Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
Befehlshaber rechnete mit einem fürchterlichen Wutausbruch. Es kam jedoch anders, denn der General schien plötzlich auf der Landkarte etwas entdeckt zu haben, das seine Aufmerksamkeit erregte. Er legte den Finger auf eine dünne, blaue Linie, die am Lacus Sabatinus ihren Anfang nahm, sich nahe des Ortes Careiae aufspaltete und dann auf getrennten Wegen auf Rom zulief.
»Aqua Traiana und Aqua Alsietina«, sagte er und klopfte mit der Fingerspitze auf das Pergament, »das sind doch Wasserleitungen, oder? Oberst Waldo, ihr wart vor einigen Jahren schon einmal in der Stadt. Sind diese Leitungen wichtig für Rom?«
»Normalerweise nicht, General«, antwortete der Oberst. »Sie sind nur zwei von sieben Aquädukten, die Rom mit Wasser versorgen. Doch momentan könnten sie lebenswichtig für die Stadt sein. Bei meinem Aufenthalt vor vier Jahren litt Italien unter einem fast ebenso heißen und langen Sommer, wie wir ihn dieses Jahr erleben. Die übrigen fünf Leitungen, die von den Quellgebieten in den Bergen östlich des Tiber gespeist werden, waren damals beinahe völlig versiegt. Doch diese zwei Aquädukte brachten genug Wasser heran, dass damit die ganze Stadt ohne Einschränkungen versorgt werden konnte, selbst die Bäder blieben geöffnet. Es ist gut möglich … nein, ich bin mir ganz sicher, dass es in diesem Jahr nicht anders aussieht.«
General Wibodus strich sich über den Schnurrbart. Die Veränderung seiner Miene vom Zorn hin zu einem bösen, hintergründigen Grinsen verriet, dass er im Begriff war, einen Ausweg aus der verfahrenen Situation zu erdenken.
»General Wigbert«, sagte er unerwartet, »wie viele dragonarii stehen uns noch zur Verfügung?«
»Nicht mehr viele. Es sind etwa fünfzig unversehrt oder nur leicht verletzt. Zu wenige für einen Angriff«, antwortete der Offizier betrübt.
»Sie sollen nicht angreifen, sondern abwehren. Oberst Waldo hat recht, eine ganze Armee von Reitern durch das Hügelland zu schicken, ist unmöglich. Doch fünfzig Mann würde niemand bemerken … ruft mir alle noch tauglichen dragonarii zusammen.« Er schwieg kurz, als ob er über einen Gedanken, der ihm während des Sprechens gekommen war, nachsinnen musste. Dann fügte er hinzu: »Und ich will umgehend wissen, ob es unter den Soldaten Männer gibt, die so rasch wie möglich einige Katapulte bauen können.«
46
Rom
In der Villa des Marcellus Sator
»Ist das wirklich wahr?«, fragte Andreas ungläubig und überrascht.
Claudia nickte freudig. »Ja, absolut. Vater hat es mir selber erzählt, und ich konnte es zuerst auch kaum glauben. Ist das nicht wunderbar? Andreas, ich bin so stolz auf dich!«
Sie saßen im Garten der Villa des Präfekten, auf dem Rand des jahrhundertealten Marmorbrunnens. Aus dem Mund des von Grünspan überzogenen bronzenen Satyrkopfes trat in sanftem Bogen ein mit ruhiger Gleichmäßigkeit plätschernder Wasserstrahl. Eben hatte Andreas von Claudia die beinahe unfassbare Neuigkeit erfahren, die ihm fast den Atem geraubt hatte.
So bald wie möglich sollte ihre Hochzeit stattfinden, das hatte die Kaiserin selbst entschieden. Und die Zeremonie sollte in der ehrwürdigen Peterskirche stattfinden, Papst und Episcopus Magnus selber würden die Trauung vollziehen und den Segen sprechen, als wäre es eine Hochzeit des Kaiserhauses. Damit aber nicht genug, Krista Scorpia hatte angekündigt, dass sie bei der Trauung anwesend sein würde.
Andreas war sprachlos, aber auch unbeschreiblich glücklich.
»Krista hat zu Vater gesagt, dass du es definitiv verdient hättest«, meinte Claudia und ergriff Andreas’ Hand. »Und ich bin ganz ihrer Meinung. Jetzt, da ich weiß, was du Großartiges geleistet hast … wirklich, dir sollten noch viel größere Ehrungen zustehen.«
»Für mich ist es Belohnung genug, dass ich endlich wieder bei dir bin«, sagte Andreas bescheiden. Aber er gab sich keine Mühe, das Lächeln zu verbergen, mit dem er deutlich zeigte, wie froh es ihn machte, Claudia in einem solchen Rahmen vor den Altar führen zu dürfen. Es hatte zwar nie einen Zweifel gegeben, dass die Familie der Scorpii ihren Teil zur Hochzeit beitragen würde; schließlich handelte es sich bei Claudia um die Kusine des Kaisers. Doch dies war mehr, als er je zu träumen gewagt hätte.
Plötzlich bemerkte er, dass sich Claudias Miene veränderte. Unvermittelt verschwand das Lachen und wich einem Ausdruck angespannter Aufmerksamkeit. »Etwas stimmt nicht«, sagte sie mit einer düsteren
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