Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
unerfreuliche Lage … Was mag dieser Spion in Aachen alles gesehen und gehört haben? In der Villa kann er nicht gewesen sein, sie ist zu gut bewacht. Und selbst wenn er durch eine undichte Stelle vage Andeutungen über die Zeitmaschine und Dave Larue erfahren hätte, wer würde ihm Glauben schenken? Also bleiben nur die militärischen Vorbereitungen, die Produktion der Gewehre und die Ausbildung der dragonarii, die er ja auch hinreichend präzise in seinem Brief beschrieben hat. Oh, das ist ärgerlich! Sollte ich etwa wirklich gezwungen sein, Maßnahmen zu ergreifen, um den Erfolg dieser Kriegspläne zu sichern? Eigentlich wäre es mir ganz recht, wenn der Römer uns entwischt, denn dann hätte ich ein Argument, mit dem ich den König vom Krieg abbringen könnte. Ich würde ihm sagen können, dass der Angriff das Imperium nun nicht mehr unvorbereitet träfe und der Erfolg fraglich geworden sei. Möglicherweise würde er dann den Kriegsplan zugunsten meines ursprünglichen Vorhabens zurückstellen … nein, das ist aussichtslos. Die Geheimhaltung von Aachen und die Bewachung des Ortes durch die Scara unterstehen meiner Verantwortung. Wenn dieser Zwischenfall ruchbar würde, wäre das der Todesstoß für meinen Einfluss auf den König, und Wibodus würde triumphieren. Wenn ich wenigstens den Hauch einer Chance behalten will, jemals den Wahren Willen zu vollstrecken, kann ich mir keine weitere Schwächung meiner Position erlauben. Der König darf von diesem Vorfall nichts erfahren, und Wibodus schon gar nicht.
Ein Geräusch holte ihn aus den Tiefen seiner Überlegungen. Der Türvorhang wurde zurückgezogen und ein Bediensteter trat ein. Er bat den Oberkämmerer, die Störung zu vergeben, doch der König sei soeben zurückgekehrt.
Einhard schickte den Diener mit dem Auftrag los, ihn bei Karl anzumelden. Dann legte er die Weintraube zurück zu den übrigen Früchten in die Schale und stand auf. Er strich sich die Mönchskutte glatt, bemühte sich, wieder den äußeren Eindruck der Gelassenheit herzustellen, und machte sich dann auf, um seinen Herrscher zu sprechen.
Die Jagdgesellschaft des Königs hatte sich auf dem großen, von Kolonnaden umstandenen Platz auf der Parkseite des Palastes versammelt. Man nahm die in den vergangenen Tagen erlegten Wildschweine und Hirsche in Augenschein, welche die Knechte von den Wagen luden und auf dem steinernen Pflaster in Reihen nebeneinander anordneten. Es wurde gelacht und gescherzt, die junge Frau Karls, Königin Luitgard, war mit ihren Hofdamen zur Begrüßung ihres Gemahls erschienen und plauderte nun mit seinen Begleitern, die sich gegenseitig mit den Schilderungen ihrer Taten und Erlebnisse zu übertreffen versuchten. Nur Karls Sohn Ludwig war abwesend, er befand sich in Flandern, wo er sich die meiste Zeit des Jahres aufhielt, weil ihm die Verwaltung der dortigen Krongüter oblag. Der König war wie alle um ihn herum guter Stimmung, er stand inmitten seiner sieben erwachsenen Töchter, die als geschickte Jägerinnen wie üblich an der Jagd teilgenommen hatten, und unterhielt sich prächtig.
»Sieh an!«, rief er aus, als Einhard sich näherte. »Mein Oberkämmerer möchte uns willkommen heißen. Kommt und gratuliert mir, ich habe mit eigener Hand den gewaltigen Eber erlegt, der dort gerade abgeladen wird!«
»Ich beglückwünsche Euch, Majestät«, sagte Einhard ohne eine besondere Regung. Die Jagd gehörte für ihn zu den Dingen, deren Reize ihm verschlossen waren und blieben. Er wusste die Schriften des Vergil zu schätzen, die Kunst der Maler und sogar, seiner sonstigen Leidenschaftslosigkeit und seinem Priesterstand zum Trotz, die Ästhetik des Anblicks einer schönen Frau. Aber das bloße Töten von Tieren zum Beweis der eigenen Stärke war nichts, was ihn mit Begeisterung oder gar Bewunderung hätte erfüllen können.
»Majestät«, fuhr er fort, »ich habe wichtige Neuigkeiten aus Aachen.«
Die Erwähnung seiner künftigen Hauptstadt ließ Karl aufmerken. Er sagte seinen Töchtern, dass er gleich zurückkäme, und entfernte sich mit Einhard weit genug von der Jagdgesellschaft, um sicher sein zu können, dass kein unbefugtes Ohr ein Wort ihrer Unterhaltung würde hören können. Hinter einer der Säulen blieben sie schließlich stehen.
»Also, was ist? Gibt es Probleme mit dem Schießpulver? Oder den Gewehren?«
»Nichts dergleichen, mein König«, antwortete Einhard, »doch ich habe von den neuen sächsischen Gefangenen wichtige Informationen
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