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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Ungeheuer ihm zusetzt. Wie üblich. Wenn du wirklich etwas für mich tun willst, Molnar, dann schalte dich dort ein. Nimm Kontakt zu den Bauern in Hirundum auf und erhöhe die Belohnung. Damit er was zum Leben hat.«
    »Wie üblich.« Giancardi lachte auf. »Und wenn er schließlich davon erfährt?«
    Yennefer fixierte Ciri, die zuschaute und zuhörte, ohne auch nur Interesse für den 
Physiologus
 vorzutäuschen.
    »Und von wem«, presste die Zauberin hervor, »sollte er es erfahren?«
    Ciri senkte den Blick.
    Der Zwerg lächelte vielsagend, strich sich über den Bart. »Bevor du dich nach Thanedd begibst, wirst du in Richtung Hirundum reisen? Rein zufällig natürlich?«
    »Nein.« Die Zauberin wandte den Blick ab. »Werde ich nicht. Wechseln wir das Thema, Molnar.«
    Giancardi strich sich abermals über den Bart, schaute Ciri an. Ciri senkte den Kopf, räusperte sich und rutschte auf dem Sessel hin und her.
    »Richtig«, sagte er. »Es ist Zeit, das Thema zu wechseln. Aber deine Schutzbefohlene langweilt sich sichtlich bei dem Buch  ... und bei unserem Gespräch. Und das, was ich jetzt mit dir besprechen möchte, wird sie noch mehr langweilen, fürchte ich  ... Das Schicksal der Welt, das Schicksal der Zwerge dieser Welt, das Schicksal ihrer Banken, was ist das für ein langweiliges Thema für junge Mädchen, künftige Absolventinnen von Aretusa  ... Lass sie ein wenig unter deinen Fittichen hervor, Yennefer. Soll sie durch die Stadt spazieren  ...«
    »Oh ja!«, rief Ciri.
    Die Zauberin entrüstete sich und wollte schon den Mund zum Widerspruch öffnen, besann sich jedoch plötzlich eines anderen. Ciri war sich dessen nicht sicher, doch sie hatte den Eindruck, dass bei der Entscheidung ein kaum merkliches Augenzwinkern eine Rolle spielte, welches den Vorschlag des Bankiers begleitet hatte.
    »Soll sich das Mädchen die Sehenswürdigkeiten der uralten Stadt Gors Velen anschauen«, fügte Giancardi mit breitem Lächeln hinzu. »Ihr gebührt ein wenig Freiheit vor  ... Aretusa. Und wir beide werden uns noch über gewisse  ... hmm, persönliche Dinge unterhalten. Nein, ich meine nicht, dass das Mädchen allein gehen soll, obwohl das eine sichere Stadt ist. Ich werde ihr einen Gefährten und Beschützer mitgeben. Einen von meinen jüngeren Angestellten  ...«
    »Entschuldige, Molnar« – Yennefer erwiderte das Lächeln nicht  –, »aber ich habe nicht den Eindruck, dass heutzutage, selbst in einer sicheren Stadt, die Begleitung eines Zwerges  ...«
    »Es ist mir nicht einmal in den Sinn gekommen«, verwahrte sich Giancardi, »dass es ein Zwerg sein sollte. Der Angestellte, von dem ich spreche, ist der Sohn eines geachteten Kaufmanns, ein Mensch von vorn und hinten, sozusagen. Dachtest du, ich beschäftige hier nur Zwerge? He, Wilfli! Ruf mir den Fabio her, hurtig!«
    »Ciri  ...« Die Zauberin trat zu ihr hin, beugte sich ein wenig herab. »Aber ohne Dummheiten, damit ich mich nicht schämen muss. Und vor dem Angestellten verplapperst du dich nicht, verstehst du? Versprich mir, dass du darauf achten wirst, was du tust und sagst. Nicke nicht. Versprechen macht man laut.«
    »Ich verspreche es, Frau Yennefer.«
    »Wirf ab und zu auch einen Blick auf die Sonne. Zu Mittag kommst du zurück. Pünktlich. Und wenn  ... Nein, ich glaube nicht, dass jemand dich erkennt. Aber wenn du bemerkst, dass dich jemand zu eingehend anschaut  ...«
    Die Zauberin griff in ihre Tasche, holte einen kleinen, runenbedeckten Chrysopras hervor, der in Form einer Sanduhr geschliffen war. »Steck das in die Tasche. Verlier es nicht. Bei Bedarf  ... Den Spruch weißt du noch? Aber diskret, die Aktivierung erzeugt ein starkes Echo, und das Amulett sendet Wellen aus. Wenn in der Nähe jemand wäre, der für Magie empfänglich ist, würdest du dich offenbaren, statt dich zu tarnen. Ach, und nimm noch das  ... Falls du dir etwas kaufen willst.«
    »Danke, Frau Yennefer.« Ciri legte Amulett und Münzen in ihre Tasche und betrachtete neugierig den Burschen, der ins Kontor gelaufen kam. Der junge Mann hatte Sommersprossen, das gewellte kastanienbraune Haar fiel ihm auf den hohen Kragen der grauen Uniform, wie sie die kaufmännischen Angestellten der Bank trugen.
    »Fabio Sachs«, stellte Giancardi vor. Der junge Mann verbeugte sich höflich.
    »Fabio, das ist Frau Yennefer, unser geehrter Gast und unsere geschätzte Klientin. Und dieses Fräulein, ihre Schutzbefohlene, hat den Wunsch, die Stadt zu besuchen. Du wirst sie

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