Die Zeitensegler
Boot über den Sand ans Ufer und versteckten es hinter einem dichtgewachsenen Gebüsch. Die Ruder legten sie griffbereit auf die beiden Sitzbänke.
Salomon und Simon waren ein gutes Stück in die Bucht hineingerudert. Doch in dieser engen Passage lagen zahlreiche weitere britische Schiffe vor Anker, und so wuchs die Angst der beiden, gesehen zu werden, und sie hatten sich schon bald dazu entschieden, den Strand anzusteuern.
Simon hatte während ihrer Fahrt unentwegt die Sirius und die anderen Schiffe im Blick behalten. Dort hatte sich jedoch nichts gerührt. Die britischen Mannschaften maßen dem kleinen Boot wohl keinerlei Bedeutung zu. Vielleicht hielt man die beiden Jungs darauf bloß für zwei neugierige Söhne einer Siedlerfamilie.
Der Seelensammler konnte von den Schiffen nicht entdeckt werden. Er lag etwas abseits der Buchteinfahrt vor Anker, sodass man ihn von keinem der Schiffe aus sehen konnte. Von keinem Schiff, außer der Sirius.
Aber auch dort rührte sich nichts. Vielleicht beriet man noch an Deck über eine mögliche Strategie, überlegte Simon. Immerhin hatte es auch bei seinem ersten Eintreffen einige Zeit gebraucht, bis das britische Ruderboot von der Sirius ins Wasser gelassen worden war.
Noch einmal sah er in Gedanken den Moment der Katastrophe vor sich, und er war erleichtert, als sie endlich den Strand der Bucht erreicht hatten und er sich auf andere Dinge konzentrieren konnte.
»Sieh mal!« Simon gab dem Boot noch einen letzten, kräftigen Stoß, um es tiefer im Gebüsch verschwinden zu lassen,und wies mit seinem Kopf auf den Sand. Unzählige Fußspuren, Schleifspuren und Abdrücke von Kisten und Gerätschaften waren am Strand zu erkennen. Eine breite Fährte zog sich das gesamte Ufer entlang.
»Lass uns der Spur folgen, ja?«
Zwischen den Bäumen gab es einen deutlich sichtbaren Trampelpfad. Auf diesem Weg war vermutlich schon etliches Material transportiert worden.
Die beiden Freunde folgten dem Pfad durch die ersten Büsche und Bäume. Doch schon nach wenigen Metern blieben sie stehen. Mit dem, was sie nun zu sehen bekamen, hätten sie keinesfalls gerechnet.
Anscheinend war bereits eine riesige Waldfläche gerodet worden. Denn hinter den ersten Baumgruppen am Ufer, geschützt von dieser dichten, grünen Wand, befand sich eine ganze Stadt im Aufbau. Offenbar war es den Siedlern innerhalb kürzester Zeit gelungen, ein riesiges Gebiet für die zukünftige Siedlung nutzbar zu machen. Zahllose Zelte waren errichtet und sogar schon einige Gärten angelegt worden.
Zwischen den Zelten stiegen dünne Rauchschwaden aus Feuerstellen empor, über denen Frauen in riesigen Töpfen das Essen vorbereiteten.
Und überall dazwischen geschäftiges Treiben. Kaum ein Mensch stand still. Es wurde gegraben, gepflügt, gesägt, gehämmert. Die Umrisse für die ersten stabilen Häuser waren bereits mit Pflöcken im Boden abgesteckt. Direkt daneben lagen die langen, gehobelten Baumstämme bereit.
Kleinere Weideflächen waren eingezäunt worden, und verschiedene Tiere, die wohl aus Großbritannien mitgebracht worden waren, suchten den kargen Boden nach Futterresten ab.
Aus langen Rindenschalen, die von Baumstämmen sorgsam abgezogen worden waren, hatten einige Siedler Dächer errichtet, unter denen die Lebensmittel lagerten.
All das hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem, was Simon erwartet hatte. Er war davon ausgegangen, dass jetzt – seiner Schätzung zufolge erst wenige Wochen nach der Ankunft dieser ersten Siedlerflotte – gerade einmal die ersten Zelte standen. Er hätte gedacht, dass sich die Menschen erst noch in das neue Leben einfinden mussten. Doch die ganze Siedlung wirkte schon jetzt gemütlich, ja beinahe einladend.
Allerdings machten die vielen Gewehre in den Händen der rot uniformierten Briten diesen Eindruck wieder zunichte. Das Geschehen in der Siedlung und der Umgebung wurde scharf beobachtetet und bewacht. Die Uniformierten hatten sich rund um diese entstehende Stadt postiert, und zwar so, dass sie auch wirklich jeden Einzelnen im Blick hatten.
Die Strafgefangenen selbst waren als solche kaum zu erkennen. Es gab einige wenige Gruppen von Männern, die durch Fußketten zu einem Trupp zusammengeschlossen worden waren. Die anderen Männer bewegten sich frei auf dem Gelände umher. Simon hätte allerdings nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob sich unter den vielen Männern, die dort in Hemden mit hochgekrempelten Ärmeln arbeiteten, nicht auch Soldaten in Zivil befanden.
»Wie
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