Die Zeitdetektive 01 Verschworung in der Totenstadt
ein sanftes, rötliches Licht. Weniger sanft wurden die drei Freunde geweckt. Die Tür zu ihrer Kammer flog auf und ein Junge in ihrem Alter erschien.
„Aufwachen!“, rief er fröhlich und klatschte ein paarmal in die Hände. „Ihr müsst die Neuen sein. Kommt, in der Küche gibt es eine Menge zu tun!“
Schlaftrunken standen Julian, Kim und Leon auf. „Ich bin Ani, einer der Küchenhelfer! Ich soll euch in eure Arbeit einweisen!“, rief der junge Ägypter, der die typische seitliche Jugendlocke trug. „Beeilt euch, sonst wird unser Küchenvorsteher Rechmire sauer.“
Oberflächlich wuschen sich die drei Freunde an einem Brunnen vor dem Haus. Dabei stellten sie sich Ani vor.
„Das sind komische Namen“, lachte Ani. „Aber macht ja nichts. Folgt mir!“
Ani führte sie in die Palastküche. Dort herrschte rege Betriebsamkeit. Ani erklärte, wer hier für welche Aufgabe zuständig war. Diener huschten mit Tonschüsseln voller Fleisch, Früchten und Brot sowie randvoll gefüllten Krügen hinein und hinaus. An langen Tischen wurden Unmengen von Gemüse klein geschnitten. In einer Ecke stand ein großer Ofen, in dem Brot gebacken wurde. Andere Helfer waren damit beschäftigt, henket zu brauen, ein Gerstenbier, das mit Gewürzen und Datteln schmackhaft gemacht wurde. Aus etikettierten Krügen wurde irep gezapft, ein mit Honig gesüßter Wein. Zwei Frauen nahmen Fische aus, zwei andere rupften Wachteln. Auf einem Hackklotz portionierte ein Metzger große Rindfleischstücke. Im angrenzenden Hof prasselten Feuer in mehreren Grillstellen. Überall in der Küche dampfte und qualmte es, und über alles legte sich der Geruch nach scharfen Gewürzen.
„Schneller, schneller, schneller!“, kommandierte eine helle Stimme. Sie gehörte zu Rechmire, einem ungewöhnlich dicken Mann, der mit puterrotem Kopf in der Mitte der Ruß geschwärzten Halle stand und versuchte den Überblick zu behalten. Rechmire trug eine fleckige Schürze über seinem kugelförmigen Bauch, an der er ständig seine Hände abwischte. Man habe ihm, so erzählte Ani den Freunden leise, den Spitznamen „Nilpferd“ verpasst, weil er einen bulligen Kopf, kleine abstehende Ohren und ein großes Doppelkinn hatte.
„Da bist du ja endlich, Ani!“, rief er und tupfte sich den Schweiß von der Stirn. „Gut, dass du die Neuen mitgebracht hast!“ Er kam zu ihnen und strich ihnen freundlich über die Haare. „Hoffentlich stellt ihr euch auch geschickt an. Heute muss schließlich alles wie am Schnürchen laufen. Und jetzt macht euch nützlich. Die Jungen sollen Feuerholz herbeischaffen. Das Mädchen kann helfen, die Gurken mit Fleischpaste zu füllen. Aber denk daran: Die gehören zu Hatschepsuts Lieblingsspeisen! Mach schnell … sonst schaffen wir das bis zum Bankett heute Mittag nicht! Ich bete zu Amun, dass nichts schief geht! Sonst lande ich bei den Krokodilen!“
Während Julian und Leon zum Holz holen geschickt wurden, schob Ani Kim zu einem Arbeitstisch.
„Nachher gibt es ein festliches Bankett“, erklärte er, während er Kim ein Messer gab, mit dem sie die Gurken aushöhlen konnte. „Unsere göttliche Hatschepsut speist mit Inebny, dem Vizekönig von Nubien, der seit zwei Tagen im Palast zu Gast ist.“ Ani begann, eine Gurke zu schälen. Dann senkte er die Stimme: „Ich habe gehört, dass Inebny Hatschepsut zur Frau nehmen wollte. Das ist der neueste Palastklatsch! Aber unsere Pharaonin hat ihn nicht erhört. Und jetzt ist der Vizekönig entzürnt.“
„Ihr sollt aufhören zu quatschen!“, brüllte Rechmire. „Was machen die Gurken?“
Ani und Kim arbeiteten einige Minuten schweigend weiter.
Ein abgewiesener Vizekönig … das klang spannend, fand Kim.
„Und wie geht es weiter?“, fragte sie leise.
„Vizekönig Inebny ist sehr wütend, sagt man,
weil er nicht gewohnt ist, dass man
ihm einen Wunsch abschlägt. Er ist
sehr stolz, gilt als brutal und jäh
zornig“, wisperte Ani. „Die Diener
versuchen, ihm aus dem Weg zu
gehen. Hoffentlich reist er bald
wieder ab.“
Kim nickte. Ein anderer Gedanke
war ihr gekommen. „Hast du gehört, ob man den Mann geschnappt hat, der Kija töten wollte?“
Ani stopfte sich ein Stück Gurke in den Mund. „Bisher wurde niemand festgenommen, soviel ich weiß.“ „Ich habe auch Hunger“, meldete sich Kim. Ani nickte, flitzte durch die riesige Küche und kehrte mit warmem Brot, ein paar saftigen Trauben und einem Krug mit irtet, frischer Milch, zurück.
„Rechmire ist streng“, erklärte Ani.
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