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Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition)

Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition)

Titel: Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mandy Kopp
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ein Rausch, und wir zwei waren die Helden!
    Für die Nacht kamen wir in irgendeiner WG unter, am nächsten Tag zogen wir wieder durch die Stadt. Schule war schon länger kein Thema mehr, die Fehlstunden überwogen inzwischen. Hat die Schulleitung damals Alarm geschlagen? Ich weiß es nicht. Haben die Eltern Alarm geschlagen? Auch das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich an einem Wochenende nach Hause ging, weil ich frische Klamotten brauchte und mal wieder in meinem eigenen Bett schlafen wollte. Ich setzte darauf, dass meine Mutter und Jakob in Rathendorf sein würden und dass mich niemand erwischen würde. Insgeheim hatte ich vielleicht etwas anderes erwartet. Vorwürfe zwar, aber doch auch Sorge und Freude darüber, dass ich wieder da war.
    Ich betrat unsere Wohnung, die Luft schien rein, knipste das Licht im Flur an und ging zu meinem Zimmer. Ich rüttelte an der Klinke, das Scheißding klemmte. Mit der Schulter rammte ich gegen das Türblatt. Das durfte doch nicht wahr sein! Die Tür war abgesperrt. Fassungslos lief ich durch die gesamte Wohnung. Jede verdammte Tür war abgesperrt. Da siehst du mal, was sie von dir halten. Eine Diebin, sie haben Angst, dass du den blöden Fernseher hier rausträgst und versetzt. Sie sperren dich aus, ein Wunder, dass sie das Schloss noch nicht ausgewechselt haben. Aber was bitte hast du denn erwartet, so wie du dich aufgeführt hast?
    Tja. Was hatte ich eigentlich erwartet?
    Ich ging zur Garderobe, pflückte sämtliche Jacken von den Haken, legte sie im Flur auf den Boden und rollte mich darauf ein. Die Tränen liefen mir über die Wangen. Ich habe mich selten so allein gefühlt wie in dieser Nacht. Niemand kam, kein Klacken des Schlüssels im Schloss, selbst der Fernseher des Nachbarn blieb stumm.
    Am nächsten Morgen tat mir alles weh. Ich stand auf, hängte die Jacken zurück und ging zur Tür. Das war’s dann wohl. Hier wartet keiner mehr auf mich.
    Ein Scheißgefühl.
    Ich hatte Lea versprochen, etwas zu essen und frische Klamotten mitzubringen. Hat nicht so geklappt. Unverrichteter Dinge machte ich mich auf den Weg zu einer Imbissbude, an der wir uns verabredet hatten. Dort und in der angrenzenden Grünanlage lungerten immer ein paar Leute herum, die wir über die Clique kennengelernt hatten und bei denen wir hin und wieder etwas Bier und Zigaretten schnorrten. Als ich ankam, standen Achim und ein paar andere Männer um einen der Stehtische herum. Ich fragte, ob ich mich zu ihnen stellen und auf Lea warten dürfe, bekam ein Bier in die Hand gedrückt und durfte bleiben.
    Als Lea kam, wurde sie mit anzüglichen Bemerkungen begrüßt. »Hey, Kleine, wie wär’s denn mit uns? Lust auf ’ne Nummer?« Die anderen grölten. Lea reckte das Kinn vor und tat so, als hätte sie die Bemerkung überhört. Sie ließ sich eine Zigarette geben, stellte sich neben mich und blickte keck in die Runde. »Ho! Die hat’s drauf, wenn ihr mich fragt! Aus der kann noch was werden.« Wieder Gegröle. Ich blickte unsicher in die Runde. »Also, jetzt mal im Ernst, Mädels. Wollt ihr nicht ein bisschen Geld verdienen? Das geht ganz leicht, ist gar nicht schlimm, da müsst ihr nur die Beine …« Lea zog hastig an ihrer Zigarette. Nein, wollten wir nicht, auch wenn wir gar nicht so genau wussten, worüber die Typen redeten. Wir kicherten, machten irgendwelche blöden Witze und versuchten, unsere Unsicherheit zu überspielen.
    Wie froh waren wir, als plötzlich Leas Ex und ein Typ auftauchten, den alle wegen seiner Körperfülle nur Schwarte nannten. Er war jemand, der sich Respekt verschaffen konnte, hatte ein Auftreten, das die anderen verstummen ließ. Markus hingegen war für uns eher wie ein großer Bruder. Ein Kumpel. Ihm erzählten wir freimütig, dass wir schon seit Tagen von zu Hause abgehauen waren und nicht recht wussten, wohin. Markus sah uns mit großen Augen an. Sehr verständnisvoll. »Mädels, ihr seid zu jung für die Straße. Und das hier ist auch nicht der richtige Umgang …« Strafende Blicke in die Runde, die runtergingen wie Öl. Die alten Säcke mit ihren fettigen Bemerkungen, da glotzen sie jetzt aber doof. Er war eben einer, auf den man sich verlassen konnte. Er wusste, dass wir nicht so … so welche waren …
    Schwarte, der interessiert zugehört hatte, meinte: »Da hat er mal wieder recht, unser Klugscheißer. Also … wenn ihr wollt … ich kenn da jemanden, der kann euch helfen. Der hat ein Auge auf solche Mädels wie euch. Der weiß genau, wie scheiße es

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