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Die Zeitfalle

Die Zeitfalle

Titel: Die Zeitfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Carr
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blaß, ihre Stimme angestrengt.
    »Jake ...«
    »Anne ist ein bißchen müde, Papa«, sagte Jake schnell. »Setz dich einen Augenblick hin, wir sind gleich wieder da. Einverstanden?«
    »Gewiß, Jake. Wohin geht ihr?«
    »Nur in die Küche, Papa.«
    Der alte Mann nickte friedlich und sank wieder auf die Couch. Jake nahm Anne beim. Handgelenk, fest, und zog sie hinaus in die winzige Küche, schloß die Tür. »Was soll das heißen, Anne? Willst du ihn verletzen?« Er packte auch ihren anderen Arm und schüttelte sie. »Kannst du nicht wenigstens ...« Aber sie weinte.
    »Es ist genau wie Papa«, sagte sie und schluchzte. »Genau wie er war, Jake. Ich hatte wirklich nicht gedacht ...« Ihre Stimme versagte, und sie versuchte, sich aus Jakes Griff zu befreien. Jake ließ sie los, legte einen Arm um sie und wartete, daß sie sich beruhige. Er wußte nicht, was er sonst tun sollte. Durch die Glasscheibe in der Tür konnte er sehen, daß sein Vater ans Fenster getreten war, sich mit beiden Armen auf das Fensterbrett stützte und den Verkehr unten beobachtete. Er hatte ihn das so oft tun sehen, daß es irgendwie ein Schock war, ihn jetzt wieder so zu sehen. Aber warum schockte es ihn? Erinnerung und Realität waren eins; was war es?
    »Warum hast du ihn zurückgebracht?« fragte sie ihn.
    »Warum? Weil ich ihn liebe. Weil ich ... mit ihm sprechen will. Ich denke, ich kann es, jetzt.«
    »Warum sollte es jetzt anders sein? Zuletzt wart ihr zwei beinah Fremde. Warum erwartest du ...« Sie brach ab, legte rasch ihre Hand auf seinen Arm. »Vergib mir, Jake. Ich weiß nicht, was ich sagen oder nicht sagen soll. All diese Jahre dachte ich nicht darüber nach, wie es sein würde, ihn wiederzusehen. Es war immer so etwas wie deine Sache, etwas, wovon du redetest und wofür du deinen Anteil an der Erbschaft ausgegeben hattest, und ich glaubte niemals wirklich, daß es geschehen würde. Und nun ist er hier, und ich kenne ihn und ich kenne ihn nicht, und ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Du hast eine Menge gesagt.«
    »Ich weiß, ich rede dummes Zeug. Und ich weiß, du erwartest was anderes von mir. Es muß schrecklich für dich sein, Jake, wie ich mich anstelle. Es tut mir leid.« Sie nahm seine Hände, und Jake fühlte Verwirrung über den plötzlichen Rollentausch. Nun schien sie ihn zu trösten.
    »Ich weiß selbst nicht, wie ich fühle, Anne. Es geht mir nicht anders als dir. Ehrlich.«
    »Nein?«
    »Ich glaube, es ist, was ich wollte. Ich mußte ihn sehen, mit ihm reden. Wenigstens dieses eine Mal. Vielleicht kann ich etwas erreichen.«
    »Du kannst es nicht, Jake. Es ist vorbei; das ist nicht wirklich Papa. Du kannst nichts ändern, es ist unmöglich. Jake, was du hast, ist eine Masse von Erinnerungen. Du kannst von Erinnerungen nicht erwarten, daß sie sich selbst verändern.«
    Er streifte ihre Hände ab, schockiert über die Analogie, ohne zu bedenken, was sie gesagt hatte, sondern nur, wie sie es gesagt hatte.
    »Lassen wir das, Anne. Wir werden sehen. Ich glaube, wir sollten jetzt wieder zu ihm gehen.«
    »Geh du hinein, Jake. Ich muß weg.« Sie wandte sich nervös ab, trat einen Schritt und blieb wieder stehen. »Ich habe eine Familie, weißt du; dafür brauche ich ihn nicht. Nicht mehr. Und ich erwarte nicht etwas von ihm das er ... das es einfach nicht geben kann.«
    Sie schlüpfte aus der Wohnung, bevor Jake sie zurückrufen konnte. Der alte Mann starrte noch immer aus dem Fenster und sah sie nicht gehen. Jake beschloß, daß es so das beste sei. Papa würde es nie verstehen.
     
    Jake gab seinem Vater ein zur Hälfte mit Wein gefülltes Whiskyglas. Der alte Mann nahm es mit beiden Händen an und hielt es auf seinem Schoß. Er sah zu, wie Jake sich ihm gegenüber niedersetzte, und seine Augen wichen nicht eine Sekunde von Jakes Gesicht. Jake konnte den Ausdruck seines Vaters nicht lesen; es war ein abwesender Ausdruck, versonnen und nicht ganz wirklich. Jake hob sein Glas, und sein Vater hob das seine mit einer etwas unbeholfenen Bewegung.
    »Möchtest du einen Trinkspruch ausbringen?« fragte Jake.
    »Nein, Jake. Es ist schließlich dein Wein.«
    Jake fühlte sich fortgetragen; die Szene hatte entschieden eine Qualität von Unwirklichkeit. Sie existierte nur wegen des Impulses, der sie seit seiner Jugend vorwärtsgetrieben hatte.
    Jake sagte zum Wohl und nippte von seinem Wein, und der alte Mann nippte auch.
    »Was macht das Buch?«
    »Es geht. Ich arbeite daran.«
    »Hast du schon einen Verleger?«
    »Noch

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