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Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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nackten Füße landen auf dem Teppich, er ist apfelgrün und erst jetzt erkenne ich das Zimmer: mein Zimmer!
    Ich reiße die Tür auf, nehme drei von den knarzenden Treppenstufen auf einmal, renne Richtung Küche, aus der der Duft von Pancakes dringt. Die Tür steht offen, ich nehme im Lauf bunt lackierte Holzschränke wahr und komme schlitternd zum Stehen.
    Am Tisch sitzt mein Vater, halb von einer Zeitung verdeckt und hebt eine Braue, als er mich sieht. Meine Mutter ist in einen Brief vertieft, von Jeremy keine Spur. Ich starre die beiden an. Sie sehen zufrieden aus. Zufrieden und gesund. Alles fühlt sich echt an, alles sieht nach meinem Zuhause aus, aber noch traue ich dem Gesehenen nicht.
    Mum lässt den Brief sinken, murmelt etwas von Geburtstag und sieht mich an.
    »Alles in Ordnung, Hoppi? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    Jetzt brechen alle Dämme bei mir. Tränen quellen aus meinen Augen, ich zittere am ganzen Körper, kein Marker kommentiert meine erhöhten Was-Auch-Immer-Werte.
    »Mum!« Mehr bringe ich nicht raus. Eine Sekunde später umklammere ich sie, drücke mein tränennasses Gesicht in ihre Haare. »Es – ist – so – schön! Du, gesund!«, stammle ich unter Schluchzen, fahre herum und bedecke die kahle Stirn meines Vaters mit Küssen. »Es geht euch gut! Ich … bin … zu Hause, zu Hause!«
    Dad schiebt mich sanft zurück und mustert mich. »Ist wirklich alles in Ordnung, Alison?«
    Ich nicke und schlucke einen neuen Tränenstrom hinunter.
    »Als hätte sie uns wochenlang nicht gesehen …«, murmelt Dad.
    Mum streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich habe Pancakes für euch gemacht.«
    »Für uns?« Ich habe Angst, die Frage direkt zu stellen. Die Frage, deren Antwort die trügerische Harmonie mit einem schlichten Nein zerstören würde.
    »Natürlich für euch. Oder erwartest du jemanden, Hoppi? Du musst mir sagen, wenn jemand zu Besuch kommt, sonst reichen die Pancakes nicht. Du weißt doch, Jeremy kann Berge davon verschlingen.«
    »Jeremy? Mein Bruder?«
    »Wenn man vom Teufel spricht …«, antwortet Mum und deutet auf die offene Tür, durch die man von der Küche mit wenigen Schritten im Wald ist.
    Ich stürze ins Freie. Zwischen den mächtigen Stämmen der Mammutbäume kommt ein blond gelockter Junge auf mich zu, seine Füße sind nackt. Es ist Jeremy!
    Ich stürme meinem Bruder mit ausgebreiteten Armen entgegen, schreie immer wieder seinen Namen. Mein Bruder schlägt einen Haken, will an mir vorbei in die Küche rennen … Ich erwische ihn am Zipfel seines Shirts, hebe ihn in die Lüfte, um ihn im nächsten Moment mit meiner Liebe schier zu erdrücken.
    »Ey, lass das! Mum! Meine blöde Schwester will, dass ich keine Pancakes abkriege!«
    »Du bekommst sie alle! Alle und noch viel mehr!«, schluchze ich, wühle Jeremy durch sein Haar, bedecke seine helle Haut mit Küssen.
    Jeremy zappelt unwillig in meiner Umarmung, bis ich ihn schließlich freigebe. Er muss mich für verrückt halten.
    Selbst als wir alle am Tisch sitzen, springe ich immer wieder auf, um meine Familie an mich zu pressen, ihnen zu versichern, wie lieb ich sie habe. Mum lacht vergnügt, Jeremy verzieht angewidert das Gesicht und Dad legt nach der fünften Umklammerung endlich seine Zeitung zur Seite.
    Ich habe Jeremy nach wenigen Bissen all meine Pancakes auf seinen Teller geschaufelt. Da mein Magen nicht mehr an solches Essen gewöhnt ist, zieht er sich bei so viel Zucker und Fett erschrocken zusammen. Trotzdem lässt der Sirup noch immer meine Geschmacksknospen explodieren und ich lecke mit der Zunge über meine Lippen, um die letzten klebrigen Reste zu lösen.
    Während des Frühstücks redet meine Mutter auf Dad ein, irgendetwas von einer Einladung. Ich höre kaum hin, da ich an die vergangenen Wochen denke, die mir, zumindest jetzt noch, realer vorkommen als unsere Küche. Soll ich meinen Eltern von dem erzählen, was geschehen ist? Würden sie mir auch nur im Entferntesten Glauben schenken?
    Immer wieder fährt mein Finger über die Handinnenfläche, sucht nach dem Fremdkörper, der inzwischen ein Teil von mir geworden ist. Doch auch wenn ich den Marker nicht ertasten kann, bin ich mir sicher, dass er da ist, denn ich habe nichts von dem Erlebten vergessen. Vor allen Dingen Kay nicht.
    Kay Raymond. Wohin werden sie ihn zurückgeschickt haben? In seine grausame Realität? Wird er den Marker noch tragen, sich an mich erinnern? Oder ist er zu seiner schwangeren Frau

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