Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
dem er von einer summenden Maschine durch endlose Tunnel zu einer Waldlichtung gejagt wurde, wo der Professor auf einer riesigen Zahl 1358 ritt, einen Ledersack über dem Kopf schwenkte und immer wieder rief: „He, Zacharias, ist dieses Jahr nicht genauso spannend wie jedes andere?“
Die Reiter
Ein dröhnendes Geräusch ließ Zacharias aus dem Schlaf fahren. Einige Sekunden lang wusste er nicht, wo er war, doch dann fiel es ihm wieder ein. Der Platz neben ihm war leer, und er fragte sich, wo der Professor wohl sein mochte. Das Dröhnen wurde lauter, wie Tro mmeln klang es jetzt, ein regelmäßiger Rhythmus, aber das konnten keine Trommeln sein, dafür war das Geräusch zu dumpf, nein, das waren ... Pferdehufe! Es mussten viele Pferde sein, sehr viele, sie kamen näher und jetzt schienen sie sich im Galopp über die Lichtung zu bewegen.
Zacharias rief nach dem Professor. Keine Antwort. Er kroch aus dem Busch und versuchte, sich zu orientieren. Im trüben Licht des Wintermorgens wirkte das Unterholz noch dichter und Zacharias konnte kaum glauben, dass sie es gestern Nacht ohne einen Kratzer durch dieses Gestrüpp geschafft hatten. Vielleicht war der Professor zurück auf die Lichtung gegangen, um sich umzusehen?
Vorsichtig näherte sich Zacharias dem Waldrand. Geduckt hinter einem umgestürzten Baumstamm sondierte er die Lage. Dreißig oder vierzig Reiter hatten mitten auf der Lichtung einen engen Kreis gebildet. Irgendetwas musste in der Mitte dieses Kreises sein, das ihre Aufmerksamkeit erregte, aber Zacharias konnte nicht erkennen, was es war. Nach dem wilden Galopp tänzelten die Pferde nervös hin und her und die Reiter hatten Mühe, sie an Ort und Stelle zu halten.
Jeder der Männer war mit einem Gewand bekleidet, das an einen dicken, weiten Pullover erinnerte. An den breiten Gürteln baumelten Schwertgehänge und auf der Brust einiger Reiter konnte Zacharias ein aufgenähtes Wappen erkennen, einen grünen, aufrecht stehenden Drachen auf goldenem Grund, der drohend seine Krallen hob. Das gleiche Wappen fand sich auch auf den schwarzen Umhängen, die vor dem Hals von metallenen Spangen zusammengehalten wurden und so lang waren, dass sie die Hinterteile der Pferde bedeckten. Die Beine steckten in engen, ebenfalls schwarzen Hosen, die in Kniehöhe in braunen, mit Schnüren umwickelten Lederstiefeln verschwanden. Auf dem Kopf trugen die Männer rundliche, grün und schwarz gestreifte Kappen, deren Ränder die meisten zum Schutz vor der Kälte weit über die Ohren gezogen hatten.
Auf dem Rücken hatten die Reiter Armbrüste geschnallt. Bei manchen Waffen waren die Sehnen schon gespannt. Zacharias wusste, dass die Armbrust über Jahrhunderte gern zur Hatz auf Bär und Wildschwein genutzt worden war, aber diese Männer machten nicht den Eindruck einer fröhlichen Jagdgesellschaft.
Einer der Reiter hob die Hand und die anderen verstummten augenblicklich. Durch das von der Kälte gerötete Gesicht des Reiters zog sich quer von der Stirn über die rechte Augenbraue, über die scharf geschnittene Nase, die an den Schnabel eines Raubvogels erinnerte, und über die linke Wange eine breite, weißliche Narbe. Der Mann zeigte in den Kreis aus Reitern und Pferden.
„ Diu rede ist valschlich !“
Seine Stimme klang wütend und war es wohl gewohnt, Befehle zu geben. Offensichtlich war er der Anführer. Obwohl Zacharias den Sinn der Worte nicht sofort verstand, klangen sie in seinen Ohren nicht völlig fremd, jedenfalls nicht wie eine Sprache, die er nicht beherrschte, aber doch ganz anders als alles, was er kannte, sie klangen irgendwie ... altertümlich. Aber er war sich sicher, dass der Anführer gerade etwas „falsch“ genannt hatte, denn „valschlich“ und „falsch“, das hörte sich sehr ähnlich an. „Rede“ und „valschlich“, das musste „falsche Rede“ bedeuten. Vielleicht wollte der Anführer damit sagen, dass jemand gelogen hatte?
Jetzt schien der Mann jemandem zuzuhören, doch nur kurz, dann rief er wieder etwas in die Runde, doch diesmal verstand Zacharias nur ein einziges Wort. Es klang wie „ tôten “.
Der Kreis aus Pferdeleibern öffnete sich, die Reiter zogen an den Zügeln, schnalzten mit den Zungen und wendeten ihre Tiere in Richtung der blassen Sonne, die hinter dicken, grauen Wolken über dem Wald aufging. Wieder dröhnte die Luft von dem Trommeln der H ufe, als sie quer über die Lichtung galoppierten. Nur der Mann mit der Narbe blieb zurück. Wie tief in Gedanken versunken, saß
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