Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Titel: Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
sah sie aus der Distanz, wie durch ein Buntglasfenster.
    Er war vierzehn Jahre alt und wurde von widerstreitenden Erfahrungen gebeutelt. Binnen weniger Tage hatte er seinen Vater verloren, aber auch einen
Kern echten christlichen Glaubens in sich gefunden. Im Verlauf seiner ersten Reise durch al-Andalus hatte sich seine Seele dem Licht und der Schönheit dieses Landes geöffnet. Doch nun stellte er sich einen Tag vor, an dem sich überall solide gebaute Kirchen und Kathedralen erheben und die Menschen, die auf diesen fruchtbaren Feldern arbeiteten, samt und sonders gute Christen sein würden. Er stellte sich diese Zukunft vor und hegte halbgare Träume, an ihrer Realisierung mitzuwirken.
    Und in der Welt, wie er sie jetzt sah, mit einem neuen, klaren Blick und ebenso klarem Kopf, fand er wenig Platz für eine junge Muslimin und ihr halb muslimisches Kind.
    Sie sah es in seinem Gesicht und wandte sich ab.
    Er holte die Schriftrolle aus seinem Gepäck. Sie war versengt und bröckelig. »Wir müssen entscheiden, was wir damit machen wollen.«
    Ibn Hafsun betrachtete die Schriftrolle interessiert. »Was ist das?«
    »Sie ist aus dem Feuer gerettet worden. Ich glaube, Sihtric hat sie einer Dienerin zugesteckt, die sie wiederum mir gegeben hat … Ich habe dir von seinen Visionen erzählt, von den Maschinen. Das sind die Originalzeichnungen, denke ich, die dem englischen Mönch gestohlen worden sind.«
    Ibn Hafsun berührte die ramponierte Schriftrolle. »Der Kodex! Und so gut wie vollständig. Wunderbar, wunderbar. Und er ist in dieses Stück Leder gehüllt – ist das eine Tätowierung?«

    Robert nahm das Leder und fingerte neugierig daran herum. Es war von einer Pfeilwunde beschädigt.
    »Aber sie sind nutzlos, diese Entwürfe«, sagte Moraima. »Mein Vater hat immer gesagt, man brauche dazu das Incendium Dei , das seine Alchimisten nicht entschlüsseln konnten.«
    »Nutzlos?« Ibn Hafsun lachte kalt. »Das würde ich nicht sagen. Wie viele Menschen hat dieser Kodex schon das Leben gekostet?«
    »Er ist nutzlos«, sagte Robert. »Und die Vision meiner Mutter erst recht.« Soweit er wusste, hatten Sihtric und Orm noch nicht einmal richtig über das »Testament« gesprochen, das Orm ursprünglich hierher geführt hatte. Es war alles eine Torheit gewesen – eine schreckliche Vergeudung von Leben.
    »Tja … wenn ihr beiden nicht zusammenbleiben wollt«, sagte Ibn Hafsun, »was macht ihr dann mit dem Kodex?«
    »Er ist eine christliche Reliquie«, sagte Robert. »Ich möchte nicht, dass er in muslimische Hände fällt. Vielleicht sollten wir ihn vernichten.«
    »Er hat meinem Vater gehört«, fuhr Moraima auf. »Ich werde nicht zulassen, dass er vernichtet wird.«
    »Das käme mir wirklich wie ein Verbrechen vor«, meinte Ibn Hafsun. »Dieser Kodex ist ein einzigartiges Artefakt … Darf ich einen Kompromiss vorschlagen? Überlasst ihn mir. Ich nehme ihn in sichere Verwahrung für euch – oder vielleicht für eure Kinder.«
    »In sichere Verwahrung?«, sagte Moraima. »Wo?«
    Ibn Hafsun überlegte, dann hatte er eine Eingebung. »Genau hier. Ich lege ihn in eine Schachtel und lasse sie unter unseren Füßen vergraben. Eines Tages wird sich an dieser Stelle eine große Moschee erheben. Dort wird er garantiert unangetastet bleiben. Und wenn ihr oder eure Nachkommen ihn jemals wiederhaben wollt – nun, dann wisst ihr ja, wo ihr danach suchen müsst.«
    »Bist du ein ehrlicher Mann, Ibn Hafsun?«, fragte Robert. »Du wirst ihn nicht an dich nehmen und versuchen, selbst Nutzen daraus zu schlagen?«
    »Ich doch nicht«, sagte Ibn Hafsun. »Mir fehlt die Fantasie für solche Dinge – und auch der Mut. Schließlich bin ich ein Gefangener zwischen zwei Welten; wen sollte ich angreifen, meine muslimischen Brüder oder meine christlichen Vettern? Du kannst mir vertrauen, Robert Egilsson. Ich hoffe, so viel weißt du inzwischen über mich.«
    Robert und Moraima sahen sich an. »Einverstanden«, sagte Robert.
    Sie nickte.
    »Und was euch beide betrifft«, meinte Ibn Hafsun traurig, »da besteht keine Hoffnung?«
    »Keine Hoffnung«, bestätigte Robert.
    »Was ist mit dem Kind?«, fragte Moraima kalt.
    Robert zuckte die Achseln. »Bring es zur Welt. Lass es von euren geschickten islamischen Ärzten aus dir herausholen. Ist mir egal. Die Verantwortung liegt bei dir, die Schande bei mir.« Und er wandte sich ab und ging davon.

    »Eine Schande, die dich verfolgen wird, Robert«, rief sie ihm nach. »Sie wird dich

Weitere Kostenlose Bücher