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Die Zeitbestie

Titel: Die Zeitbestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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Friedensbedingungen mit ihm aushandeln, vermute ich.
    »Ich denke mir, die Scheiterhaufen, die wir gestern gesehen haben, dienten zur Einäscherung der Soldaten, die in einer für die Römer siegreichen Schlacht gefallen sind«, murmelte Polly und verschränkte die Arme.
    Claudius blickte zu den vier Barbaren auf und bedachte sie mit einem süßsäuerlichen Lächeln. Mehrere seiner Soldaten traten zwischen die Männer und ihre Waffen, packten die vier, schleppten sie vor Claudius und drücken sie dort auf die Knie.
    Ich denke nicht, dass man hier schon von der Genfer Konvention gehört hat.
    Pollys Magen verkrampfte sich, und auf einmal fühlte sie sich sehr verletzlich. Das hier war real – sie durfte nie den Fehler machen, es als Unterhaltungsprogramm zu verstehen. Sie warf einen Blick zur Seite, dorthin, wo die Reste der gestrigen Totenfeuer nur noch schwarze Schmierflecken im niedergetrampelten Gras bildeten. Als sie sich wieder umdrehte, sah sie Claudius hinter dem Tisch aufstehen und vortreten. Er warf Polly einen Blick zu und winkte sie herbei. Polly trat an seine Seite, und ihr Magen fühlte sich bleischwer an.
    »Taedet me foederum, ruptorum«, sagte der Kaiser plötzlich, und führte eine Schnittbewegung mit der flachen Hand aus. Polly verfolgte das Geschehen und konnte dabei nichts anderes denken, als dass es einfach nicht wahr sein dürfte: So mühelos bahnte sich das Grauen den Weg in einen herrlichen Tag. Die Soldaten drückten die vier Männer mit den Gesichtern zu Boden, wobei Gefangene und Soldaten laut schrien. Kurzschwerter glitzerten im harten Sonnenlicht, während sie stiegen und fielen, und Rotes tropfte jetzt von ihnen herunter. Die zum Tode verurteilten brauchten lange, um zu sterben, ungeachtet des wiederholten Hackens. Polly stieg Galle in den Hals. Die Notwendigkeit zu fliehen straffte immer stärker dieses Spannungsgewebe in ihrem Körper, während sie zusah, wie sich eines der stöhnenden Opfer über das blutnasse Gras zog; sein Lederwams war am Rücken zerfetzt und gab den Blick frei auf zerhacktes Fleisch und zertrümmerte Knochen. Schließlich rührte sich der Mann nicht mehr, nachdem einer der Soldaten ihm mit einem Hieb die Schädeldecke gespalten hatte.
    Das Gladius ist eine Stichwaffe. Sie hätten sie schneller töten können …
    Und Polly konnte sich keine andere Frage stellen als die, warum die Feldlerchen immer noch sangen. Ohne sich um das zu kümmern, was der Kaiser jetzt verkündete, wandte sie sich ab und machte sich auf den Rückweg ins Hauptlager.
    Barbarische Zeiten: ein Imperium, das auf Sklaverei und Gemetzel beruht.
    »Hör mit dem beschissenen Moralisieren auf, Nandru! Ich bin nicht in der richtigen Stimmung.«
    Niemand versuchte sie aufzuhalten, obwohl ein verzweifeltes Geplapper sie auf ihrem Weg umringte. Als sie wieder vor ihrem Zelt eintraf, fand sie ihre Kleider draußen an einer Stange hängen, recht feucht, aber sauber. Sie zog sie herunter und nahm sie mit ins Zelt, wo sie die Sachen rasch anzog, um kurz darauf wieder in einen Morgen hinauszutreten, der jetzt vom Makel des Schlachthofs gezeichnet war.Claudius und seine Garde kamen auf sie zu, wobei der humpelnde Gang des Kaisers ihr Tempo bestimmte. Polly starrte die Männer einen Augenblick lang an, drehte sich dann um und entfernte sich von ihnen. Auf einmal hatten Gardisten sie auf allen Seiten umstellt und versperrten ihr den Weg. Walnussknacker gehörte zu ihnen und starrte Polly mit boshafter Zufriedenheit an. Auf einen gestotterten Befehl des Kaisers zogen die Männer den Ring enger. Im Gegensatz zu den anderen zog Walnussknacker verstohlen sein Schwert. Polly öffnete die Hüfttasche und suchte darin umher, und ihre Finger schlossen sich um den Griff der Automatikpistole, nicht den des Tasers.
    »Wie drücke ich aus: ›Ich muss in die Hölle zurückkehren?‹«
    Mihi redeundum in infernos.
    Der Kaiser sagte wieder etwas und humpelte näher. Walnussknacker warf einen kurzen Blick auf seinen kaiserlichen Herrn und drang auf Polly ein, offensichtlich erpicht, ein persönliches Ziel zu erreichen. Polly zielte rasch und schoss ihm einmal in die Brust. Der Aufprall warf ihn rückwärts auf mehrere seiner Kameraden, ehe er zu Boden krachte. Sämtliche Soldaten stockten dort, wo sie jeweils waren. Polly starrte auf den Toten.
    »Und wie drücke ich aus: ›Er ist tot?‹«
    Mortuus est … Polly.
    Sie drehte sich zu Claudius um und wiederholte beide Aussagen. Der Kaiser bemühte sich, eine Antwort

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