Die Zeit der Verachtung
Vagabund. Ich werde antworten ... als ein gedungener Schlagedrein zum anderen, der ihm ähnlich ist.«
»Mag sein.«
»Also hör zu, Kamerad Schlagedrein. Es bahnt sich eine ordentliche Keilerei an. Ein Hauen und Stechen auf Leben und Tod, Pardon wird nicht gegeben. Die einen werden siegen, die anderen werden die Krähen fressen. Ich sag dir, Kumpel, schließ dich also denen an, die die besseren Chancen haben. Uns. Die anderen gib auf und spuck auf sie, denn sie haben überhaupt keine Chancen; wie kommst du denn dazu, zusammen mit denen unterzugehen? Nein, nein, Kumpel, mach keine krumme Miene, ich weiß ja, was du sagen willst. Du willst sagen, dass du neutral bist. Dass dir die einen wie die anderen am Arsch vorbeigehen, dass du einfach in den Bergen, in Kaer Morhen, warten wirst, bis die Keilerei vorbei ist. Das ist ein schlechter Einfall, Kumpel. Bei uns wird alles sein, was du liebst. Wenn du dich uns nicht anschließt, verlierst du das alles. Und dann verschlingen dich Leere, Sinnlosigkeit und Hass. Die Zeit der Verachtung, die heraufzieht, wird dich vernichten. Sei also vernünftig und stell dich auf die richtige Seite, wenn es heißt, deine Wahl zu treffen. Und treffen musst du sie. Das kannst du mir glauben.«
Der Hexer lächelte böse. »Unheimlich, in welchem Maße sich alle über meine Neutralität aufregen. In welchem Maße sie mich zum Gegenstand von Pakten und Vereinbarungen macht, von Angeboten zur Zusammenarbeit, von Belehrungen über die Notwendigkeit, eine Wahl zu treffen und mich auf die richtige Seite zu stellen. Beenden wir dieses Gespräch, Vilgefortz. Du vergeudest deine Zeit. Bei diesem Spiel bin ich für dich kein gleichrangiger Partner. Ich sehe keine Möglichkeit, wie wir uns beide auf einem Bild in der Galerie des Ruhmes wiederfinden könnten. Vor allem nicht auf einem Schlachtengemälde.«
Der Zauberer schwieg.
»Stell auf deinem Schachbrett Könige, Damen, Läufer und Türme auf«, fuhr Geralt fort, »kümmere dich nicht um mich, denn ich bedeute auf diesem Schachbrett nicht mehr als der Staub, der es bedeckt. Das ist nicht mein Spiel. Du behauptest, ich müsse meine Wahl treffen? Ich teile dir mit, dass du dich irrst. Ich werde nicht wählen. Ich werde mich den Ereignissen anpassen. Werde mich dem anpassen, was andere wählen. Das habe ich immer getan.«
»Du bist ein Fatalist.«
»Ja. Obwohl das noch so ein Wort ist, das ich nicht kennen sollte. Ich wiederhole, das ist nicht mein Spiel.«
»Wirklich nicht?« Vilgefortz beugte sich über den Tisch. »In diesem Spiel, Hexer, steht auf dem Schachbrett schon der schwarze Springer, der mit dir auf Gedeih und Verderb durch die Bande der Vorsehung verbunden ist. Du weißt, von wem ich spreche, nicht wahr? Du willst sie doch nicht verlieren? Wisse, dass es nur eine Möglichkeit gibt, sie nicht zu verlieren.«
»Was willst du von diesem Kind?«
»Es gibt für dich nur eine Möglichkeit, das zu erfahren.«
»Ich warne dich. Ich werde nicht erlauben, dass man ihr ein Leid antut ...«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, das zu verhindern. Diese Möglichkeit habe ich dir vorgeschlagen, Geralt von Riva. Überleg dir mein Angebot. Du hast dazu die ganze Nacht. Überlege und blicke dabei zum Himmel. Zu den Sternen. Und verwechsle sie nicht mit denen, die sich an der Oberfläche des Teiches spiegeln. Die Sanduhr ist abgelaufen.«
»Ich habe Angst um Ciri, Yen.«
»Das brauchst du nicht.«
»Aber ...«
»Vertrau mir.« Sie umarmte ihn. »Vertrau mir bitte. Kümmere dich nicht um Vilgefortz. Das ist ein Spieler. Er wollte dich hintergehen, dich provozieren. Und teilweise ist es ihm gelungen. Doch das hat keine Bedeutung. Ciri steht unter meinem Schutz, und in Aretusa wird sie in Sicherheit sein, sie wird hier ihre Fähigkeiten entwickeln können, und niemand kann sie daran hindern. Niemand. Dass aus ihr eine Hexerin geworden ist, musst du aber vergessen. Sie hat andere Talente. Und sie ist zu anderem vorherbestimmt. Du kannst mir glauben.«
»Ich glaube dir.«
»Das ist ein erheblicher Fortschritt. Und um Vilgefortz kümmere dich nicht. Der morgige Tag wird viele Dinge klären und viele Probleme lösen.«
Der morgige Tag, dachte er. Sie verbirgt etwas vor mir. Und ich habe Angst zu fragen. Codringher hatte recht. Ich bin in eine widerwärtige Intrige verstrickt. Doch jetzt habe ich keinen Ausweg. Ich muss abwarten, was dieser morgige Tag bringt, der angeblich alles klären soll. Ich muss ihr vertrauen. Ich weiß, dass
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