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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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verkrüppelter Arm baumelte lose an seiner Seite, als hätte er ihn nicht unter Kontrolle. »Es gibt Neuigkeiten aus Würzburg«, sagte er und setzte sich.
    »Welche?«, fragte Jackson.
    »Der Papyrus ist verschwunden.«
    »Was?!«
    »Und Nikola?«
    »Tot.«
    »Aber er hatte ihn doch«, rätselte Makeluma.
    »Verdammt, ja«, antwortete Ninian. »Jemand ist uns zuvorgekommen.«
    *
    Einige hundert Meter entfernt.
    Kardinal Zacharias Armbruster hatte den Spiegel mit der schweren goldenen Umrandung von der Wand nehmen und neben dem Schreibtisch aufstellen lassen. So hatte sich die Perspektive seines Spiegelbildes von unten nach oben ins Gegenteil verkehrt. Der neue Anblick entsprach nun eher der Stellung seiner Person in der Kurie. Früher im Verborgenen, heute für alle sichtbar. Seine Stunde war gekommen und nichts und niemand würde ihn aufhalten können. Kein Benedetti und kein Mala Dingkor. Doch es gab noch einen Esperanza. Der konnte ihm gefährlich werden; vereinigte er doch gut die Hälfte der katholischen Weltbevölkerung, das waren rund 450 Millionen Menschen, hinter sich.
    Er stand regungslos vor dem fein geschliffenen Glas und betrachtete seine fehlerfreie Erscheinung, noch gänzlich im kardinalen Rot, aber schon bald im Weiß des neuen Pontifex maximus.
    Alles nur Äußerlichkeiten, hatte Papst Paul VI. dem Glanz widersprochen und seine Tiara den Armen gestiftet. Fortan gab es nur noch Käppchen und Birett. Ritter des Kirchenadels sollten sie sein, allerdings ohne den Prunk vergangener Zeiten. Gesittet und gebildet sollten sie sein und bereit, sich entschieden für den Glauben einzusetzen, wenn nötig, so mahnte es die rote Farbe, bis aufs Blut. Dies hatte er auch dem Papst bei seiner Ernennung versprechen müssen. Treue und Gehorsam obendrein.
    Man nannte die Kardinäle den exklusivsten Herrenclub der Welt. Zu ihren Aufgaben gehörte es, den Papst zu beraten in wichtigen Angelegenheiten der Kirche, ihn zu vertreten als seine Gesandten und im Todesfall einen neuen Papst zu wählen. Und wieder das Versprechen, so wie es das Zweite Vatikanische Konzil verlangte, den Märtyrertod anzustreben. Die Kirche brauchte wieder Idole, Männer, die für den Glauben unvorstellbare Schmerzen erlitten und im Namen Jesu in den Tod gingen. Das sei der wahre und einzige Glaube.
    Der Diener räusperte sich verlegen, er wusste, dass er störte.
    »Sind sie da?«, fragte Armbruster sein Spiegelbild.
    »Ja, Eminenz.«
    »Dann führ sie herein.«
    Der Diener zog sich zurück, und kurz darauf erschienen Benedetti und Mala Dingkor in der Tür.
    »Was gibt es so Wichtiges, dass du uns mitten in der Mittagsruhe hierher bestellst?«, wollte Benedetti wissen. Er war ungehalten über diese Einladung, die wenige Tage vor dem Konklave weder angemessen noch taktisch klug war.
    »Setzt euch«, antwortete Armbruster.
    »Immer noch in das eigene Ich verliebt?«, lästerte Mala Dingkor.
    »Ein bisschen Eigenliebe und Aufmerksamkeit könnten auch dir nicht schaden, mein Freund«, antwortete Armbruster gelassen. »Du solltest wissen, wie wichtig eine korrekte Erscheinung in den Medien ist. Die Menschen achten mehr auf ein äußeres Ideal als auf aufrechte Worte.«
    »Das werden wir noch sehen«, erwiderte Mala Dingkor und setzte sich an den runden Tisch, der schon einige Treffen dieser Art gesehen hatte. Das letzte kurz vor der Abreise des Papstes nach Athen. »Ich bin der Vater und der Erretter der Armen. Mein Auftreten ist authentisch, nicht wie das eure, ihr aufgeblasenen Gockel.«
    »Aber, aber, Mala. Ich gebe Zach in diesem Punkt recht. Ausnahmsweise. Ein sauberer Haarschnitt würde dir nach dem Trubel um die Abu Sayyaf gut zu Gesicht stehen, da du die Lage offensichtlich nicht mehr im Griff hast. Deine TV-Auftritte waren alles andere als überzeugend. Kein Wunder, dass deine Imagewerte am Boden sind. Nun, es soll mir recht sein.«
    »Dass du das einfach nicht kapierst. Das sind Moslems, keine Christen. Sie werden meine Position eher stärken als schwächen.
    Bereits jetzt ist ein Rückgang der Touristen und somit der Arbeitsplätze zu verzeichnen. Das Elend greift weiter um sich. Und wer ist der Schuldige? Die Moslems. Ich werde die Menschen aus dieser Misere herausholen, wenn ich erst mal Papst geworden bin.«
    »Mala, Mala«, sagte Armbruster kopfschüttelnd, »du wirst weder als Papst noch als Kardinal deinen Leuten etwas anderes bringen als Armut und Abhängigkeit. Auf nichts anderem fußt deine Herrschaft dort unten.«
    »Dann sind wir

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