Die Zeitensegler
darauf gefasst, den Zorn des Zauberers zu spüren zu bekommen, doch der Schattengreifer beobachtete erst einmal nur stumm die Szene.
»Simon?« Basrar dachte angestrengt nach. »Ich kenne keinen Simon.«
Inzwischen hatten auch Moon und Salomon das Stadttor erreicht. Sie nickten dem Schattengreifer kurz zu: »Seid gegrüßt, Meister«, dann wandten sie sich an Basrar. »Wir sind es!«, riefen sie aus.
Basrar schüttelte nur den Kopf. »Wer seid ihr? Und was wollt ihr von mir?«
»Aber …«
Da erst begriff Simon. Basrar konnte sie gar nicht wiedererkennen! Sie waren sich ja noch nie zuvor begegnet. Hier, an der Stadtmauer, standen sie vor einem Basrar, der noch nichts wissen konnte von den Zeitenkriegern oder dem Seelensammler. Der noch nie die Magie des Schattengreifers erlebt hatte und der auch von Zeitreisen noch nichts ahnte.
Nur so war auch die passive Reaktion des Schattengreifers zu erklären. Er kannte seine Zeitenkrieger noch nicht. Moon und Salomon waren Fremde für ihn. Und Simon erst recht.
»Wir … ich …« Dieses Wiedersehen hatte er sich ganz anders vorgestellt. Wie sollte er Basrar zu verstehen geben, in welcher Gefahr er sich befand?
Basrar sah die Freunde auf einmal misstrauisch an. »Wer seid ihr? Überläufer? Seid ihr etwa feige Numider? Habt ihr euch ebenfalls auf die Seite der Römer gestellt, nur weil alles auf einen Sieg für Scipio hindeutet?« Sein Blick streifte Moon und wanderte dann zu den anderen beiden. »Wie Karthager seht ihr allesamt nicht aus. Geht. Ich habe mit euch nichts zu schaffen!«
Der Schattengreifer lächelte erneut, und Simon stellte staunend fest, dass er hier, in der Vergangenheit, genauso aussah wie in der Zukunft. Nichts an ihm hatte sich verändert. Es war ihm nicht anzusehen, dass er einige Tausend Jahre jünger war als bei ihrer Begegnung im 18. Jahrhundert, vor der australischen Küste.
»Basrar! Nein! Wir sind deine Freunde«, rief Salomon ihm zu, doch Basrar winkte ab. »Glaubt mir, ich kenne meine Freunde. Und ihr seht ihnen nicht ähnlich.«
Moon startete einen letzten Versuch: »Siehst du nicht, an wessen Hand du gehst?«
Jetzt horchte der Schattengreifer erneut auf und Moon wich unwillkürlich zurück. Ihm war deutlich anzusehen, wie sehr er den Zauberer fürchtete. Dennoch sagte er beinahe flehentlich: »Geh nicht mit ihm, Basrar! Du wirst es bereuen. Für eine lange Zeit. Für eine Ewigkeit!«
Basrar verzog das Gesicht. »Was redet ihr da für einen Unsinn?«
Doch der Schattengreifer schien allmählich zu verstehen, was hier vor sich ging. Grübelnd zog er seine blasse Stirn in Falten und ließ Basrars Hand los.
Das war für Simon der entscheidende Moment. Er sprang blitzschnell vor, packte Basrar am Arm und zog ihn mit sich.
»Komm, ich erkläre dir alles!«
»Was …?« Basrar wollte sich wehren, doch als er fragend zu dem Schattengreifer blickte, zuckte er erschrocken zurück: Das Gesicht des Schattengreifers war auf einmal voller Hass.
Das gab den Ausschlag: Entsetzt wendete sich Basrar ab und ließ sich endlich von Simon leiten. Dicht gefolgt von Moon und Salomon, rannten sie um eine Straßenecke, und Simon zerrte den Karthager in eine der Ruinen hinein.
Moon und Salomon folgten ihnen.
Plötzlich warf sich Basrar auf Simon und brachte ihn so zu Fall.
Simon, der mit diesem Angriff nicht gerechnet hatte, ließ widerstandslos zu, dass ihn der Karthager auf den Rücken warf und sich anschließend auf seinen Bauch setzte. Mit den Knien drückte Basrar Simons verwundete Hände auf den Boden, sodass Simon sich nicht mehr wehren konnte. »Und nun sag: Was willst du von mir?«
»Ich kann dir das nur schwer erklären«, brachte Simon mühsam hervor. »Aber wir sind hier, um dich zu retten.«
»Das sagtest du bereits. Doch wovor wollt ihr mich retten?«
Basrar verstärkte seinen Griff. Moon und Salomon wollten Simon zu Hilfe eilen, doch der hielt sie mit einer knappen Kopfbewegung davon ab.
»Der Mensch, mit dem du gehst …« Simon verbesserte sich. »Dieses Wesen, das dich aus deiner Familie …«
Sofort verstärkte Basrar seinen Druck auf Simon. »Woher weißt du von meiner Familie?«
Die Schmerzen in den Händen waren kaum noch auszuhalten. »Ich sage dir doch: Ich weiß mehr von dir, als du ahnst. Ich weiß, dass du nahe des Eschmun-Tempels lebst. Dass es euch in den letzten Jahren nicht gut ging. Dass du zwei Schwestern hast. Und dass ihr so verzweifelt seid, dass deine Mutter dein Leben diesem Mann versprochen hat, um dich zu
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