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Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)

Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)

Titel: Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tery Mitfeld
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sondern zog sie auseinander und beschwerte sie an beiden Enden mit kleinen Gewichten.
    „Das ist bestimmt der Gerichtsschreiber.“ Hanna stellte sich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können.
    Zacharias nickte. „Wichtig genug benimmt er sich ja.“
    Der Schreiber nahm ein rundes Gefäß und eine Feder mit spitzem Kiel aus der Stofftasche an seinem Gürtel. Er entkorkte das Gefäß, tauchte die Feder hinein und begann, mit schwungvollen Bewegungen auf dem ausgerollten Pergament zu schreiben, ohne die dichter werdende Menge vor ihm im geringsten zu beachten.
    Mehr und mehr Menschen strömten heran, immer enger wurde es auf dem Platz, die Menge schob, drängelte und drückte, dass sich Zacharias vorkam wie in einem wogenden Meer aus Menschenleibern. Erst, als unvermittelt ein metallenes Rasseln wie Donnergrollen über die Köpfe hinwegrollte, ließ das Drängeln nach. Wie alle anderen starrte Zacharias gebannt auf den steinernen Torbogen, wo der felsige Aufstieg zur Burg endete und sich langsam das eiserne Fallgitter hob.
    Ein Raunen ging durch die Menge, als ein hünenhafter Mann auf einem schwarzen Hengst in dem Torbogen sichtbar wurde. Es war das größte Pferd, das Zacharias je gesehen hatte, und er wusste sofort, dass der Reiter niemand anderes sein konnte als der Herrscher von Sonningen.
    Der Graf schien eine Vorliebe für düstere Kleidung zu besitzen. Schwarze Hosen steckten in schwarzen Stiefeln, das mit Nägeln beschlagene Lederwams war schwarz und schwarz war auch der Umhang, der die Schultern bedeckte. Nur das kurzgeschnittene Haar war eisgrau. Mit steinernem Gesicht ließ der Graf den Blick über sein Volk schweifen, das sich auf dem Marktplatz am Fuße des Burgfelsens versammelt hatte. Kein Lächeln, keine freundliche Geste durchbrach die kalte Unnahbarkeit, die er ausstrahlte.
    Ein weiteres Pferd folgte dem Hengst durch den Torbogen. Im Sattel saß, stolz aufgerichtet, Wilfried von der Gaag. Der Burgvogt trug einen schimmernden Harnisch und auf dem Kopf eine silberne Kampfhaube mit breitem, nietenbeschlagenem Rand.
    Hinter ihm erschienen zu Fuß zwei Männer mit hochmütigen Gesichtern. Die Kragen ihrer bodenlangen, roten Gewänder waren mit Pelz besetzt. Runde, ebenfalls rote Kappen bedeckten die Häupter. Einer der beiden Männer trug ein dickes, in Leder gebundenes Buch unter dem Arm.
    „Das sind bestimmt die Herren, die dem Rat der Stadt vorsitzen“, vermutete Hanna.
    In einigem Abstand folgten drei bewaffnete Wachen. Jeder zog an einem Strick einen Gefangenen hinter sich her, dessen Hände auf dem Rücken zusammengebunden waren. Das mussten die Angeklagten sein, über die der Graf heute richten würde! Die Fußknöchel der Unglücklichen waren mit kurzen Ketten aneinander gefesselt, sodass sie nur kleine Schritte machen konnten und mehr dahinstolperten, als dass sie liefen. Zuerst wunderte sich Zacharias, dass Hannas Mutter nicht unter den Gefangenen war. Doch als die Prozession näher kam, wurde ihm klar, warum sie ihm nicht gleich aufgefallen war. Ihre langen Haare waren abgeschnitten, so kurz, dass Herlinde, wenn man nicht so genau hinschaute, wie ein Mann aussah. Zacharias spürte, wie sich eine Hand in seinen Oberarm krallte. Auch Hanna hatte ihre Mutter erkannt.
    Dort, wo der Felsenweg in den Markplatz überging, traten die Wachposten beiseite. Der Graf und Wilfried von der Gaag stiegen aus dem Sattel. Die Gefangenen wurden hinter den Baldachin geführt, wo sie den Blicken des Publikums verborgen waren.
    Als der Graf auf das Podest trat, erhob sich der Schreiber und klappte wie ein Taschenmesser zu einer tiefen Verbeugung zusammen.
    Ohne den Gruß zu erwidern, nahm der Graf auf dem Stuhl mit der hohen Lehne Platz. Der Burgvogt wählte den Sitz rechts von seinem Herrn, nahm seine Haube ab und legte sie vor sich auf den Tisch. Nachdem sie umständlich ihre langen Gewänder zurecht gezogen hatten, setzten sich auch die beiden Ratsherren.
    Nur die lebendige Mauer aus bewaffneten Posten trennte nun den Grafen und die übrigen Mitglieder des Gerichts von der Menschenmenge.
    Zacharias ließ den Blick über die harten, missgünstigen Gesichter wandern. Der Graf wirkte aus der Nähe jünger, als es die grauen Haare hatten vermuten lassen. Er war bestimmt nicht viel älter als fünfzig Jahre.
    Plötzlich fiel Zacharias siedend heiß ein, dass der Burgvogt auf diese kurze Entfernung Professor Freising ohne Zweifel sofort erkannte, wenn er ihn sah. Doch offenbar hatte der Professor schon den

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