Die Zeit der Verachtung
halten. Nein, keine Fragen bitte. Warte ab bis morgen. Jetzt aber wollen wir uns auf Kaviar und banalen Klatsch konzentrieren.«
»Es gibt keinen Kaviar.«
»Einen Augenblick.« Sie schaute sich rasch um, bewegte die Hand und murmelte einen Spruch. Das silberne Gefäß von der Form eines im Sprung gekrümmten Fisches füllte sich sogleich mit dem Rogen des vom Aussterben bedrohten Schaufelstörs.
Der Hexer lachte. »Kann man sich an einer Illusion sattessen?«
»Nein. Aber seinem snobistischen Geschmack kann man damit sehr schön frönen. Koste nur.«
»Hmm ... In der Tat ... Er kommt mir besser als echter vor ...«
»Und er macht nicht dick«, erklärte die Zauberin stolz, während sie Zitronensaft auf den nächsten Löffel Kaviar träufelte. »Darf ich dich um ein Glas Weißwein bitten?«
»Gern doch. Philippa?«
»Ja?«
»Der gute Ton verbietet es doch anscheinend, hier Zaubersprüche zu wirken. Wäre es dann nicht ungefährlicher gewesen, statt einer Illusion von Kaviar nur die Illusion des Geschmacks selbst zu erzeugen? Nur den Sinneseindruck? Du hättest doch sicherlich ...«
»Freilich hätte ich das gekonnt.« Philippa Eilhart schaute ihn durch das Kristall des Weinglases hindurch an. »So ein Spruch ist einfacher konstruiert als ein Dreschflegel. Aber wenn wir nur den Geschmackseindruck hätten, würden wir die Annehmlichkeit einbüßen, die sich aus der Tätigkeit ergibt. Der Vorgang, die ihn begleitenden rituellen Bewegungen, Gesten ... Das diesen Prozess begleitende Gespräch, der Blickkontakt ... Ich werde dich mit einem witzigen Vergleich erfreuen, soll ich?«
»Ich höre und freue mich schon im Voraus.«
»Den Eindruck eines Orgasmus könnte ich auch herbeizaubern.«
Ehe der Hexer die Sprache wiedergefunden hatte, trat eine verhältnismäßig kleine, schmächtige Zauberin mit langen glatten, strohfarbenen Haaren zu ihnen. Er erkannte sie auf Anhieb – es war die mit den Pantöffelchen aus dem Leder der Hornagame und der Bluse aus grünem Tüll, der nicht einmal solch ein Detail wie ein kleines Muttermal unter der linken Brust verbarg.
»Entschuldigt«, sagte sie, »aber ich muss euren kleinen Flirt unterbrechen. Philippa, Radcliffe und Detmold bitten dich um ein kurzes Gespräch. Dringend.«
»Na ja, wenn das so ist, gehe ich. Tschüs, Geralt. Wir flirten später!«
»Aha!« Die Blondine blickte ihn taxierend an. »Geralt. Der Hexer, an dem Yennefer einen Narren gefressen hat? Ich habe dich beobachtet und mir den Kopf zerbrochen, wer du sein könntest. Dabei habe ich mich fürchterlich gequält!«
»Ich kenne diese Art Qual«, erwiderte er mit einem höflichen Lächeln. »Ich leide momentan gerade daran.«
»Entschuldige die Dummheit. Ich bin Keira Metz. Oh, Kaviar!«
»Vorsicht, das ist eine Illusion.«
»Zum Teufel, du hast recht!« Die Zauberin ließ den Löffel los, als sei es der Schwanz eines schwarzen Skorpions. »Wer war derart dreist ... Du? Du kannst eine Illusion vierten Grades erzeugen? Du?«
»Ich«, log er, immer noch lächelnd. »Ich bin ein Meister der Magie; den Hexer täusche ich vor, um mein Inkognito zu wahren. Glaubst du, Yennefer würde sich für einen gewöhnlichen Hexer interessieren?«
Keira Metz schaute ihm direkt in die Augen, verzog den Mund. Am Halse trug sie ein Medaillon in der Form eines Ankh-Kreuzes, silbern mit darin eingesetzten Zirkonen.
»Etwas Wein?«, schlug er vor, um das peinliche Schweigen zu brechen. Er fürchtete, sein Scherz sei nicht gut angekommen.
»Nein, danke – Kollege Meister«, sagte Keira eisig. »Ich trinke nicht. Ich kann nicht. Ich habe vor, heute Nacht schwanger zu werden.«
»Von wem?«, erkundigte sich die hinzutretende rotgefärbte Freundin von Sabrina Glevissig, die die durchsichtige Bluse aus weißem Georgette trug, verziert mit sinnreich verteilten Applikationen. »Von wem?«, wiederholte sie und klimperte unschuldig mit den langen Wimpern.
Keira wandte sich um und musterte sie, von den Schuhen aus dem Leder des weißen Leguans bis zu dem kleinen Perlendiadem. »Und was geht dich das an?«
»Nichts. Berufliche Neugier. Willst du mich nicht deinem Begleiter vorstellen, dem berühmten Geralt von Riva?«
»Ungern. Aber ich weiß, dass du dich nicht abwimmeln lässt. Geralt, das ist Marti Sodergren, Heilerin. Ihre Spezialität sind Aphrodisiaka.«
»Müssen wir vom Geschäft reden? Oh, ihr habt mir etwas Kaviar übriggelassen? Wie freundlich.«
»Achtung«, sagten Keira und der Hexer wie aus
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