Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
Vom Netzwerk:
von den Sätteln der Soldaten hingen die geladenen und griffbereiten Gewehre. Ihnen folgten die Panzerreiter, deren schier endloser Zug durch die senkrecht zum Himmel emporragenden Lanzen von ferne an ein schreckliches Fabeltier, eine gewaltige stachelbewehrte Echse erinnerte. Nach ihnen kam der Tross mit den Packtieren, bewacht von der leichten Kavallerie. Allen voran jedoch zogen Dutzende von Trommlern und Trompetern, deren dumpfe, drohende Klänge die Luft vibrieren ließen und weithin hörbar waren. Und an der Spitze dieses gewaltigen Heerzugs ritt General Wibodus, umgeben von den wichtigsten Kommandeuren und gefolgt von einer Schar Adjutanten und Ordonnanzen.
    Der General hatte den federgeschmückten Helm abgenommen, sein kahl rasierter Schädel glänzte schweißnass und der ungewohnt grelle Sonnenschein hatte die wulstige Narbe gerötet. Doch das störte ihn nicht, er bemerkte es nicht einmal. Er sah sich auf dem Weg zu einem Triumph, der größer war als jeder andere, den ein fränkischer Heerführer je errungen hatte; zu einem Sieg, der ihm Unsterblichkeit verleihen würde. Keine Armee der Welt konnte ihn aufhalten, dessen war er sich nun sicher. Eine Woche zuvor hatte er mit eigenen Augen gesehen, wie tausend als Vorhut ausgesandte dragonarii eine gewiss um das Sechsfache überlegene Streitmacht römischer Auxiliartruppen fast völlig aufgerieben hatten, ohne selber auch nur einen einzigen Mann zu verlieren. Zum ersten Mal hatte er die vernichtende Macht des geballten Salvenfeuers auf dem Schlachtfeld erleben können; reihenweise waren die Römer tot zu Boden gesunken, noch ehe sie auf weniger als siebzig Schritt an die Franken hatten herankommen können. Wibodus wusste nun, dass es kein Heer gab, das ihn hätte aufhalten können, kein Reich, das er mit diesen Waffen nicht in die Knie hätte zwingen können. Und in einem Winkel seines Hirns keimte bereits der Gedanke, ob es nicht bald an der Zeit sein mochte, dass der König mit seinem Wahn, einem nebelhaften Gegenstück seiner selbst nachzueifern, den Thron zu räumen hätte und dass das Geschlecht der Karolinger dem Haus der Wibodianer weichen müsste …
    »General! Die Römer!«
    Wibodus wurde durch den Ruf eines heranpreschenden Spähers unvermittelt aus seinen Gedanken gerissen.
    Der Kundschafter im leichten Kettenhemd zügelte sein Pferd, legte die Faust zum Gruß an die Brust und meldete: »General, die Römer haben etwa eine Meile von hier Stellung bezogen.«
    Wibodus zog die buschigen Augenbrauen in die Höhe. »Wie viele sind es? Und wie haben sie sich aufgestellt?«
    »Ich habe die Feldzeichen einer Legion und von zwei turmae Auxiliartruppen erkennen können. Sie stehen in einer langen Reihe hinter einem breiten, trockenen Kanal, zu beiden Seiten einer Brücke.«
    Grinsend zupfte Wibodus an den Enden seines herabhängenden Schnurrbartes. »Das muss die VI. Legion sein, von der man uns berichtet hat, dass sie in Italien zurückgelassen wurde … Sehr gut, nun haben wir sie. Ich will es mir selber ansehen, dann werde ich entscheiden, wie wir vorgehen werden.«
    Er hieb dem Pferd die Sporen in die Flanken und ritt los, gefolgt von den Offizieren und Ordonnanzen.
    Hornsignale erschallten, und das gesamte Heer beschleunigte sein Tempo zum raschen Trab.
      
    »Hat man schon jemals so viel Dummheit gesehen?«, sagte Wibodus zu General Fulrad. »Offenbar hat der römische Kaiser alle halbwegs fähigen Offiziere auf den Feldzug mitgenommen und nur einige Schwachköpfe hier zurückgelassen.«
    Wibodus verzog den Mund zu einem höhnischen Lächeln. Der Anblick, der sich ihm hier bot, schien in der Tat ein Beweis für militärische Inkompetenz zu sein. Er stand mit seinem Stab etwa eine Viertelmeile vor der lang gezogenen römischen Schlachtlinie, die sich auf der anderen Seite eines trocken liegenden Kanals formiert hatte. Dazwischen lag nichts weiter als eine mit gelblich vertrocknetem Gras bewachsene Ebene.
    »Die Absicht des römischen Feldherrn ist viel zu offensichtlich«, meinte General Fulrad, und Wibodus nickte zustimmend. Der breite Graben würde es der Kavallerie unmöglich machen, die römische Linie frontal anzugreifen. Der einzige für Reiter problemlos passierbare Übergang war dort, wo die Via Aurelia auf einer Brücke über den Kanal führte. Doch die Brücke war für eine schwungvolle, effektive Attacke viel zu schmal, höchstens vier oder fünf Panzerreiter nebeneinander hätten auf ihr Platz gehabt, die dann selbst von einer kleinen

Weitere Kostenlose Bücher