Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
Zeiten sicher.«
»Verzeiht, wenn ich Euren Enthusiasmus nicht teile, Konstantin. Aber ich finde wenig Schönes am Anblick einer Stadt, die in Trümmer fällt.«
»Gewiss, was dort an Werten zu Asche zerfällt ist ärgerlich«, sagte der Grieche, »doch Ihr solltet die andere Seite sehen. Das alte Ctesiphon ist tot, es wird nie wieder auferstehen. Hier wird eine römische Stadt emporwachsen, als Sitz des Procurators der neuen oströmischen Provinz Persia. Sie soll den Namen Eures Geschlechts tragen, Scorpiopolis, zur ewigen Erinnerung an Eure Verdienste sowie als bleibendes Zeichen Eures Ruhms!«
Rufus lächelte matt. »Nein, Konstantin, die Ehre gebührt mir nicht. Den Ruhm, falls Ihr ihn begehrt, möchte ich gerne Euch überlassen.«
»Eure Bescheidenheit zeugt von Eurem edlen Charakter. Ihr seid ein Römer der alten Tugenden, und ich wünschte, nur einige in meinem Reich hätten wenigstens einen Bruchteil Eures Wesens. Wie viele meiner Sorgen würden damit von mir genommen. Doch da fällt mir ein, was ist mit dem Shahinshah und dem Prinzen? Wisst Ihr, ob man von ihrem Verbleib gehört hat?«
Rufus schüttelte den Kopf. »Nein, wenigstens nicht, was den Prinzen betrifft. Doch von Hormuzan wissen wir, dass er tot ist. Gefangene Diener haben berichtet, er sei am Schlag gestorben, als sein Sohn ihm die Nachricht von der Niederlage überbracht hat. Und ich denke, dass es wahr ist. Das würde erklären, wieso die Verteidigung so kopflos, so ohne jede Ordnung war.«
Ein helles Krachen durchdrang die Luft und übertönte alle Geräusche des Grauens. Es kam vom großen Tempel des Ahuramazda, der inmitten Ctesiphons aus dem verschachtelten Häusermeer aufragte. In dem großen Bauwerk, überwölbt von einer monumentalen Kuppel, loderte Feuer, Flammen schlugen aus den hohen Fenstern und leckten an den Außenmauern empor. Die mächtige Kuppel war bedeckt mit Tausenden und Abertausenden glänzend glasierter Kacheln, die in unendlicher Brechung das Licht des Mondes reflektierten. Und diese Kacheln waren nun durch die Hitze im Inneren des Tempels so sehr erhitzt, dass sie mit grellem Knirschen zu bersten begannen.
Eine kleine Gruppe von Prätorianern war auf die Dachterrasse gekommen, in ihrer Mitte führten sie einen Gefangenen.
Ein Centurio trat vor und salutierte. »Salve, Imperator. Wir haben diesen Mann aufgegriffen, als er durch eine Pforte in der Palastmauer zum Flussufer zu entkommen versuchte.«
Rufus betrachtete den Mann in den schlecht sitzenden Kleidern eines Dieners. Er war eine geradezu jämmerliche Erscheinung. Bleich vor Angst, mit verängstigten Gesichtszügen stand er dort; er atmete flach und schnell, Angstschweiß glitzerte auf seiner Stirn. Nichts Bemerkenswertes war an diesem Menschen, und dennoch musste es einen Grund geben, warum die Prätorianer es für nötig befunden hatten, ihn zum Imperator zu bringen.
»Was ist Besonderes an diesem Mann, dass Ihr meint, ihn mir vorführen zu müssen?«, fragte Rufus den Centurio.
»Seine Schuhe sind uns aufgefallen, Imperator«, antwortete der Prätorianer. Der Blick des Kaisers wanderte hinab zu den Füßen des Gefangenen. Sie steckten in einem Paar prächtiger seidener Pantoffeln, bestickt mit Goldfäden und mit Reihen schwarzer und weißer Perlen besetzt. Keinesfalls war dies das Schuhwerk eines gewöhnlichen Dieners.
»Nur persische Adlige von außergewöhnlich hohem Rang dürfen solche Schuhe tragen«, meinte Konstantin überrascht.
»Ich weiß … es ist nur Angehörigen des Königshauses gestattet. Nicht wahr …?«, sagte Rufus.
Die Worte zeigten umgehend Wirkung. »Gnade!«, rief der Mann aus und fiel vor Rufus Scorpio auf die Knie. »Bitte verschont mich! Ich werde Euch auch die Wahrheit sagen, ich bin Prinz Ardashir! Nur tötet mich nicht!«
Dieses Geständnis kam für die beiden Kaiser unerwartet, denn sie hatten angenommen, dass der Prinz seiner zum Untergang verurteilten Hauptstadt längst den Rücken gekehrt hätte, um in die östlichen Provinzen seines zerfallenden Reiches zu fliehen.
Doch für Verwunderung blieb keine Zeit, denn Ardashir flehte Rufus weiter an: »Mächtiger, großer Imperator! Ich bitte Euch! Ich will Euch auch Dinge von größter Wichtigkeit sagen, wenn Ihr mir das Leben lasst!«
Rufus Scorpio fühlte sich vom jammernden, weinerlichen Betteln des Prinzen angewidert. In seinen Augen war dies das unwürdigste Schauspiel, das ein geschlagener Herrscher bieten konnte, nämlich vor dem Sieger um das eigene Leben zu
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