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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Schenke ist zu nichts nütze. Wir arbeiten im Schweiße unsres Angesichts und gehn nicht in die Schenke. Die Schenke zieht bloß Zugereiste an, größtenteils solche, die uns nicht passen. Jetzt sitzen da auch solche.«
    »Wer?« Remiss wurde ein wenig blass. »Nicht zufällig aus dem Fort Sarda? Nicht die edlen Herrn Varnhagen?«
    »Nein, leider nicht. Es ist die Miliz der Herrn Barone. Die Nissire.«
    »Die Nissire?« Flenner runzelte die Stirn. »Und wo komm’ sie her? Unter wessn Kommando?«
    »Der Anführer ist so ein großer, schwarzer, mit ’nem Schnurrbart wie’n Wels.«
    »Ha!« Flenner wandte sich zu seinen Leuten um. »Das sieht gut aus. Da kenn’ wir nur ein’, was? Das kann doch nur unser Freund Vercta ›Kannsteglauben‹ sein, erinnert ihr euch an den? Und was, Gevatter, machn die Nissire hier bei euch?«
    »Die Herren Nissire«, erklärte der Siedler mürrisch, »wollen nach Tyffia. Haben uns mit ihrem Besuch beehrt. Sie haben ’nen Gefangnen dabei. Einen von der Rattenbande haben sie gefangen genomm’.«
    »Na so was«, prustete Remiss. »Und den Kaiser von Nilfgaard habm sie nicht gefang’ genomm’?«
    Der Siedler runzelte die Stirn, fasste den Spieß fester. Seine Gefährten murrten dumpf.
    »Reitet zur Schenke, ihr Herrn Krieger.« Die Muskeln in den Wangen des Siedlers zuckten heftig. »Und redet mit den Herrn Nissiren, euern Freunden. Ihr steht ja im Dienste des Präfekts. Fragt also die Herrn Nissire, wieso sie den Banditen nach Tyffia bringen, statt ihn mit Ochsen auf den Pfahl zu ziehen, wie’s der Herr Präfekt befohlen hat. Und erinnert die Herrn Nissire, eure Freunde, dran, dass hier der Präfekt das Sagen hat, nicht der Baron aus Tyffia. Wir haben schon die Ochsen im Joch und einen Pfahl angespitzt. Wenn die Herrn Nissire nicht wollen, machen wir, was notwendig ist. Sagt ihnen das.«
    »Sag ich, unbedingt.« Flenner warf den Kameraden einen vielsagenden Blick zu. »Macht’s gut, Leutchn.«
    Sie ritten im Schritt zwischen die Hütten. Das Dorf wirkte wie ausgestorben, sie sahen keine Menschenseele. Bei einem von den Zäunen wühlte ein abgemagertes Schwein in der Erde, im Morast strampelten schmutzige Enten. Den Reitern lief ein großer schwarzer Kater über den Weg.
    »Toi-toi-toi, das Katznvieh.« Remiss neigte sich im Sattel zur Seite, spuckte aus, formte mit den Fingern ein Zeichen gegen das Unglück. »Is übern Weg gelaufn, das Mistvieh!«
    »Dass ihm die Maus im Halse stecknbleibt!«
    »Was is?« Flenner drehte sich um.
    »Ein Kater. Schwarz wie Pech. Is übern Weg gelaufn, toi-toi-toi.«
    »Zum Kuckuck mit ihm.« Flenner schaute sich um. »Guckt nur, was für ’ne Leere. Aber ich hab durch die Fenster gesehn, dass die Leute in den Hüttn sitzn, aufpassn. Und dort hinter der Tür hervor hab ich ’ne Lanze blinkn sehn.«
    »Die bewachn ihre Weiber«, sagte lachend der, der dem Kater Ärger mit der Maus gewünscht hatte. »Die Nissire sind im Dorf! Habt ihr gehört, was der Bauer gesagt hat? Man merkte, dass er die Nissire nicht leidn kann.«
    »Kein Wunder. ›Kannsteglauben‹ und seine Leute lassn keine Bäurin aus. Na, irgendwann werdn sie’s übertreibm, die Herrn Nissire. Die Barone nenn’ sie ›Ordnungshüter‹, bezahln sie dafür, dass sie Ordnung haltn, die Straßn bewachn. Aber du brauchst bloß ’nem Bauern ›Nissir!‹ ins Ohr zu rufn, du wirst sehn, der scheißt sich ein vor Angst. Aber nur vorläufig, vorläufig. Sie werdn noch ’n Kalb schlachtn, noch ’n Mädel durchbumsn, und die Bauern werdn sie auf die Mistgabeln nehm’, werdet’s sehn. Habt ihr die am Tor beobachtet, was die für Fressn gezogn habm? Das sind Nilfgaarder Siedler. Mit denen is nicht zu spaßn  ... Ha, da is ja die Schenke  ...«
    Sie trieben die Pferde an.
    Die Schenke hatte ein leicht eingesacktes, stark bemoostes Dach. Sie stand in einigem Abstand von den Hütten und den Wirtschaftsgebäuden, markierte jedoch das Zentrum, den Mittelpunkt des ganzen von der halb zerfallenen Palisade eingegrenzten Gebietes, die Kreuzung der beiden durch das Dorf verlaufenden Straßen. Im Schatten des einzigen großen Baumes weit und breit lag ein Viehhof und getrennt davon ein Gehege für Pferde. In Letzterem standen fünf oder sechs noch gesattelte Tiere. Auf der Treppe vor der Tür saßen zwei Typen in Lederjacken und spitzen Pelzmützen. Beide drückten tönerne Humpen an die Brust, und zwischen ihnen stand eine Schüssel voll abgenagter Knochen.
    »Was seid ihr für welche?«, blaffte

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