Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
des Perserreiches hatte der General abseits am Fuße des großen Felsens zusammengezogen, mit dem strikten Befehl, sich nicht zu rühren. Nichts konnte ihm weniger gelegen kommen, als wenn dieses buntscheckige Meer von Menschen sich plötzlich in Bewegung setzen und alles mit sich reißen würde.
Von den hohen Offizieren war nur Bahram bei Meh-Adhar, die übrigen befanden sich wieder bei ihren Truppen, nachdem der General eine Weile zuvor zu ihnen gesprochen hatte. Er hatte ihnen noch einmal die Grundzüge seiner Strategie eingeprägt und dann den Segen Ahuramazdas erfleht, auf dass Mithras, der Mitstreiter des Lichtgottes, den Soldaten des Shahinshah beistehen möge. Nun waren um ihn nur noch einige Signalhornisten und zwei Dutzend berittener Ordonnanzen, die bereitstanden, um die Befehle des Generals schnell zu übermitteln, falls es sich als nötig erweisen sollte, rasch auf unerwartete Entwicklungen zu reagieren.
Obgleich alle Vorbereitungen zur Zufriedenheit abgeschlossen waren, fiel Bahram der nachdenkliche Gesichtsausdruck des Generals auf. Er zögerte eine Weile, dann aber überwand er sich. »Exzellenz, bereitet Euch etwas Sorgen?«
Meh-Adhar schaute bewegungslos nach Norden. Es dauerte einen Moment, bis er antwortete: »Sorgen … nein, das wäre das falsche Wort. Aber wenn ich an die kommenden Stunden denke … Ihr wisst, dass ich das Heer Westroms immer bewundert und als mein Ideal betrachtet habe. Und nun sieht es so aus, als würde ich seine Vernichtung zu verantworten haben. Ich werde zerstören, was ich verehre. Könnt Ihr Euch vorstellen, was das für mich bedeutet, Bahram?«
»Exzellenz, es muss furchtbar sein. Aber bedenkt, welchen Ruhm …«
»Ruhm?«, schnitt der General Bahram den Satz ab. »Nein, auf diesen Ruhm kann ich gut verzichten. Was ich heute zerschlage, wird für alle Zeiten verloren sein, das ist nichts, worauf ich jemals stolz sein könnte!«
»Ich glaube, Ihr irrt Euch, Exzellenz. Westrom hat mehr als eine Niederlage ohne dauerhaften Schaden überstanden in seiner langen Geschichte, und auch die Legionen werden wiedererstehen.«
Wenn Ihr wüsstet, Bahram!, dachte Meh-Adhar. Ja, wenn Ihr eine Ahnung hättet, was der Grund für diesen Krieg ist … Wenn ich heute siege, werde ich ein Reich in die Bedeutungslosigkeit stoßen und ein anderes dem Zugriff der Barbaren ausliefern, mit denen sich der Shahinshah verbündet hat. Westrom wird untergehen, und mit ihm die Legionen, deren Marschtritt seit tausend Jahren von den glühenden Wüsten Afrikas bis zu den ewig kalten, düsteren Wäldern des Nordens den Boden erzittern ließ. Es wird alles vorbei sein, alles.
Hufschläge rissen Meh-Adhar aus seinen bedrückenden Gedanken.
Eine berittene Ordonnanz kam den Hang heraufgeprescht, brachte das Pferd vor dem General zum Stehen und meldete, dass die Eisenmänner nun in Position waren.
Damit hatten alle Einheiten des Heeres die ihnen zugewiesenen Plätze eingenommen, und Meh-Adhar klopfte mit den Fingerknöcheln auf die verzierte Scheide seines Prunkschwerts.
»Dann ist jetzt alles bereit, und nur die Römer, deretwegen wir hier sind, fehlen noch. Nun denn, warten wir.«
Der General schaute noch einmal hinunter auf seine Streitmacht. Die Täuschung war perfekt, es wirkte in der Tat, als stünde dort in der Ebene nur eine zum Abrücken bereite Marschkolonne. Selbst der misstrauischste unter den römischen Befehlshabern würde bei diesem Anblick keinen Verdacht schöpfen können.
In diesem Moment wurden die Geräusche einer sich nähernden Gruppe von Reitern in schweren, klirrenden Rüstungen hörbar. Ein Trupp Berittener kam den Pfad zur Anhöhe herauf, und schnell erkannte Meh-Adhar, dass es sich um den Prinzen in Begleitung eines Dutzends seiner Gardisten handelte.
»Ich hatte gehofft, dass er länger schlafen würde«, murmelte der General so leise, dass nur Bahram es verstehen konnte.
Die Reiter erreichten die Höhe und kamen nahe bei den Offizieren zum Stehen; Bahram und Meh-Adhar verneigten sich vor Prinz Ardashir.
»Ich grüße Euch ehrfürchtig, mein Prinz. Es ist uns eine große Ehre, dass Ihr der Schlacht beizuwohnen gedenkt.«
»Beiwohnen, General?«, erwiderte Ardashir ungnädig. »Unsinn, ich bin hier, um meine Armee zu führen, so wie es dem Oberbefehlshaber zukommt! Merkt Euch das!«
Er stieg vom Pferd, und Meh-Adhar war alarmiert, wenn er es sich auch nicht anmerken ließ. Dass der Prinz offenbar den Entschluss gefasst hatte, das Kommando während der Schlacht zu
Weitere Kostenlose Bücher