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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Gesichtshaut hüpften sie einträchtig nebeneinander auf dem Sitzpolster, bis ein besonders kräftiger Stoß sie auf den Boden beförderte, zwischen Bremshebel und Kisten mit Geräten zum Schutz der Ladung. Die Menge sah jetzt gelangweilt dem Abgang zu, nur hier und da noch ein wenig von einem Gummiknüppel aufgescheucht, worauf sie »We shall overcome« sang.
    Das schwarze Boot nahm inzwischen wieder Fahrt auf, nachdem Manny Littlejohn James den entsprechenden Befehl gegeben hatte. Es rauschte an der Hauptwasserreinigungsanlage vorbei und in das ruhige, von Sonnenflecken übersäte Wasser von Penheniot Pill hinein. Der Gesang wurde schwächer und verlor sich, bis man nur noch das leise Summen des Motors und das Gurgeln des Wassers hören konnte. Das Laub in den Eichen raschelte leise. Manny Littlejohn ließ sich auf dem Vorderdeck nieder, schloß die Augen und atmete die Luft tief ein. Das Leben war schön.
     
    Von Mortimers Armbandsender und dem Fernsehspion an der Mündung des Flusses rechtzeitig gewarnt, war Penheniot Village auf die Ankunft des Gründers gut vorbereitet. Als das Boot um die letzte Biegung kam, sah Manny Littlejohn ein paar Leute, die auf dem Dorfkai herumlungerten, zufällig in seine Richtung blickten, sich gegenseitig vor Überraschung auf die Schultern schlugen und dann zum nächstbesten Telefonapparat eilten. Innerhalb verblüffend kurzer Zeit, ehe Littlejohns Boot längsseits kam, hatten sich Dorfbewohner spontan versammelt und ergossen sich aufgeregt aus den Bauernhäusern, den Werkstätten und den getarnten Fabrikgebäuden. Und genau in diesem Moment, als das Boot festmachte, marschierten die Chrononauten aus ihrer Unterkunft, ohne auf das allgemeine Durcheinander zu achten, und begannen ihre Routineturnübung (sehr sehenswert) auf dem Dorfrasen. Selbstverständlich war dieser Platz vom Dorfkai aus sehr gut zu sehen. Das saftige grüne Gras, die gebräunten Gestalten der Athleten, der graue cornische Stein der Häuser, von der Sonne wie mit Goldstaub überzogen – ein entzückendes Bild. Manny Littlejohn war besonders dafür empfänglich, da er noch zu einer Generation gehörte, die bei dem doch so gewohnten Anblick von Brüsten, Bäuchen und Schamgürteln (die im Verlauf der Turnübungen heftig bewegt wurden) immer noch wollüstige Freude empfinden konnte. Er stand wie entrückt und genoß die Beine, die sich grätschten und spreizten, die tanzenden Brüste, die glänzenden Bäuche. (Am meisten freute er sich vielleicht über die Kraft seiner Erektion. Im Alter von 87 Jahren war das immerhin keine kleine Leistung.)
    David Silberstein schob sich durch die freudig erregte Menge.
    »Gründer! Willkommen – willkommen in Penheniot. Wenn wir nur gewußt hätten, daß Sie kommen, dann hätten wir …«
    Doch der Gründer hörte gar nicht zu.
    »Ich begrüße das Turnen im Freien«, sagte er. »Es wäre ein Jammer, wenn so – äh – gutgebaute junge Leute im Klassenzimmer einrosten würden. Ich werde ihnen das selbst sagen. Sagen Sie ihnen, daß ich froh bin, daß sie ihre Körper nicht vernachlässigen.«
    Er trat auf den Weg, der zum Kai führte, Krancz einen Schritt hinter ihm. Erst jetzt erinnerte er sich wieder an Mervyn, der immer noch wenig graziös im Heck des Bootes lag. Er drehte sich mit Würde um und wollte eine Erklärung dazu abgeben. Doch James war bereits wieder im Rückwärtsgang ins tiefere Wasser gefahren und steuerte jetzt in Richtung Polizeistrand, Manny Littlejohn war glücklich darüber. Diese Sicherheitsleute hatten ihren eigenen Stolz.
    Neben dem Dorfrasen blieb Littlejohn stehen, da er dieses hübsche Schauspiel nicht unterbrechen wollte. Es war heiß heute. Freunde drängten sich um ihn, Angestellte, seine Freunde … Sie waren in Festtagsstimmung, eiferten und buhlten um seine Aufmerksamkeit. Mrs. Kops in Plüschpantoffeln, ihr Stab mit Stricknadeln und Händen, die an Teetassen erinnerten. Daniel, anonym in seiner Nacktheit, wenn er nicht das Brett mit den Merkzetteln unter den Arm geklemmt hätte. Sir Edwin, der Ausbildungsleiter, trotz seiner Nacktheit unverkennbar in seiner Würde. Der Dorfarzt mit der Hornbrille. Sergeant Cole mit blauem Helm, an sein Fahrrad gelehnt, die Pfeife an der Signalschnur um den Hals. Joseph mit seinen mehlbestäubten Haaren … alle diese und Dutzende mehr näherten sich jetzt auf dem Umweg über David Silberstein, um Audienz zu erhalten. Auch Kinder waren gekommen, warfen einen respektvollen Blick auf ihn, bekamen vielleicht ein

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