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Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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zwei Schritte von ihm entfernt.
    Kay blinzelt und senkt seinen Blick. Nervös spielen seine Finger an dem Saum des Pullunders und sein Blick ist auf den glänzenden Holzboden geheftet. Noch jedoch steht die Tür zu seinem Inneren einen Spaltbreit offen. Mit hämmerndem Herzen wage ich mich weiter vor, strecke die Fingerspitzen meiner herabhängenden Hand behutsam vor, berühre seine dabei.
    Kay zuckt zusammen. »Nicht«, flüstert er, aber es klingt wenig überzeugend.
    »Kay … Wer bist du?«
    Langsam hebt mein Scout seinen Kopf, seine fast schwarzen Augen glitzern feucht, als er meine Hand greift und mich an sich zieht. Seine Lippen öffnen sich, streifen die meinen, fahren über meine Wange, gleiten über meinen Hals, Zähne zupfen an meinem Ohrläppchen …
    Im ersten Moment versteife ich mich irritiert, fast schon verärgert über seinen abrupten Sinneswandel.
    Starr versuche ich zu verstehen, was Kay überkommen hat. In den wenigen Stunden, die wir gemeinsam verbracht haben, hat er mir bestenfalls knappe Anweisungen erteilt, mich angetrieben, mich belehrt und kaum, dass ich ein Kleid trage, fällt er über mich her?
    Kay hält immer noch meine Hand umklammert und ich biege die Finger gerade, um seinem Griff zu entkommen, denn wenn ich mich jetzt nicht löse, werde ich seinen immer fordernder werdenden Liebkosungen nicht länger standhalten können. Doch mein Scout scheint meinen schwindenden Widerstand zu spüren … Seine freie Hand greift in meinen Nacken, er presst mich an sich, findet meinen Mund … Meine Lippen öffnen sich, ohne dass mein Verstand es ihnen erlaubt hätte, unwillkürlich gehe ich auf die Zehenspitzen, strecke mich, ergebe mich seinem Drängen, und eine unendliche Weile verschmelzen wir so selbstverständlich miteinander, als ob wir uns bereits eine Ewigkeit kennen würden. Alles andere ist unwichtig. Ich will nicht denken, nur spüren, den Moment festhalten, ihn nie enden lassen. Aber ein gleichtönendes Piepen drängt sich zwischen uns. Es wird nicht lauter, macht sich jedoch beharrlich bemerkbar.
    Kay wendet stöhnend sein Gesicht ab. Ich stehe nach wie vor auf Zehenspitzen und versuche, seinen Mund zu erreichen, doch als ich sehe, wie sich sein Gesicht wieder verschließt, wanke ich benommen zurück.
    Kay schluckt hart. »Es tut mir leid, ich wollte das nicht … Ich sollte das nicht. Es ist unverzeihlich«, murmelt er und dreht sich zum Fenster.
    Es piept weiter.
    Verwirrt und aufgewühlt weiß ich nicht, wie ich auf Kay reagieren soll. Eine Seite von mir will auf seinen breiten Rücken eintrommeln, ihn anschreien, ihm klarmachen, dass ich nicht sein Spielball bin, die andere will ihn umdrehen und sein makelloses Gesicht berühren. Ich tue nichts von beidem. Stattdessen schaue ich auf den verdammten Marker, der mich beständig piepend aus diesem Traum gerissen hat.
    Ein in eckigen Linien umrissenes Herz pulsiert rot auf meinen Lebenslinien, daneben drei Worte: »Plus sechzig Minuten«. Bevor ich begreife, was es damit auf sich hat, erlischt die Botschaft und statt ihrer wird wieder die verbleibende Zeit angezeigt. »Vier Tage, null Stunden, zwei Minuten.«
    Plötzlich sehe ich die in virtuellen Herzen versinkende Baronin vor meinem geistigen Auge, rufe mir ihre Worte in Erinnerung: »Alison und Kay, die ewige Liebe … Doch leider konnte ich keinen Esprit zwischen euch ausmachen … Zwölf Strafpunkte und das auch nur, weil ich ein viel zu großes Herz habe.«
    Und endlich verstehe ich! Die Zuschauer, die Jury, sie wollen Kay und mich als Paar sehen, sie haben uns ausgewählt, damit wir uns ineinander verlieben, damit wir noch mehr leiden als ohnehin schon, damit wir zerbrechen, wenn wir auch uns verlieren, irgendwann, wenn all dies ausgestanden ist, damit die Quoten stimmen, damit die Show nicht stirbt.
    »Ist es das, was ihr wollt?«, schreie ich und drehe mich im Kreis, in der Hoffnung irgendwo eine Kamera oder ein Mikrofon auszumachen, das meine Stimme in die Zukunft trägt. Natürlich kann ich nichts entdecken, brülle trotzdem meine ganze Enttäuschung, meine Verzweiflung und Hilflosigkeit heraus: »Ein Liebespaar wollt ihr, ja? Heiße Küsse, romantische Momente, Liebe sehen, echte Gefühle für eine Stunde Extrazeit? Das könnt ihr haben! Da sind meine Gefühle!« Mit meinen Fäusten trommle ich auf Kay ein, der sich umgedreht hat und ungerührt meine Attacke über sich ergehen lässt. »Hier habt ihr echte Gefühle! Vollidiot!« Ich treffe Kay auf der Brust.

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