Die Zeitdetektive 03 - Das Grab des Dschingis Khan
er in dieser gottverlassenen mongolischen Steppe durch ein Unwetter, neben sich einen toten Weltherrscher, vor sich einen offenbar verrückten Schamanen und einen Trupp schwer bewaffneter Soldaten.
„Schade, dass wir nicht zurückkönnen“, sagte Leon, als habe er Julians Gedanken gelesen.
Julian sah ihn überrascht an. „Du willst jetzt nach Hause?“
Leon hatte den Kopf tief zwischen die Schultern gezogen. „Ja, aber wir haben kaum eine Chance, wie es aussieht. Wir würden vermutlich nicht einmal den Weg zu den Bergen finden, wo uns der Zeit-Raum ausgespuckt hat. Außerdem wird man uns nicht so einfach fortlassen.“
„Mit Sicherheit nicht“, erwiderte Julian düster. Fast wäre er gegen seinen Vordermann gelaufen. Der Tross war ins Stocken geraten.
„Was ist los?“, fragte Kim.
„Keine Ahnung“, antwortete Julian und schniefte. Unschlüssig sah er zu Leon. Der blickte sich kurz um. Gerade war kein Soldat in ihrer Nähe. Also wagte Leon es, aus der Reihe zu treten. Er erklomm eine kleine Anhöhe, stemmte sich gegen den heulenden Sturm und versuchte die Lage zu peilen. Da entdeckte er unmittelbar vor ihnen einen Fluss. Er hatte sich durch die starken Regenfälle in einen breiten, wild schäumenden Strom verwandelt. Aber eine Brücke konnte Leon nirgends entdecken.
Er lief zu seinen Freunden zurück und berichtete.
„Das ist der Huang-ho“, sagte ein Mann vor ihnen, der die Unterredung der Freunde mitbekommen hatte. „Dieser Fluss ist unberechenbar.“
„Dann ist es kein Wunder, dass wir stehen geblieben sind“, sagte Julian. „Jetzt könnte Qutula aber wirklich eine Rast anordnen.“
Doch der Schamane dachte gar nicht daran. Er befahl, am Huang-ho entlangzulaufen und eine seichte Stelle zu suchen, um den Fluss zu überqueren.
Das Fortkommen wurde immer schwieriger. Der Weg hatte sich in eine Schlammpiste verwandelt. Immer wieder sackte der Wagen mit dem Khan im tiefen Morast ein und konnte mit Tauen nur mühsam wieder herausgezogen werden. Kim, Julian und Leon mussten mit anfassen. Die dicken, klammen Taue rissen die Haut an ihren Händen auf. Langsam, aber sicher schwanden die Kräfte der Freunde. Sie hatten Hunger und Durst. Ihre Muskeln brannten wie Feuer. Es gab keine Pause, keine Hilfe, kein Zurück. Es gab nur Qutulas gebrüllte Kommandos, diesen unendlich schweren Wagen und den entsetzlichen Regen, der alles aufweichte. Die Füße fanden kaum Halt im weichen Boden. Leon rutschte aus und stürzte in den Schlamm. Der kalte Morast zog die letzte Wärme aus dem Körper des Jungen. Langsam rappelte sich Leon auf. Er, der sonst so stark war, hatte Tränen in den Augen. Seine Freunde nahmen ihn in die Arme, um ihn zu wärmen. Kija stupste ihn mit der Nase an. Doch schon erschallte ein neuer Befehl, der sie auseinander trieb. Der Regen prasselte unbarmherzig auf sie nieder. Der Wind pfiff ihnen wütend um die Ohren. Längst waren alle bis auf die Knochen durchnässt.
Qutulas hysterische Stimme übertönte das Unwetter und trieb alle erbarmungslos voran. Niemand wagte es, ihm zu widersprechen.
Doch dann krachte ein Rad am Wagen des Khans in ein Loch und brach. Der große Karren neigte sich gefährlich zur Seite, und der Tote drohte von der Ladefläche zu rutschen. Aufgeregt rannten Diener herbei und stützten den Wagen mit ihren Körpern ab. Qutula ritt heran. Endlich sah er ein, dass sie nun nicht mehr weiterkamen – zumindest vorerst. Wütend befahl er, ein notdürftiges Lager aufzubauen.
„Sobald sich der große Köke Tngri beruhigt hat, werden wir das Rad reparieren! Dann ziehen wir weiter!“, rief er mit gellender Stimme.
Mit klammen Fingern begannen die drei Freunde, beim Aufbau einer Jurte zu helfen.
Erst am frühen Abend waren alle Arbeiten erledigt. Die völlig erschöpften Freunde freuten sich schon darauf, ins Zelt zu kommen und sich dicht an den Tulga , den mit Dung befeuerten Herd, zu setzen. In diesem Moment hörten sie eine vertraute Stimme.
„He, wartet!“
Die Freunde drehten sich um. Da tauchte hinter einem Packwagen eine kleine Gestalt auf: Tscha!
„Wie … wie kommst du denn hierher?“, stammelte Kim verdattert.
Doch Tscha antwortete nicht, sondern winkte die Freunde zu sich. Hinter dem Wagen fanden sie Schutz vor neugierigen Blicken. Auch Tschas Kleidung war völlig durchnässt. Das Mädchen zitterte am ganzen Körper.
„Ich bin von den Truppen weggelaufen. War nicht schwer, weil auf mich niemand besonders geachtet hat“, berichtete Tscha.
Kim legte
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