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Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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aber eben im Begriff, uns die Innenstadt anzusehen. Vielleicht finden wir noch etwas Glamouröseres für meine Assistentin. Wenn Sie uns also entschuldigen würden …«
    »In Mill Valley? Na, das glaub ich nun nich!« Unser Gegenüber kratzt sich nachdenklich am Kinn.
    Nervös werfe ich einen Blick in meine hohle Hand. Kay hat Recht. Wir sind derartig auffällig, dass unsere erste Priorität andere Kleidung sein muss, sofern wir nicht dauernd angesprochen werden wollen. Gut dreißig Minuten sind bereits verstrichen und ich hoffe inständig, dass die Jury uns die verbleibenden knapp vier Tage lässt. Bisher jedoch scheinen wir alles richtig zu machen.
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen … Wir werden sicherlich etwas Passendes finden«, sagt Kay eben.
    »Was finden?«
    »Al- Susanna, Mr Walden hat uns gerade angeboten, seinen Kostümfundus zu durchstöbern«, erklärt Kay.
    Während wir durch den Hintereingang in das Kino eintreten, unterhalten sich die Männer, als wären sie gute Bekannte. »Mir war nicht bewusst, dass das Kino ebenfalls als Theater genutzt wird.« Kay sieht sich mit großen Augen um, während wir einen mit flackernden Glühbirnen beleuchteten Korridor hinuntergehen.
    »Aber natürlich! Oder meinen Se, vom Film allein könnte ein Betreiber wie ich überleben? Solche goldenen Zeiten werden wohl nie kommen. Allein die ganzen Ausgaben! Die Umrüstung auf Ton hat mich ein kleines Vermögen gekostet, und ständig is was kaputt!«
    Er stößt eine Tür auf, die uns den Blick auf an die Wand gestapelte, monströse Filmrollen freigibt. Ein blasser Junge hängt über den Enden zweier Bänder und betrachtet sie mit der Lupe. Als er uns endlich bemerkt, gleitet ihm das Band aus der Hand und er flucht leise.
    »Noch fünf Flicken, Chef. Machen Sie sich keine Sorge, wird alles zusammengenietet bis heute Abend. Das krieg ich schon hin.«
    »Das will ich doch hoffen! Wir sind ausverkauft, Junge!« Jimmy Walden hustet Zigarrenqualm in den kleinen Raum. »Übrigens, das hier is der Zauberer und seine Kleine, die dürfn sich was ausm Kostümfundus leihn. Brauchst also nich zusammenzuschrecken und alles fallen lassen, wenn du die beiden siehst, hörste, Joe?«
    Der Junge streckt seinen Hals, um einen zweiten Blick auf Kay zu werfen, aber der hat sich in eine dunklere Ecke den Gang hinunter zurückgezogen.
    Joe blinzelt. »Ernsthaft? Ich hab gedacht, der würde zum alten Hill gehörn. Sein Fahrer oder so … Bis auf die Bemalung im Gesicht sieht er dem Burschen vom Hill zumindest verflucht ähnlich. Entschuldigen Sie den gottlosen Ausdruck, Lady.«
    Der letzte Satz galt mir, da ich unwillkürlich zusammengezuckt bin.
    »Über welchen Hill sprechen Sie, bitte?« Mein Herz hämmert wild gegen meine Rippen. Kann Joe wirklich von dem Hill sprechen?
    »Seine Familie kenn ich nich«, antwortet Jimmy Walden auch schon statt des Jungen. »Aber ich schätze, Joe meint Hamilton Hill von der Plantage, oder, Joe?«
    Der Junge nickt eifrig.
    Ich kann mein Glück kaum fassen, obwohl mir der Name Hamilton nichts sagt, mein Großvater hieß Stuart und wenn Dad mal von Urgroßvater gesprochen hat, nannte er ihn Abe.
    Schnell versuche ich, die Generationen zu überschlagen. Wenn mein Vater 1960 geboren ist, könnte mein Großvater fünfundzwanzig bei dessen Geburt gewesen sein und dessen Vater ebenso. Also weitere fünfzig Jahre zurück … 1910, 1910, 1910 versuche ich die Zahl in meinem Kopf festzuhalten. Jemand, der 1910 auf die Welt kam, würde Ende der Zwanzigerjahre nicht als »alter Hill« bezeichnet werden. Also nochmals fünfzig Jahre, zwei Generationen. Vater, Großvater, Urgroßvater, das sind drei Generationen, zwei dazu … Urururgroßvater also. Könnte das sein?
    Inzwischen bin ich müde und so durstig, dass ich mich nur schwer konzentrieren kann, außerdem pochen meine Schläfen und meine Augen brennen von dem Zigarrenqualm, der durch den Korridor zu mir wabert. Ohne dass ich es bemerkt habe, hat Jimmy Walden die Tür geschlossen und steht einige Meter weiter, mit Kay in ein Gespräch vertieft, wobei ich nur Jimmys Gesicht hinter der roten Glut des Stummels sehen kann.
    Ein ungutes Gefühl beschleicht mich. Kay benimmt sich eigenartig, so kenne ich ihn nicht, ganz davon abgesehen, dass ich ihn im Grunde überhaupt nicht kenne. Seit wir in diesem Jahrzehnt angekommen sind, führt er sich auf, als ob wir alle Zeit der Welt hätten, dabei redet er so merkwürdig und scheint mit jedem gleich gut Freund zu sein.
    Mir

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