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Die Zeit des Boesen

Die Zeit des Boesen

Titel: Die Zeit des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Volk zu vermitteln. Beide königliche Statthalter hatten sich auf den harten Kurs ihres Herrn eingeschworen, und über kurz oder lang mußten die Stände darauf reagieren .
    Matthäus Wenzel hoffte, daß er Prag wieder den Rücken gekehrt haben würde, wenn der sich abzeichnende Konflikt ausbrach. Trotz einer fünfköpfigen Gefolgschaft konnte er sich ausmalen, was ein wütender Mob anzurichten vermochte, und irgendwo erschreckte ihn das menschenverachtende Kalkül (oder war es einfach nur Unverstand?), mit dem einige Statthalter des Königs buchstäblich auf die Katastrophe zuarbeiteten.
    Er drehte sich um. Es hatte an die Tür seiner Unterkunft gepocht.
    »Tretet ein!« rief er, in Erwartung des Grafen Martinic.
    Matthäus Wenzel war nicht wirklich überrascht, als statt dessen sein Ziehsohn Justus eintrat. Der siebzehnjährige, schlanke Knabe begleitete ihn überall hin, seit Wenzel die Pflegschaft übernommen hatte.
    Justus' Augen schimmerten so überquellend, als wollten jeden Moment Tränen daraus hervorschießen, und es hätte den Reisenden im Auftrag der Heiligen Inquisition nicht weiter verwundert, wenn dies tatsächlich geschehen wäre. Der Junge war bekanntermaßen extrem zart besaitet - wiewohl er inzwischen genügend gesehen und erlebt haben sollte, um etwas abgestumpfter auf das die Welt prägende Leid reagieren zu können. Manchmal fragte sich Wenzel, wie Justus es anstellte, sich diese Unschuld des Herzens zu bewahren. Und manchmal beneidete er ihn gar darum, insgeheim, versteht sich.
    »Was hast du?«
    Mehr brauchte Wenzel nicht zu fragen, denn schon brach das, was Justus bedrückte, aus ihm hervor. Mit heiserer und schwankender Stimme sagte er: »Ich sah mich ein wenig in den Burghöfen um, Ihr hattet es mir erlaubt .« Er blickte scheu, wie um sich zu versichern, und Wenzel nickte geduldig.
    »Auf einem war man gerade zugange, eine Frau zu verbrennen -ihren Leichnam. Sie muß erst kürzlich geköpft worden sein. Angeblich soll sie eine Hexe gewesen sein .«
    »Angeblich?«
    »Sie war so ... unschuldig schön - selbst im Tode noch!«
    »Du läßt dich also immer noch von solcher Oberflächlichkeit narren.« Matthäus Wenzel machte kein Hehl aus seiner Enttäuschung.
    »Nein, nein!« widersprach Justus etwas zu heftig, um es glaubhaft scheinen zu lassen. Mit gespreizten Fingern fuhr er sich leidenschaftlich über das glatte Gesicht, auf dem noch immer nicht das geringste Anzeichen eines Bartwuchses zu entdecken war.
    Er hat die Haut eines Mädchens, dachte Wenzel bei solchen Gelegenheiten üblicherweise, und dann staunte er meist über die Engelsgeduld, die er dem Sohn seines verstorbenen Freundes entgegenbrachte - er, der sonst so harte, unbestechliche Richter .
    »Nein!« wiederholte Justus. »Ihr habt mir selbst erzählt, wie oft es vorkommt, daß Unschuldige von ihren Mitmenschen denunziert werden! Ich bin sicher, bei ihr handelte es sich -«
    Er verstummte, weil es von draußen gegen die Tür klopfte.
    Matthäus Wenzel begnügte sich diesmal nicht mit einem Zuruf. Er ließ Justus stehen und ging, um aufzumachen.
    Seine Ahnung trog ihn nicht: Diesmal stand draußen auf dem dämmrigen Korridor ein stattlicher Mann in kostbarer Robe, bei dem es sich nur um Jaroslav Martinic handeln konnte - zumindest gelangte Wenzel sofort zu dieser Einschätzung, obwohl er dem Grafen noch nie begegnet war.
    Begrüßung und Vorstellung des Besuchers verliefen fast unhöflich knapp.
    »Ich weiß, Ihr seid gewiß müde von der beschwerlichen Reise«, beendete Martinic die wenigen Floskeln, wobei er auf dem Flur stehenblieb und über Wenzels Schulter hinweg auf Justus schaute, der sofort den Blick zu Boden richtete und die hageren Schultern sinken ließ. Einen Augenblick lang erinnerte diese Pose an eine Schildkröte, die sich vollständig in ihren Panzer zurückzog, weil sie dem Irrglauben anhing, sich dadurch unsichtbar für die Außenwelt machen zu können.
    »Aber mir läge viel daran«, fuhr Martinic in bemüht unverfänglichem Ton fort, »wenn Ihr sie Euch heute wenigstens noch ansehen und mir Eure erste Meinung über sie sagen könntet ...«, sein Blick fand zu Wenzel zurück, »... Inquisitor!«
    Matthäus Wenzel nickte. »Dann gehen wir gleich.« Er gab Justus einen Wink.
    Martinic verzog das feiste, nicht sehr vertrauenerweckende und von morbider Dekadenz gezeichnete Gesicht. »Ich hielte es nicht für ratsam, einen Jüngling dabeizuhaben, der .«
    Wenzel schüttelte den Kopf.
    »Ich bin alt«, erklärte er

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