und zu einem dünnen Knoten aufgesteckt, die Augen groß und angstvoll. Beltran sah zornig und herausfordernd drein und vermied Bards Blick. Bard hielt Ausschau nach Geremy. Er war da, auf Krücken gestützt, und Bard bemerkte, daß er an dem verwundeten Bein einen Pantoffel statt eines Stiefels trug und daß er es nicht auf den Boden setzte.
    Die Kehle wurde ihm eng. Er hatte Geremy kein Leid tun wollen. Verdammt, warum hatte Geremy sich nicht herausgehalten, warum hatte er sich unbedingt in etwas einmischen müssen, das nur Bard und seine versprochene Frau anging?
    König Ardrin sagte: »Nun, Bard mac Fianna, was kannst du selbst für dich vorbringen?«
    Der Name eines Bastards – der Name seiner unbekannten Mutter, nicht das di Asturien , das man ihm aus Höflichkeit zukommen ließ – war ein schlechtes Vorzeichen.
    Bard beugte das Knie vor seinem Pflegevater. »Nur dies, Verwandter: Ich habe den Kampf nicht gesucht, sondern er wurde mir aufgezwungen. Und daß ich dir fünf Jahre lang gedient, und, wie ich glaube, gut gedient habe. Mit eigener Hand hast du mich bei Snow Glen mit der roten Schnur ausgezeichnet, und ich habe Haftfeuer für deine Armee erbeutet. Ich liebe meinen Pflegebruder und hätte ihm absichtlich keinen Schaden zugefügt. Ich wußte nicht, daß der Dolch vergiftet war, das schwöre ich.«
    »Er lügt«, stellte Beltran leidenschaftslos fest. »Denn wir machten Witze darüber, er sei Bredin eines Trockenstädters geworden, und er hatte von Mistress Melora, der Leronis , gehört, daß die Wunde ihres Vaters vergiftet worden war.«
    »Ich hatte vergessen, daß es nicht mein eigener Dolch war«, widersprach Bard zornig. »Ich gebe zu, Verwandter, ich hätte auf dem Fest keinen Stahl ziehen dürfen. Insoweit bin ich schuldig. Aber Geremy zwang mir den Kampf auf! Hat Prinz Beltran dir gesagt, daß er nichts als eifersüchtig war?«
    König Ardrin fragte: »War es Geremy, der seinen Dolch zuerst

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