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Die Zeitfalle

Die Zeitfalle

Titel: Die Zeitfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Carr
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Person in der Reihe der Wartenden zu.
    Jake wartete einen Moment, weil er dachte, dies könne noch nicht alles sein. Aber das Mädchen war bereits mit der Frau hinter ihm beschäftigt und beachtete ihn nicht, und während er versuchte, sich etwas auszudenken, das er sagen könnte, ging er mit zögernden Schritten weiter zum Durchgang und den rosafarbenen Korridor entlang.
    Am anderen Ende stand sein Vater und erwartete ihn.
    »Hallo, Papa.«
    Und das war alles. Mehr wollte ihm nicht einfallen. »Wie geht es dir« wäre unpassend gewesen, sehr falsch, und er wünschte, er wäre irgendwo, nur nicht hier.
    Sein Vater wandte sich zu dem Mann neben ihm, den Jake nicht bemerkt hatte. »Soll ich mit ihm gehen?« fragte sein Vater. Jake wunderte sich über den Sanftmut in dieser Stimme; er hatte sie voller und tiefer in Erinnerung. Der andere Mann, makellos in einem eleganten schwarzen Anzug, legte seine Hand auf des alten Mannes Schulter und führte ihn vorwärts. »Ja, Mr. Grant. Sie gehen mit Ihrem Sohn.« Zu Jake gewandt, fügte er hinzu: »Sie müssen Geduld haben. Die ersten paar Stunden sind etwas nebelhaft für ihn. Desorientierung.« Der Mann blickte auf seine Taschenuhr, steckte sie wieder ein. »Er wurde gerade vor einer Stunde zurückgerufen; einer der ersten, seit das Programm vollendet worden ist.«
    Der Mann in Schwarz lächelte Jake aufmunternd zu, zog einen kleinen zylindrischen Gegenstand aus der Tasche und gab ihn Jake. »Das ist Ihr Operateur. Wenn Sie sich heute abend schlafen legen, geben Sie diesem Knopf eine kleine Drehung.« Jake sah ihn hilflos an, und der Mann erklärte. Jake fühlte den Beginn eines nervösen Magendrückens. Er blickte seinen Vater an und versuchte, die Getriebe und Uhrwerkmechanismen zu sehen, die irgendwo im Innern sein mußten. Er fragte sich, ob die Haut und das Fleisch darunter echte Haut und echtes Fleisch seien oder nur irgendein synthetisches plastisches Amalgam. Er steckte den Zylinder in seine Jackentasche, nahm seines Vaters Arm und sagte: »Komm mit, Papa. Laß uns nach Haus gehen.«
     
    Während der Fahrt blieb sein Vater still. Jake starrte geradeaus, manchmal auf die Straße, manchmal auf die Instrumente im Armaturenbrett; er brachte es nicht über sich, zur Seite zu blicken, wo die Erinnerung neben ihm saß.
    Nicht eine Erinnerung, dachte er. Mehr als das. Das war sein Vater; irgendwo in diesem Körper lebte sein Vater. Der Gedanke war so beunruhigend und bedeutungsschwer, daß Jake sich mit einer bewußten Anstrengung auf den Verkehr konzentrieren mußte. Und dann fiel ihm plötzlich wieder ein, wo der alte Mann neben ihm hergekommen war, und ein Schauer überlief seinen Rücken, und er packte das Lenkrad fester, bis das Prickeln vergangen war und er sich wieder entspannen konnte.
     
    Anne blieb vor der Wohnungstür stehen, zögernd, eine Hand an der Wand des Hauskorridors, als müsse sie sich stützen. »Nur zu, Anne«, sagte Jake hinter ihr. »Wahrscheinlich wundert er sich schon, wo wir bleiben.«
    Sie wandte den Kopf, und er sah die nervöse Spannung in ihren Zügen. Sie hatte einen Schlüssel für die Wohnung, aber sie machte keine Anstalten, ihn aus der Handtasche zu nehmen. »Warum mußtest du ihn allein lassen?« fragte sie. »Ich hätte auch allein hierhergefunden.«
    »Ich wollte mit dir reden, bevor du ihn siehst. Damit du verstehst. Wie es ist.«
    »Ich verstehe, wie es ist, Jake. Du bist derjenige, der es nicht versteht.«
    »Laß uns nicht wieder damit anfangen, Anne. Mach auf.«
    Sie trat zurück, machte eine Bewegung zum Türschloß. »Geh du voran. Es ist deine Wohnung.«
    Verdrießlich zog er seinen Schlüssel, sperrte auf, und sie traten in die enge Diele. Als sie ins Zimmer kamen, saß ihr Vater auf der Couch und schaute zum Fenster hinaus. Der alte Mann hörte, wie die Tür geöffnet wurde, drehte sich langsam herum, lächelte ein zögerndes, schüchternes Lächeln. Die Desorientierung schien nachzulassen. Er beginnt zu verstehen, was passiert ist, dachte Jake; er weiß, daß wir ihn zurückgeholt haben.
    »Papa, dies ist Anne. Du erinnerst dich an Anne.«
    »Natürlich erinnere ich mich an sie«, sagte der alte Mann. Ein neues Lächeln erhellte sein Gesicht, als sie zu ihm kamen. »Wie geht es dir, Anne? Wie geht es dir?« Sie standen und sahen einander an. Anne legte ihren Kopf ein wenig auf die Seite und betrachtete das Gesicht des alten Mannes und schien etwas zu sich selbst zu sagen. Dann blickte sie zu Jake zurück; ihr Gesicht war

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