Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
die sein Gelehrtendasein finanzierte.
Es war ein Haus alten Stils, großzügig angelegt und reich dekoriert, ein Überbleibsel der maurischen Vergangenheit. Das Tor stand offen, und er ging durch einen kunstvollen Torbogen in einen kleinen, hübschen Innenhof, wo sich Ranken an schlanke Säulen klammeren und Topfpflanzen um einen Teich standen, in dem Fische schwammen und ein kleiner Brunnen sprudelte. Peter kam sich in seinem Wollkittel und mit seinem Bündel auf dem Rücken schäbig vor.
Eine Frau trat mit großen Schritten aus einem Eingang. Eine kleine Gruppe von Männern – vielleicht ein Dutzend, die meisten jünger als sie – folgte ihr. Sie waren nervös und aufgeregt und schwatzten in nahezu unverständlichem Arabisch miteinander. Mit seinem
hellblonden Haar und seinen blauen Augen kam Peter sich noch mehr fehl am Platz vor.
Als die Frau Peter sah, blieb sie abrupt stehen. »Wer bist du?«
Sie war größer als Peter und vielleicht vierzig Jahre alt, nach den Falten zu urteilen, die sich um ihren vollen Mund sammelten. Aber ihr Haar war so dunkel wie ihre Augen, sie hatte hohe Wangenknochen und eine kräftige Nase, und der Schwung ihrer üppigen Hüften hatte etwas beinahe Animalisches. Peter war zweiundzwanzig Jahre alt und noch unschuldig. Ihre elementare Kraft überwältigte ihn.
Er verneigte sich hastig, aber dabei purzelte ihm das Bündel über die Schulter und schlug ihm gegen den Kopf. Ein paar der jüngeren Männer kicherten. »Ich bin Peter«, sagte er nervös. »Ein Gelehrter aus Toledo. Wir haben miteinander korrespondiert.«
»Wir haben mehr getan als das, Peter aus Toledo«, sagte sie. »Ich habe dir während des letzten Jahres den Lohn bezahlt und dich am Leben erhalten, wenn ich mir deine knochige Gestalt so ansehe. Nun, du weißt offenbar, wer ich bin.«
»Du bist die Herrin Subh, die …«
»Ach, steh gerade, Mann, Katzbuckelei kann ich nicht ausstehen.«
Ein amüsiertes Funkeln in ihren Augen verriet ihm, dass sie genau wusste, welche Wirkung sie auf ihn hatte. Noch verwirrter sagte er: »Ich habe die Früchte meiner Nachforschungen über die Geschichte deiner Familie mitgebracht …«
»Das will ich hoffen, sonst hätte es ja wenig Sinn, dass du diesen weiten Weg zurückgelegt hast, nicht wahr? Hör mal, junger Mann, ich habe jetzt leider keine Zeit für dich. Wir stecken gerade mitten in einer Art Familienkrise.« Sie machte eine Handbewegung zu den Männern hinter ihr. »Schau dir diesen Haufen an. Alles Verwandte von mir, Neffen, Vettern, sogar ein paar Onkel. Sie scharen sich um mich, wie sie sich um meinen Gatten gedrängt haben, als er noch am Leben war, möge er in Allahs Frieden ruhen. Ich erspare es mir, euch miteinander bekannt zu machen, weil die ganze Sippschaft keine beschnittene Krone wert ist. Bis auf diesen einen vielleicht. Peter aus Toledo, das ist mein Sohn, Ibrahim.«
Ibrahim war ungefähr in Peters Alter, vielleicht ein bisschen jünger, und trug einen Kittel und Beinlinge aus schlichtem schwarzem Tuch. Er verbeugte sich vor Peter. Subhs Sohn sah gut aus, aber seine verblüffend blauen Augen waren kalt. »Was bist du, Peter aus Toledo? Franzose?«
»Engländer.«
Ibrahim grunzte gelangweilt. »Alle Christen sind gleich.« Er wandte sich ab.
»Ibrahim ist so stark wie sein Vater«, sagte Subh, »aber zehnmal so schwierig. Er folgt den Lehren der Almohaden. Allah sei Dank, dass er mir einen so frommen Sohn geschenkt hat.«
»Dein Spott ist unangebracht«, sagte Ibrahim streng.
»Ja, ja. Nun, wir haben keine Zeit für solche Dinge.
Kommt.« Und sie rauschte ohne ein weiteres Wort aus dem Hof und auf die Straße draußen. Die Verwandten folgten ihr wie Gänseküken.
Peter blieb einen Moment lang stehen. Dann legte er sein Bündel in einer schattigen Ecke ab und lief hinter der kleinen Gruppe her, denn er hatte keine Ahnung, was er sonst tun sollte.
Schließlich marschierte er neben Ibrahim her. »Wohin gehen wir?«
»Zur Moschee. Zawi hat Probleme mit den Christen.«
»Wer ist Zawi?«
»Ein Vetter. Noch so einer von den Pechvögeln, die unter den Fittichen meiner Mutter hocken und ihren Schutz suchen, wenn ihre Dummheit und Gottlosigkeit sie in Schwierigkeiten bringt.«
Nur ein sehr junger Mann konnte so streng und verächtlich klingen, dachte Peter, der sich seiner eigenen Jugend bewusst war. »Das hört sich nicht so an, als schätzest du deine Familie sonderlich.«
»Als die christlichen Heere gekommen sind, haben meine Vettern nicht wie
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