Die Zeitdetektive 03 - Das Grab des Dschingis Khan
auf den Boden fallen. Das Tier blickte sie feindselig und störrisch an.
„Genau so wird es sein. Es wird kein Wiedersehen geben“, sagte Kim traurig. „Außerdem würde ich gerne wissen, was aus Körbeldschin geworden ist.“
„Sie ist wie vom Erdboden verschluckt“, sagte Julian. „Sie scheint entkommen zu sein.“
Etwas strich um seine Beine und er sah hinab.
„Kija!“, rief Julian erfreut.
Die Katze rieb ihren Kopf an Julians Bein. Der Junge setzte sich neben sie ins Steppengras. Kim folgte seinem Beispiel. Gemeinsam spielten sie mit der Katze. Doch Kija war nicht bei der Sache. Sie wirkte angespannt.
„Irgendetwas stimmt hier nicht“, sagte Kim. Julian sah sie fragend an. „Ich kann es dir nicht erklären“, fuhr Kim fort. „Aber Kija spürt es auch.“
„Hast du Angst?“
„Das wäre übertrieben. Es ist nur … ein ungutes Gefühl, weißt du?“
Julian schwieg. „Lass uns weitermachen“, schlug er nach einer Weile vor und stand auf.
Der tote Khan saß unter einem weißen Baldachin auf einem Bett. Kissen stützten seinen Körper. Er trug Helm und Brustpanzer, darunter ein Hemd aus feinster chinesischer Seide. Bogen und Pfeile lagen griffbereit neben ihm. Das Gesicht des ozeangleichen Herrschers war gen Norden gerichtet. Er würde sich jetzt gleich auf den langen, beschwerlichen Weg zum heiligen Berg machen.
Der Wagen, der das Bett trug, war sehr groß und hatte mannshohe Räder. Dreißig Kamele würden nötig sein, das sperrige Gefährt in Bewegung zu setzen. Es sollte aber nicht nur den Khan, sondern auch dessen Schätze tragen.
Die Freunde waren mit anderen Dienern damit beschäftigt, Truhen voller Gold und Edelsteine auf die Ladefläche zu wuchten. Soldaten überwachten jeden Handgriff der Diener. Der schärfste Beobachter aber war Qutula.
Ächzend schob Julian eine Kiste auf den Leichenwagen. Er wagte einen Blick auf den Toten. Eine Windböe trieb feinen Sand über die Steppe und der Baldachin blähte sich wie ein Segel. Julian schien es plötzlich, als habe sich auch der Khan bewegt. Er zwang sich, genauer hinzusehen. Schwankte der Körper ganz leicht?
Nein, das konnte nicht sein, sagte sich Julian. Der Khan war tot. Julians Zähne begannen zu klappern. Das lag nicht nur an dem kühlen Wind, der über die eintönige Landschaft wehte. Jemand tippte Julian auf die Schulter. Er fuhr herum. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals.
„Warum bist du so schreckhaft?“, fragte Kim grinsend. Leon stand hinter ihr. Auch er lächelte.
„Sehr lustig“, sagte Julian gereizt.
Kim ging darauf nicht ein. „Seht mal, da kommt ein besonderes Stück!“
Ein Diener trug den Säbel des Khans heran und legte ihn vorsichtig in eine Schatulle auf dem Wagen. Qutula hatte den Mann nicht aus den Augen gelassen und scheuchte ihn jetzt wieder zurück, damit er etwas anderes herbeischleppte.
„Qutula hat alles im Griff, nicht wahr?“, sagte Kim mehr zu sich selbst.
„Wie bitte?“
„Ach, war nur so ein Gedanke“, erklärte Kim. „Ich finde nur, dass er etwas übereifrig ist. Meint ihr nicht?“
Leon zupfte an seinem Ohrläppchen. „Und nervös ist er. Ich habe zudem den Eindruck, dass er es sehr eilig hat. Aber warum nur?“
Seine Freunde hatten darauf keine Antwort. Sie machten sich wieder an die Arbeit.
Während Kim die verschiedensten Dinge zu den Wagen trug, verstärkte sich ihr ungutes Gefühl. Vielleicht lag das an Kija, die ihr plötzlich nicht mehr von der Seite wich. Die Ohren der Katze waren flach an den Kopf gelegt – ein sicheres Zeichen dafür, dass sich Kija nach wie vor sehr unwohl fühlte, eventuell sogar Angst verspürte.
Womöglich lag es aber auch daran, dass Qutula immer hektischer wurde. Er schrie die Diener und Soldaten an und schien überall gleichzeitig sein zu wollen.
Er bewacht den Schatz, als wäre es sein eigener!, durchfuhr es Kim plötzlich. Er hat Angst, dass ihm etwas gestohlen wird!
„Was stehst du da herum und glotzt?“, fuhr Qutula das Mädchen jetzt an.
Dem entgeht tatsächlich nichts, dachte Kim und lief zu einer Jurte, um beim Abbau zu helfen. Kija heftete sich an ihre Fersen. Als Kim sich bückte, um ein paar Dachstangen zu bündeln, maunzte die Katze leise und eindringlich. Kim sah hoch. Die Katze starrte in die Richtung des Schamanen. Das Mädchen folgte ihrer Blickrichtung.
Qutula lehnte an einem der Wagen. Jetzt warf er erst einen Blick über die eine, dann über die andere Schulter. Dann griff der Schamane in eine Truhe. Zwischen seinen
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