Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition)
Prinzen, der mich aus meinem Turm holte, und keinen, der sich an vollbusigen Frauen in Strapsen und Rüschenzeugs ergötzte. Als ich mich weigerte, hatte er mir eine geknallt. Und hinterher gesagt: »Kleine, besser du lernst es von mir als von einem, der dich nicht liebt. Und ich lieb dich, echt.«
Trixi nahm ein Höschen aus der Schublade und sagte: »Zieh das an! Mach schon. Er wird gleich da sein, und dann müssen wir fertig sein. Sonst flippt er aus. Und nimm gleich was mit für deine kleine Freundin.«
»Du spinnst ja! Ich zieh das nicht an, niemals!«
Der Satz schwebte sekundenlang zwischen uns, keine rührte sich. Totenstille. Ich starrte auf den Fetzen, den sie mir hinhielt. »Los jetzt! Was glaubst du eigentlich, wozu ihr hier seid?« Sie musterte mich abschätzig von oben bis unten. Ich war nackt, aber ich fühlte mich unter ihrem kalten Blick nur noch nackter. Taxiert, hilflos. Wie eine Lawine erfasste mich die Gewissheit, was das für eine WG war. Ich weiß nicht mehr, ob Trixi noch hinterhergeschoben hat, dass wir zum »Anschaffen« da seien, oder ob ich das selbst realisiert habe. Mein Herz raste, ich zitterte am ganzen Körper. Lea. Ich musste Lea wecken, diese Kuh irgendwie ablenken, und dann raus hier. »O. k., ich zieh mich an. Und ich hab Durst. Kannst du mir was zu trinken bringen?«
Trixi verschwand augenrollend in der Küche, während ich eilig in irgendeinen kurzen Rock schlüpfte und ein Oberteil überstreifte. Schwarz mit Glitzerzeug vorne drauf. Als Nächstes versuchte ich, Lea zu wecken. Ich packte sie an den Schultern, rüttelte sie, aber jedes Mal, wenn ich dachte, sie wäre endlich da, rollte sie nur mit den Augen und sackte wieder weg.
Los jetzt, wir müssen hier raus!
Nur mit Mühe bekam ich sie auf die Füße, drückte ihr die Klamotten in die Hand und zischte immer wieder: »Beeil dich!!« Sie glotzte mich mit großen Augen an, reagierte aber wenigstens.
Lea war fast angezogen, als Trixi aus der Küche zurückkam. In der Hand ein Glas Limonade. Sie knallte das Glas auf den Couchtisch und sah mich wütend an. »Was soll der Scheiß?«
»Geh uns aus dem Weg!«, fuhr ich sie an. Ich hatte Lea an der Hand gepackt und drängte mich an Trixi vorbei auf den Flur.
»Das dürft ihr nicht!« Sie war völlig panisch.
Lea fing an zu heulen. »Mandy, was ist denn jetzt? Ich will gehen. Ich will nach Hause. Können wir gehen? Bitte!«
Der Lärm hatte die anderen Mädchen aufgeschreckt. Jasmin trat auf den Flur. Sie musste eine harte Nacht gehabt haben, dunkle Augenringe, verschmierter Kajal. Mit ausdrucksloser Stimme sagte sie zu Trixi: »Lass sie doch gehen! Wenigstens zwei, die aus der Scheiße hier rauskommen.«
Trixi starrte sie wütend an. »Du tust dich leicht. Du hast das ja schon hinter dir, du musst das ja nicht mehr ausbaden! Wenn die weg sind, schlägt er mich tot, nicht dich. Du bist ja was Besseres inzwischen!« Heute weiß ich, dass Trixi in diesem Moment tatsächlich Todesangst hatte. Sie war dafür verantwortlich, dass die »Neuen« keine Dummheiten machten.
Jasmin ging an uns vorbei und ließ sich auf das Sofa fallen. Trixi machte einen Schritt, um ihr hinterherzugehen, dann erstarrte sie plötzlich. Aus der Küche hörte man Geschirr klappern. »Still, seid doch mal still!« Ihre Stimme überschlug sich fast. Unten im Haus fiel eine Tür ins Schloss, Schritte hallten durchs Treppenhaus.
»Er kommt!« Trixi stürzte an uns vorbei, warf sich regelrecht auf das Sofa und tat so, als sei nichts geschehen.
Die Panik, die ich in ihren Augen sah, übertrug sich in Sekundenschnelle auf mich.
Ein Schlüssel wurde ins Schloss geschoben, es knackte, dann ging die Tür auf.
Jetzt oder nie. Ich zog Lea nach vorne und wollte mich an Kugler vorbeiquetschen. Aber er riss seinen Arm so schnell nach oben, um uns den Weg zu versperren, dass ich dagegenprallte.
»Wohin?« Kugler lächelte uns kalt an.
»Wir wollen jetzt gehen.« Ich zerquetsche vor Aufregung fast Leas Hand.
»Dann geht!« Er trat einen Schritt zur Seite und machte eine einladende Geste. Nur den Arm nahm er nicht herunter. »Ihr müsst ja wissen, was ihr tut, ich will euch nicht aufhalten.« Wie eine Bulldogge stand er in der Tür.
Ich berührte seinen Arm, zögernd, darum bittend, dass er ihn herunternahm. Ganz langsam ließ er den Türstock los. Er fixierte mich mit seinen Augen, registrierte jede Regung von mir. Ich hielt den Blick nicht länger aus, sah zu Boden und sagte leise: »Danke.« Dann machte ich
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