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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Bischöfe waren über diese Anmaßung höchst erstaunt und bezeigten keine große Lust, den kecken Forderungen des Fremdlings zu entsprechen. Augustinus muss ziemlich ausfallend geworden sein, woraufhin die Culdeer von König Ethelbert die Abhaltung einer Synode verlangten. Diese fand im Kloster Bangor statt, wo sich einige walisische Abtbischöfe und culdeische Lehrer und Fratres mit Augustinus und seinen Benediktinern trafen. Die Abtbischöfe hatten zuvor einen ihrer greisen Väter aufgesucht und ihn befragt, wie sie sich verhalten sollten. Der Vater riet ihnen, sich dem Augustinus zu unterwerfen, sofern er ein Mann Gottes sei. Sie würden es daran erkennen, ob er demütig sei.
    Nun, als die schlicht gekleideten Culdeer die Synode aufsuchten, empfing sie Augustinus sitzend, ohne Grußwort, und beschimpfte sie in übelster Weise. Er forderte sie auf, sich bei der Osterberechnung zu fügen, seinen Taufritus zu übernehmen – das war eine Massentaufe ohne persönliche Bekehrung – und ihn als Erzbischof anzuerkennen. Dem Rat ihres greisen Vaters folgend, verneinten sie und zogen davon. Wenig später erhielten sie aber von anderer Seite ihre Strafe. Es brach Krieg in Wales aus. In der Nähe des Klosters von Bangor fand die entscheidende Schlacht statt. Auf einem Hügel beteten siebzehnhundert culdeische Fratres für den Beistand Gottes. Der heidnische Angriffsführer sprach: ›Wenn sie auch keine Waffen tragen, so kämpfen sie doch mit ihren Gebeten wider uns‹ und befahl, die Wehrlosen abzuschlachten. Zwölfhundert fielen, fünfhundert konnten entkommen. Augustinus konnte es sich nicht verkneifen, dies als eine Strafe des Himmels zu bezeichnen.«
    »Das müssen harte Zeiten gewesen sein«, fügte Benedetti hinzu. »Wenn man sich überlegt, dass diese Culdeer damals die geistige und intellektuelle Führungsschicht in Europa darstellten. Sie sprachen Latein, Griechisch und wohl auch Aramäisch fließend und waren vielen unserer Gelehrten überlegen. Ihre Kopisten waren einzigartig. Im Book of Kelts sieht man es ganz deutlich.«
    »Und wie kam es dann zu dieser Synode in Whitby?«, wollte Mala Dingkor wissen. Diese Culdeer interessierten ihn nun brennend.
    »Was Augustinus nicht schaffte, führte ein Angelsachse namens Wilfrid zum Erfolg. Pikanterweise muss man dazu wissen, dass dieser Wilfrid von den Culdeern in einem der beiden wichtigsten Klöster in Lindisfarne ausgebildet und somit ein iroschottischer Mönch geworden war. Was 596 in der Angelmission Gregor des Großen begonnen hatte, setzte sich 664 in der Synode von Whitby entscheidend fort. Der äußere Anlass war
    erneut der Streit um die Osterberechnung. War der Norden Englands, mit den beiden Zentren Lindisfarne und Iona, in irischer Hand, hatten Augustinus und seine Nachfolger den Süden mit Massentaufen zum Christentum bekehrt.
    Die Zeit war reif für die entscheidende Schlacht. Und jetzt kommt dieser Wilfrid ins Spiel. Er reiste, aus was für Gründen auch immer, nach Rom und nahm dort die römischen Regeln an. Nach seiner Rückkehr strebte er eine Synode an, in der er den Norden und die Culdeer für Rom gewinnen oder bei Weigerung aus dem Land werfen wollte. Hauptvertreter auf iroschottischer Seite waren Colman, Abt von Lindisfarne, Gedda, Abt von Lestingham, und Hulda, Äbtissin von Whitby. Rom wurde durch Wilfrid vertreten. Die Synode selbst leitete der damalige König Oswin.«
    Armbruster und Benedetti sahen sich schweigend an. Mala war gespannt. »Und? Was kam dabei heraus?«
    »Genau das ist das Problem«, antwortete Benedetti.
    »Wilfrids Aufzeichnungen reißen hier ab. Selbst der Chronist Beda Venerabilis, der es auch nur aus den Überlieferungen hat, schweigt sich dazu aus. Seine Beschreibung in der Kirchengeschichte Englands lassen den Disput zu einem enttäuschenden Ende kommen.«
    Armbruster fuhr fort. »Er beschreibt, dass die Synode mit einer Niederlage Colmans endete und die culdeische Kirche daraufhin Stück für Stück zerbrochen ist. Wir wissen das aus anderen Aufzeichnungen, die gut gehütet in unseren Archiven lagern. Gott bewahre die heilige, katholische Kirche davor, dass sie jemals ans Tageslicht gelangen. Leider läuft nicht immer alles nach Plan, so wie jetzt in Würzburg.«
    »Ich verstehe die Aufregung nicht«, sagte Mala.
    »Eine dieser Quellen berichtet, dass auf dieser Synode Herrenworte 5 aufgetaucht seien«, erklärte Benedetti.
    »Es tauchen immer wieder welche auf. Meistens sind es wirre Spekulationen oder dreiste

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