Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
bleiben? Wirst du aufhören, mich zurückzustoßen? Wirst du mir Antworten geben? Wirst du mich in dein Herz lassen? Anders ist mein »Und« nicht zu verstehen.
Kays Gesicht ist wie eine Maske, undurchdringlich, regungslos, was die Sekunden, in denen er mich nur betrachtet, zu einer Qual werden lässt.
»Tohanl waecanun sni, hehanl iyopeinic'iyakta«, flüstert er schließlich.
Ich hebe fragend die Augenbrauen, zu mehr bin ich nicht im Stande.
»Das ist indianisch und bedeutet in etwa: Bereuen werde ich nur die Dinge, die ich nicht getan habe«, übersetzt Kay heiser und beugt sich vor. Seine Augen fixieren meine, auch als er noch näher kommt, seine Lippen sich öffnen.
Abrupt rutsche ich zurück. »Das reicht mir nicht!«
Mein Scout stöhnt leise. »Was verlangst du?«
»Dass du mir sagst, wieso du Angst hast, mich zu verlieren, und woher dieses Tattoo auf deinem Gesicht stammt, wieso du einen Menschen umgebracht hast, was deine Geheimnisse sind, wieso du nie mehr lieben willst, und ich verlange, dass … Ach verdammt! Ich möchte einfach mit dir reden, ohne Angst zu haben, von dir zurückgestoßen zu werden.« Ich verschränke die Arme, um Kay wissen zu lassen, wie ernst ich es meine.
»Es fällt mir schwer …«
»Mir auch.«
»Es würde es nicht einfacher machen.«
»Das Risiko gehe ich ein.«
»Du wirst irgendwann alles verstehen.«
»Ich will es jetzt verstehen!«, fauche ich, rücke noch weiter ab.
Kay atmet tief durch und nickt ergeben. »Okay, aber vielleicht wirst du bereuen, mich gefragt zu haben … Vielleicht wirst du mich sogar hassen … Aber damit du verstehst, muss ich von vorn beginnen …«
Ich schlucke nur, wage kaum, Kay anzusehen.
»Ich war noch nicht einmal neunzehn, als ich meinte, die große Liebe meines Lebens gefunden zu haben …« Kay spricht leise, den Blick in die Ferne gerichtet, als würde sich dort, einer Fata Morgana gleich, seine Geschichte spiegeln.
»Im Grunde war sie schon vergeben, an den Sohn eines Lebensmittelhändlers … Dabei war das Letzte, was ich damals wollte, mich zu binden, das kannst du mir glauben. Die Welt erschien mir wie ein unerschöpflicher Quell an Vergnügungen. Hier ein wenig arbeiten, dort ein Mädchen, weiterziehen, mich treiben lassen … Ich habe die Menschen ausgenutzt, genommen, ohne zu geben. So blieb ich eine Zeit lang in Utah bei einer Frau, die mich quasi am Straßenrand aufgelesen hatte. Inzwischen weiß ich nicht mehr, was mich in diese gottverlassene Gegend getrieben hatte, nur noch, dass ich dort stundenlang am Straßenrand stand, auf ein Auto wartete, um in eine größere Stadt mitgenommen zu werden. Der Wagen, der schließlich hielt, gehörte Mrs Castle. Eine Witwe, von der ich erst dachte, sie hätte mit ihrem Leben gebrochen … Noch auf der Fahrt zu ihrer kleinen Ranch, die sie mit ein paar Hilfskräften bewirtschaftete, erzählte sie mir von ihrem Mann, der an dem Biss einer Schlange gestorben war, von ihrem einzigen Kind, Simon, der in meinem Alter war und spurlos verschwand. Schnell war mir klar, ich sollte diesen Platz füllen, und ich genoss die Wochen, in denen Mrs Castle für mich kochte, mich umsorgte, sogar nach einer Frau für mich Ausschau hielt. Dann und wann half ich ihr bei kleineren Reparaturen. Nicht dass sie je Ansprüche stellte oder mich zu irgendwelchen Arbeiten drängte. Selbst nicht, als ich tagelang auf der Veranda saß und den Whiskey ihres verstorbenen Mannes soff. - Ich erzähle dir das, Alison, damit du verstehst, was für ein Mensch ich war.«
Ich nicke nur.
»Als der Herbst kam«, fährt Kay fort, »hatte ich das Gefühl, weiterziehen zu müssen. Mir stand der Sinn nach dem Leben einer Großstadt, nach Abenteuer, Vergnügungen, Mädchen, die leicht zu haben waren … Ich verließ Mrs Castle noch vor Sonnenaufgang und ohne eine Nachricht zu hinterlassen.«
Kay schluckt hart und knetet seine Hände, als er weiterspricht, wirkt sein Ausdruck düsterer, als ich ihn je zuvor erlebt habe.
»Würde ich in diese Zeit nach Utah zurückportiert werden, würde ich mein anderes Ich windelweich prügeln! Aber ich habe Mrs Castle nie wiedergesehen.«
Kurz reibt Kay sich die Schläfen. Ich sehe ihm an, wie schwer es ihm fällt, über diese Zeit zu reden. Er braucht einige Sekunden, lässt die Hände sinken. Es wirkt hilflos.
»Irgendwann landete ich in San Francisco. Die Stadt erschien mir wie eine Offenbarung! Über Monate feierte ich das Leben, ohne nur einen Penny dafür auszugeben. Mir
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