Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
umgehend nach Rom in die Villa Sacchetti kommen, um ein bedeutendes Schriftstück zu begutachten. Darüber hatte er absolutes Stillschweigen zu bewahren. Eigenhändig aufgesetzt und unterschrieben von Seiner Eminenz Kardinal Armbruster.
    Einmal Klingeln genügte, und die Tür öffnete sich mit einem metallischen Klacken. Ich ging hinein, die Tasche unterm Arm, die Reservebrille des Professors auf der Nase, die mir zweifelsohne einen akademischen Touch verlieh.
    »Buenas dias«, sagte ich dem Pförtner, der mich grimmig begutachtete.
    »Sì?«, fragte er hinter einer Scheibe mit einer Durchreiche am Fuß wie bei einem Kassenschalter in der Bank.
    Ich schob meinen Ausweis, gottlob ohne Bild, hinein, hielt ihn aber fest. Ich gab dem Pförtner nur kurz Gelegenheit, das Wappen der ehrwürdigen Universität von Madrid und meinen Professorentitel zu begutachten. Dann zog ich ihn zurück, steckte ihn in die Tasche und ging einfach weiter, als ginge ich in diesem Hause ein und aus.
    Er protestierte, warf den Stuhl um und hastete aus seinem Kabuff heraus. Er stellte mich in der Halle, die mit riesigen Ölschinken offensichtlich verblichener Geistlicher reihum verziert war.
    »Halt!«, befahl er auf Italienisch.
    Ich antwortete auf Spanisch. »¿Porque? ¿Que pasa?«
    Er versuchte mir klar zu machen, dass ich nicht einfach so das Haus betreten könne, dazu müsste ich berechtigt sein. Ich machte auf überrascht, dann auf einsichtig und zeigte ihm das Fax.
    »Eminenz Armbruster«, sagte ich wichtigtuerisch.
    Er wies mich an zu warten, dann verschwand er in seinem kleinen Häuschen. Nach einem Telefonat kam er zurück und bedeutete mir, dass ich ihm folgen solle. Wir nahmen die vor uns liegende Treppe, die im Halbrund in die oberen Stockwerke führte, durchkreuzten mehrere Gänge, um schließlich zu einem der drei Türme zu gelangen, den man durch eine hohe Flügeltür betrat.
    Er öffnete sie und ließ mich eintreten. »Warten«, sagte er. Dann schloss er die Tür, und das Einrasten eines Riegels setzte mich fest.
    Vor mir erstreckte sich ein langer, massiver Tisch mit hohen Stühlen. Allerlei Unterlagen waren darauf verstreut, herrenlos, als seien sie nur kurz von ihren Besitzern für eine Kaffeepause verlassen worden. An den Seiten nahmen Bücherregale die Wände vollkommen ein. Sie reichten hoch bis an eine begehbare Galerie, auf der sich wiederum Bücher stapelten, bis eine schwere Holzdecke der Papiermauer Einhalt gebot. Dazwischen lugten kleine Dachfenster hervor, die ein wenig Licht auf diese verborgene Welt warfen.
    Ich hatte nicht viel Zeit, bevor der Pförtner in Begleitung eines Verantwortlichen oder Yasmina mit ihren Spaniern zurückkämen, und machte mich an die Arbeit. Irgendwo in diesem Raum musste der Papyrus sein. Ich konnte ihn regelrecht körperlich spüren. Mit dem Erdgeschoss hielt ich mich nicht lange auf. Es war schnell nach einem passenden und vor allem sicheren Versteck für einen massiven Zylinder aus Gold abgesucht. Zwischen Büchern und Folianten war nichts zu finden, auch kein möglicher Tresor dahinter. So hastete ich die enge Wendeltreppe hoch in die Galerie, über deren Rundlauf schmale Regalfluchten in die Tiefe verliefen. Ich blickte mich um, drehte mich im Kreise. Verdammt, das war ein Labyrinth. Welchen Zugang sollte ich wählen?
    Die Entscheidung fällte jemand anderes. Ich hörte den Riegel und den vorwurfsvollen Ton eines Mannes, der einen anderen beschimpfte. Ich saß in der Falle.
    »O Herr, rechne mir meine Sünden nicht an, wenn der Tag des Gerichts kommt!«, soll Papst Paul III. gesagt haben, als er das von Michelangelo geschaffene Wandfresko Das Jüngste Gericht erblickte. Er bekreuzigte sich und fing zu beten an, so ergriffen war er von dem Werk, das Michelangelo im Auftrag des Papstes in nur fünf Jahren gemalt hatte. Seine imposante Wirkung erhält es durch die besorgniserregende Darstellung eines zornigen Christus, der als Weltenrichter einem Titan gleich aus der Mitte des Freskos hervortritt, um am letzten aller Tage die Guten von den Bösen zu trennen.
    Michelangelo hatte die Auftragsarbeit für die Altarwand in der Sixtinischen Kapelle nach den schrecklichen Erfahrungen der Plünderung Roms, dem Sacco di Roma im Jahr 1527, gemalt, nachdem ein kaiserliches deutsches Heer unter französischer Führung in Rom einmarschiert war. Ziel des Einfalles war es, nach anhaltenden Differenzen zwischen Kaisern und aufmüpfigen Päpsten, die neben der Glaubensmacht auch die weltliche

Weitere Kostenlose Bücher