Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
die Hörner erklangen. Die dragonarii strafften bereits die Zügel, um ihre Pferde augenblicklich zum Stillstand bringen zu können. Nur noch Augenblicke …
»Jetzt!«, rief Franklin, und die Trompeter verbreiteten den Befehl entlang der römischen Linien. Die Bogenschützen entzündeten ihre in Öl getauchten Pfeile in den Kohlebecken und spannten ihre Bögen. Dann schwirrten die brennenden Pfeile über die Köpfe der vor ihnen stehenden Soldaten hinweg auf die Franken zu. Einige der dragonarii hoben erstaunt die Köpfe, als die Geschosse ihre Bahn über den Himmel zogen, um dann in ihrer Richtung niederzugehen. Und in manchen Gesichtern spiegelte sich bereits eine unbestimmte Ahnung nahenden Unheils.
Im gleichen Moment standen die in der Vertiefung des Kanals wartenden Legionäre auf und warfen ihre glimmenden Holzscheite in die ihnen am nächsten liegenden Bewässerungsgräben. Sofort stand das ölgetränkte Stroh in Flammen, und das Feuer fraß sich mit unglaublicher Geschwindigkeit voran.
Einige Pferde schreckten laut wiehernd zurück, als die brennenden Pfeile herabfielen, Reiter rissen entsetzt an den Zügeln. Vereinzelte Schmerzensschreie gellten, aber die weitaus meisten Geschosse bohrten sich in den Boden und setzten das trockene Gras in Brand. Manche fielen auch in die Gräben, sodass auch dort Feuer aufloderte und sich schnell fortpflanzte.
Die Zungen vorwärtseilender Flammen leckten über die Ränder der Gräben und ergriffen das knochentrockene Gras auf den alten Reisfeldern, Mauern von Feuer schossen empor. Das Feuer schien plötzlich überall zu sein. Es rannte in schnurgeraden Linien auf die Reihen der Reiter zu und ließ die Pferde scheuen. Es umschloss die Franken, die sich hektisch nach allen Seiten umsahen und nach einem Fluchtweg suchten.
Aber es gab keinen mehr.
Die Ebene verwandelte sich binnen weniger Augenblicke in eine Flammenhölle, die Feuerwände fraßen sich unaufhaltsam ihren Weg in Richtung der sich teils zusammendrängenden, teils panisch auseinandersprengenden Franken. Kreischen und grelles Brüllen ließen ahnen, dass das Feuer die ersten lebenden Körper erfasst hatte.
» Nein!«, schrie Wibodus. Er schlug mit den Fäusten auf das harte Leder seines Sattels und rief es immer wieder, während seine Offiziere wie der ganze Rest des fränkischen Heeres in sprachlosem Entsetzen mit ansehen mussten, was mit den dragonarii geschah.
Eine riesige, hoch aufsteigende Wolke beißenden, schwarzen Rauchs, aus der nur einzelne Feuerzungen hervorzuckten, hatte sich nun ausgebreitet und verdeckte die Szenen des Grauens. Aus dem hässlich wallenden Qualm drang ein grässlicher Lärm, der allen das Blut in den Adern stocken ließ. Es waren die Schreie der Menschen und Pferde, die dort bei lebendigem Leibe verbrannten. Und immer wieder übertönte das scharfe Krachen explodierenden Schießpulvers die Laute des Horrors. Aus dem dunklen Rauchvorhang brachen einzelne Tiere und Männer hervor, lebende Fackeln, am ganzen Körper brennend, brüllend, ziellos rennend, bis sie zusammenbrachen und vom Feuer verzehrt wurden.
Der Gestank verbrannten Fleisches legte sich über die Ebene und hüllte alles ein.
Es dauerte nur eine kurze Weile, dann erstarben die Schreie aus dem finsteren Inferno nach und nach. Das Feuer erreichte die gepflasterten Wege, die sich um die alten Felder zogen, breitete sich nicht weiter aus und verlosch langsam, nachdem es alle erreichbare Nahrung verzehrt hatte. Der Qualm löste sich schleichend in der windstill ruhenden Luft auf und gab den Blick frei auf das Szenario der Vernichtung.
Überall lagen verkohlte, bis zur Unkenntlichkeit entstellte Körper von Pferden und Menschen, manche in grotesk verzerrter Haltung. Rauch stieg aus ihnen auf. Sie waren verteilt über eine kahle, schwarze Fläche, auf der nicht die geringste Spur von Leben zurückgeblieben war.
Gespenstische Stille herrschte auf beiden Seiten des Todesfeldes. Die Franken waren erstarrt. Die Römer brachten es nicht fertig, in Siegesjubel auszubrechen. Und viele erbrachen sich.
»Wir haben gewonnen«, sagte General Vivilo leise. Es klang ernüchtert, bedrückt. Kein Triumph lag in seiner Stimme.
»Nein«, entgegnete Marcellus Sator und sah hinaus auf die qualmende, verbrannte Ebene. »Wir haben nur keine Niederlage erlitten.«
Mit bleichem Gesicht starrte Andreas auf das Leichenfeld. »Oh mein Gott«, presste er mühevoll hervor. »Franklin, was haben wir getan? Sieh dir
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