Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
waren der Überzeugung, dass die Angreifer mit dem Teufel im Bunde sein mussten, sodass auch die geschickteste Kriegslist sie nicht würde aufhalten können. Hinzu kamen die niederdrückenden Meldungen vom raschen Vormarsch der Franken. Die Gesichter waren geprägt von Resignation und der Bereitschaft, sich in das dem Anschein nach Unvermeidliche zu fügen. Doch der störrische Wille, dem Gegner Widerstand zu leisten, war stärker. Er hielt die Körper in Bewegung und sorgte so dafür, dass sich die Gräben mit ölgetränktem Stroh füllten.
»Meine Späher melden, dass die Franken noch an diesem Nachmittag hier erscheinen werden«, sagte General Vivilo, der Befehlshaber der VI. Legion, dem kurz zuvor eingetroffenen Marcellus Sator.
»Können wir es bis dahin schaffen?«, fragte der Präfekt besorgt. Die beiden Männer standen in der Nähe der Brücke, die sich über die trockene Rinne des Kanals spannte, unter einem Sonnendach aus weißem Leinen und betrachteten eine Landkarte. Sie zeigte die ehemaligen Reisfelder mit allen Bewässerungsgräben, pedantisch genau vermessen und eingezeichnet.
»Wir haben es sogar schon geschafft, Präfekt«, antwortete der Offizier nicht ohne Stolz. »Es war nicht einfach, aber es ist gelungen. Die Menschen, die Ihr dort auf der Straße seht, kehren gerade vom Auffüllen der letzten Gräben zurück.«
»Gut. Eure Männer wissen genau, was sie zu tun haben?«
»Ja, und sie bereiten sich schon vor. Die ersten Einheiten beziehen bereits die ihnen zugewiesenen Positionen. Euer Berater, der Angelsachse, der diesen Plan entwickelt hat, ist dort und überwacht die Ausführung der Anweisungen.«
Marcellus Sator sah noch einmal auf die Karte, dann schaute er auf und ließ seinen Blick über die vor Hitze flirrende gelbliche Ebene schweifen, die sich nun wieder menschenleer und nichtssagend zwischen Meer und Hügeln erstreckte. Und erst da fiel ihm etwas auf, nämlich dass dies der gleiche Ort war, an dem fast 260 Jahre zuvor die Franken kampflos das Feld geräumt hatten, nachdem sich ihr König Theudebert hatte täuschen lassen. Ob die Franken daran denken werden, wenn sie angreifen?, fragte sich Marcellus. Er hoffte es sehr. Denn dann würden sie vielleicht den Gestank des Öls nicht bemerken, der im glühenden Sonnenschein aus den Gräben aufstieg.
»Zum Teufel, wo warst du?«, rief Franklin gereizt Andreas entgegen, der gerade vom Pferd stieg. »Ich habe hier alle Hände voll zu tun, und du warst gestern den ganzen Tag einfach verschwunden!«
Der Ostgote drückte die Zügel einem herbeigeeilten Legionär in die Hand und erwiderte: »Damit du es nur weißt, ich war bei meiner Verlobten! Ich habe Claudia seit Monaten nicht mehr gesehen. Du solltest wissen, wie das ist.«
»Oh ja, natürlich!«, sagte Franklin stechend. »Und, habt ihr euch schön vergnügt? Oder bist du jetzt vielleicht zu erschöpft, um mir hier zu helfen?«
»Was willst du damit andeuten?«, entfuhr es Andreas wütend.
Franklin machte eine beschwichtigende Handbewegung: »Nichts, gar nichts. Das ist mir nur so rausgerutscht … entschuldige bitte. Die ganze Hetze hier geht mir so an die Substanz, dass ich in die Luft gehen könnte, da kommen dann auch schon mal unüberlegte Worte raus. Tut mir leid.«
Andreas beruhigte sich wieder. »Schon gut, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich hätte dir ja auch vorher sagen können, was ich vorhabe … aber daran hatte ich gar nicht gedacht. Ich bin also nicht ganz unschuldig.«
Er schaute sich um und sah, dass die Truppen ihre Positionen eingenommen hatten. In einer langen, dünnen Reihe säumten die Soldaten Schild an Schild das Ufer des Kanals und blickten hinaus auf die leblos vor ihnen liegende Ebene. Hinter ihnen standen in regelmäßigen Abständen die wenigen vorhandenen Bogenschützen neben eisernen Becken voller glühender Kohlen, und auch im Schutze des ausgetrockneten Kanals kauerten Soldaten mit glimmenden Holzscheiten.
Und sie blickten hinaus auf die flimmernde Ebene und warteten.
Der Boden erzitterte unter dem Stampfen zehntausender Pferdehufe, die Luft war erfüllt vom Klirren der Waffen und Rüstungen. Unter einer Wolke hoch aufgewirbelten Staubs bewegte sich das fränkische Heer entlang der Via Aurelia schnell südwärts auf Rom zu. Die vorderste Kolonne bildeten die dragonarii, der Stolz des Frankenheeres. Ihren Einheiten ritten Fahnenträger mit den Feldzeichen in Form eines furchterregenden, Feuer speienden Drachen voraus,
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