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Die Zeitung - Ein Nachruf

Die Zeitung - Ein Nachruf

Titel: Die Zeitung - Ein Nachruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fleischhacker
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wird.“ 22
    Die erste Nummer der
Zürcher Zeitung
erschien also im Januar 1780, redigiert von Salomon Gessner, einem der Mitbegründer der „Helvetischen Gesellschaft“, Nachfahre jenes David Gessner, der mehr als ein Jahrhundert früher (1672) die
Montags-Zeitung
herausgebracht hatte, welche ebenfalls von Salomon Gessners Verlag herausgegeben wurde. Im Zeitungskopf sah man den heute noch als Symbol für die
NZZ
geltenden Postreiter. Für die ersten drei Tage sprengte er nach rechts weg, dann nach links. Fortan, bis ins 21. Jahrhundert, war ein solcher Wechsel Ausdruck dafür, dass die Redaktion bzw. die redaktionelle Leitung gewechselt hatte.

    Sie wurde 1780 gegründet und ist noch immer eine Marke von Weltrang: die
Neue Zürcher Zeitung
.
    Wie in den anderen Zeitungen auch beschränkte sich die Berichterstattung auf außergewöhnliche Unglücksfälle, Verbrechen, Ungeheuer und Naturkatastrophen, politische Informationen über die eidgenössischen Kantone oder Zürich fehlten ebenso wie Ernteberichte oder Meldungen über Wechsel- und Kornpreise. Letztere wollten einflussreiche Wechsler und Kaufleute nicht abgedruckt sehen, Erstere die Zensur: Sie verbot, was der reformierten Glaubenslehre widersprach oder „der Ehre und ruhe Unsers politischen Standes nachtheilig“ war. Allerdings erlaubten es die Auslandsmeldungen, neues Gedankengut zu propagieren, etwa den aufgeklärten Absolutismus Josephs II. Spätestens bei der Französischen Revolution begannen sich die Geister zu scheiden. 1785 bis 1795 war mit Philipp Wolf ein Rousseau-Anhänger redaktioneller Leiter des Blattes gewesen, auch der Paris-Korrespondent war den Neuerungen gegenüber zumindest zu Beginn sehr aufgeschlossen, was dazu führte, dass am 26. August 1789 die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in einer ersten Fassung abgedruckt wurde. Der Artikel
Die Pressefreyheit ist die stärkste Stütze der öffentlichen Freiheit
konnte in der damaligen Eidgenossenschaft durchaus als unerhört gelten.

    Eine der Ikonen der Zeitungsgeschichte: Ab 1788 hieß das einige Jahre zuvor gegründete Blatt
The Times
.
    In London erschien einige Jahre nach der Gründung der
Zürcher Zeitung
die
Times
. Aber auch dieses historisch bedeutende Blatt hatte zunächst anders geheißen: Gründer John Walter nannte es
The Daily Universal Register
, ab dem 1. Januar 1788 nannte er seine Zeitung
The Times
. Ihren späteren Weltruf konnte die Zeitung erst unter der Herausgabe von Walters Sohn John jr. ab 1803 erwerben. Bereits der Vater aber hatte den durchaus mit Schwierigkeiten verbundenen Versuch unternommen, von Parteien und Regierung unabhängig zu bleiben. Man hatte ihm verboten, die Regierungspaketschiffe für seine Korrespondenzen zu nutzen, woraufhin er einen eigenen Dienst mit Fahrzeugen, Brief- und Eilboten organisierte.
    Die
Times
steht freilich weniger für die politische Rolle der Zeitungen während der revolutionären Ereignisse der 1790er Jahre, eher für den Beginn eines neuen Zeitungsbooms im Zusammenhang mit der industriellen Revolution: Sie wurde im Herbst 1814 als erste Zeitung der Welt mit einer dampfbetriebenen Schnellpresse gedruckt, die von Friedrich Koenig und Andreas Friedrich Bauer in Deutschland hergestellt worden war. Es handelte sich dabei um einen Meilenstein in der Geschichte: Mit der Möglichkeit, 1.100 Exemplare pro Stunde zu drucken, wurde die Ära der Massenblätter eingeläutet. Doch wieder zurück zur Französischen Revolution.
Die Revolution und ihre Kinder
    Ganz eindeutig hatten Zeitschriften, Zeitungen und einzelne Journalisten in ihrem Vorfeld keine auch nur annähernd so bedeutende Rolle gespielt, wie das bei der „american revolution“ der Fall gewesen war. Auch auf die Ratifizierung der Verfassung hatten die als
Federalist Papers
bekannt gewordenen 85 Zeitungsartikel, die ein Autorenkollektiv unter Führung von Alexander Hamilton unter dem Pseudonym „Publius“ in New Yorker Blättern veröffentlichte, entscheidenden Einfluss gehabt. In Frankreich hingegen wurde von den Zeitungen bis 1784 kaum Kritik am Ancien Régime geäußert, dafür ließen die rigide Lizenzierungspolitik und die – Ende der 1750er Jahre und 1776 noch einmal verschärfte – Zensur nicht genügend Spielraum.
    So beschränkte sich in Frankreich die Rolle der „offiziellen“ Zeitungen darauf, durch Berichte aus Amerika – die Franzosen hatten sich im Unabhängigkeitskampf mit den Kolonien gegen die Engländer verbündet – alternative Staats- und

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