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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Dann stand er auf, schenkte der Frau, die dankbar vor einem schmalen Glas Caffè latte saß, einen letzten Blick und machte sich auf den Weg hinunter in die Stadt.
    Ich ließ das Fenster geöffnet. Das war die nahe liegendste und die verführerischste aller Möglichkeiten. Der Pförtner hatte den Köder geschluckt, nachdem er die Regalgänge durchgehastet war. Ein Blick in die Tiefe genügte, um zu dem Urteil zu kommen, dass ich über das Dach auf die Straße geflüchtet sein musste. Die Tasche des spanischen Professors hatte ich dafür geopfert, als ich sie zielgenau in die gut einsehbare Dachrinne hatte schlittern lassen. Was ich aber nicht bedachte, war, dass das Fenster nun verschlossen war. An einen realen Abstieg wollte ich keinen Gedanken verschwenden, würde ich mir doch jeden Knochen dabei brechen. So bekam ich seit über einer Stunde die Härte italienischer Firstziegel zu spüren, während ich die Verankerung eines Wetterhahns umklammerte.
    Einen Vorteil hatte die Sache allerdings doch. Ich hatte freie Sicht auf den Papyrus. Er lag ausgebreitet vor Yasmina und den drei Spaniern auf dem Tisch. An der Situation hatte sich scheinbar nichts geändert, da ich zwar sehen, aber nicht hören konnte, was dort unten passierte. Yasmina lief aufgeregt im Raum umher, stritt mit ihnen, während sie beständig versuchte, auf ihrem Handy jemand zu erreichen. Aber offensichtlich wollte dies der gewünschte Gesprächspartner nicht. Mehr Glück hatte ein Spanier. Ich schloss es daraus, dass Yasmina per Wahlwiederholung eine Nummer wählte, kurz mit jemandem sprach, dann das Handy an den Spanier weiterreichte, der ruhig etwas darlegte. Yasminas Reaktion war alles andere als freudig, als sie das Gespräch an sich riss, die Verbindung aber offensichtlich abgebrochen wurde. Sie schrie auf den Spanier ein, beschimpfte ihn.
    Als ihre Kräfte wie auch ihre Hoffnung schwanden, setzte sie sich auf einen Stuhl und verfolgte unbeteiligt die Arbeiten der Spanier. Ich war mir sicher, dass sie etwas plante. Ich musste nur lang genug hier oben ausharren, um herauszufinden, worum es sich handelte. Zudem hoffte ich auf eine weitere Pause der vier, die mir die Möglichkeit gab, mich aus meiner misslichen Lage zu befreien und den Papyrus an mich zu bringen. Ich musste nur ausharren.
    Verdammt, alles war leichter als das.
    *
    Obwohl immer noch durstig, fühlte sich Heinlein pudelwohl. Er flanierte in seinem Armani durch die Straßen des Centro Storico. Wenn er alle Plätze und Bars der Stadt, die nur halbwegs der geforderten Klasse Kilians entsprachen, aufsuchte, würde er früher oder später auf ihn stoßen. Sicher. Früher oder später. Aber jetzt war erst mal er an der Reihe. Nicht umsonst hatte er alle erdenklichen Mühen und Kosten auf sich genommen, um endlich mal das zu tun, wovon er immer nur träumte – mediterran sein.
    Kilian würde ganz schön staunen, wenn er auf ihn träfe. Ein gut geschnittener Anzug, feine Schuhe und eine genial abgefahrene Sonnenbrille von Cazal. Wie seine Claudia auf die knappe Nachricht Bin für ein paar Tage verreist. Ciao, Giorgio reagieren würde, war ihm wurscht. Sie war über tausend Kilometer entfernt in einer kleinen Stadt am Main. Er hingegen war im Zentrum der Welt. In Rom.
    Heinlein betrat die Piazza Navona am unteren der drei Brunnen, dem Fontana del Moro. Dieser, wie die anderen beiden, war von Touristenmassen umlagert, als seien sie die einzigen Wasserstellen weit und breit. Dazwischen harrte die römische Jugend auf den rechten Moment der Unachtsamkeit. Heinlein steuerte auf das Caffè di Colombia zu, das noch ein paar Sonnenstrahlen für seine Gäste bereitstellen konnte, bevor sie ganz hinter der Fassade von S. Agnese in Agone abgetaucht waren.
    »Una birra alla spina«, sagte Heinlein.
    »Big or small?«, antwortete der Ober. Heinlein gab’s auf. »Big, cold and fast.«
    »Sì, signore«, antwortete der Ober.
    Ein Violinspieler hatte soeben seine Version von La Cucaracha, die er mit Hilfe eines Lautsprechers den Gästen unerbittlich aufgedrängt hatte, beendet und forderte für sein ungebetenes Spiel eine milde Gabe.
    »Per la musica«, bat er.
    Heinlein subventionierte ihn mit einem Euro. »Si, naturalmente.«
    Kaum abkassiert, erschien ein Quetschenmann, ebenfalls mit einem Lautsprecher ausgerüstet, und gab L’Italiano zum Besten. Schon besser. Heinlein schloss die Augen, um gleich darauf von einem Rosenverkäufer auf die Dringlichkeit seiner Ware aufmerksam gemacht zu werden. Er ließ

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