Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition)
einen Schritt nach vorne.
Ich weiß nicht mehr genau, was dann als Erstes passierte. Ob ich Leas Schrei hörte oder zuerst seine Hand in meinem Genick spürte. Alles ging rasend schnell. Wir waren fast schon im Treppenhaus, an ihm vorbei durch die Tür, als mich ein eiserner Griff zurückriss.
»Du Nichts. Du mieses Stück, so leicht kommst du mir nicht davon. Mir nicht. Dir werd ich zeigen, was passiert, wenn man sich mir in den Weg stellt.« Mein Herz raste. Keines der anderen Mädchen war mehr zu sehen.
Mit dem Fuß trat er die Tür zu. Der Teufel zeigte seine Fratze. Der Mann, dem wir uns noch tags zuvor anvertraut hatten, der so verständnisvoll auf unsere Probleme reagiert und einen auf heile Familie gemacht hatte, schmiss mich wie ein dreckiges Handtuch einfach in den Flur. Mit dem Ellenbogen knallte ich gegen die Wand. Noch ehe ich mich aufrappeln konnte, war er wieder über mir.
»So läuft das hier nicht!«, brüllte er immer wieder. »So nicht!«
»Autsch. Du tust mir weh, bitte, es tut weh.« Völlig bescheuert sagte ich immer wieder: »Lass uns reden, bitte, wir wollten ja gar nicht … lass uns einfach reden.« Ich wollte nur, dass er uns zuhörte. So nett war, wie gestern noch. So verständnisvoll. »Es tut mir leid. Es ist nur …«
Er packte mich, riss mich nach oben und bog meinen Kopf nach hinten. »Was tut dir leid?«
Sein zentnerschwerer Körper presste mich gegen die Wand. Ich versuchte, ihn wegzuschieben. Er griff meine Hand und knallte sie gegen den Türstock. Es tat scheißweh, ich kämpfte mit den Tränen. Seine Knie drückten meine Beine auseinander, ich verlor das Gleichgewicht und rutschte nach unten. Kugler fing mich auf, mein Kopf sackte gegen seine Brust. Der Geruch, der von ihm ausging, sollte mich viele Jahre verfolgen. Schwitzig, warm und eklig. Er atmete schwer und schnell.
Immer wieder flehte ich, dass er aufhören, mich loslassen solle, ich winselte regelrecht, aber er drückte nur noch fester zu. Dieses Schwein, ich wollte, dass er mich losließ. Mit der letzten Kraft, die ich noch hatte, biss ich ihn in die Hand. Er jaulte kurz auf, lockerte seinen Griff und packte dann nur umso fester zu. Mit dem Kopf schlug ich gegen den Türrahmen. Meine Beine gaben nach, sein Schnaufen wurde leiser, wie in Zeitlupe rutschte ich auf den Boden. Das Letzte, was ich sah, war Lea, die auf allen vieren ins Wohnzimmer kroch. Dann war ich einen Moment lang weg.
Als ich wieder zu mir kam, sah ich Kugler auf Jasmin einreden. Mein Schädel flog fast weg, mir war kotzübel. Das Nächste, an das ich mich erinnere, ist, dass Jasmin mich zum Aufstehen bewegen wollte.
»Steh auf, Mandy, los, du machst ihn nur noch wütender! Bitte, steh auf jetzt.« Sie griff mit beiden Armen unter meine Achseln und zog mich hoch. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Ich hatte Nasenbluten, nahm alles nur verschwommen wahr. »Tu, was er sagt, hörst du, sonst bist du dran«, flüsterte sie. Sie strich mir über den Kopf, wischte mir den Schnodder aus dem Gesicht und versuchte mich zu trösten. Wie ein kleines Kind. »Schschscht, es ist bald vorbei. Wenn du mitmachst, ist es bald vorbei.«
Mit zitternden Beinen stand ich im Flur, keinen halben Meter von mir entfernt war die Haustür. Selbst wenn ich gewollt hätte, ich wäre nicht in der Lage gewesem, auch nur die Hand nach der Türklinke auszustrecken. Ich war nur noch Angst. Jasmin versuchte, mich zu stützen, so gut es ging. Kugler beobachtete uns, mit seinem massigen Körper lehnte er in der Tür zum Wohnzimmer. Gelangweilt, ohne jede Regung. Doch dann ging ein Ruck durch ihn, er hatte eine Entscheidung getroffen. Kugler kam auf uns zu, stieß Jasmin zur Seite und schlug mir ins Gesicht. Es brannte höllisch, die Wärme breitete sich wellenförmig über die Haut aus.
An diesem Tag vergewaltigte er mich das erste Mal.
Ich schrie, ich wimmerte, ich flehte ihn an, aber er hörte nicht auf. Als würde er mich gar nicht hören, als sei ich lästiges Ungeziefer, das man zertreten muss. Bis ich keinen Mucks mehr von mir gab. Seine Hand umschloss meinen Hals und drückte mir die Luft ab. Je mehr ich mich wand, umso fester wurde sein Griff. Mit der anderen Hand riss er mir das Oberteil herunter. Ich versuchte aus Leibeskräften, es festzuhalten, ich schrie und schlug um mich. Meine Fingernägel bohrten sich in seinen Arm, es schien ihn gar nicht zu stören.
Immer wieder schlug er auf mich ein. Blut sickerte mir in den Mund. Ich muss kotzen. Als ich anfing
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