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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Kapuzen versehen waren. Bei näherer Betrachtung offenbarte sich jedoch, dass ihre Gewänder ausnahmslos abgenutzt, die Pelze von Motten zerfressen, die Hüte verschmutzt und die Stolen voller Flecken waren. Diese Leute blieben hauptsächlich unter sich und verströmten einen Hauch von harmloser Geheimnistuerei. Stets kamen sie spät und saßen Kopf an Kopf zusammengedrängt über ihren Tassen. Sie sprachen leise und mit ernster Stimme; oft zogen sie Bücher und Pergamentstücke zurate, die sie mitbrachten. Und obgleich sie wie mittellose Exzentriker gekleidet waren, bezahlten sie mit guten neuen Silberstücken.
    Fasziniert von ihrer geheimnisvollen Gegenwart, beschloss Mina, herauszufinden, wer diese Leute waren. Eines Abends, nachdem dieser Zirkel sich eingefunden und wieder aufgelöst hatte, näherte sie sich einem der Jüngeren aus diesem Kreis, der noch dageblieben war. Er saß allein am Tisch und hatte behutsam die Hände um seinen Kaffee gelegt.
    »Möchtet Ihr noch eine weitere Tasse?«, fragte Mina und schwenkte ihre Zinnkanne. Sie liebte es, durch den Raum zu spazieren, sich mit Gästen zu treffen und ihre Tassen nachzufüllen. »Gratis«, fügte sie lächelnd hinzu.
    »Aber gern«, sagte der Bursche. In seinem großen dunklen Gewand und dem Kragen aus Eichhörnchenpelz wirkte er ein wenig verloren. Sein Hut war zwei Nummern zu groß und saß wie ein schlaffes Rhabarberblatt auf seinem Kopf. »Besten Dank, gute Frau.«
    »Eure Freunde mussten schon gehen«, merkte sie an und hob die Kanne. Als sie begann, Kaffee einzugießen, entdeckte sie, dass ihr Behältnis so gut wie leer war. Der letzte Rest der Flüssigkeit sprudelte hervor und fiel platschend in die Tasse, und mit ihm auch einiges vom Kaffeesatz - Mina hatte immer noch kein vollkommen zufriedenstellendes Filtersystem entwickelt. »Oh, ich bitte um Verzeihung«, entschuldigte sie sich. »Ihr habt den Rest aus der Kane bekommen. Trinkt das nicht - es ist zu bitter. Ich bringe Euch neuen Kaffee.«
    »Das ist aber nicht nötig«, meinte der junge Mann, doch sie war bereits fort.
    Als sie mit einer neuen Kanne zurückkehrte, sah sie, wie er in die trübe Brühe auf dem Boden seines Trinkgefäßes starrte. »Hier, ich habe Euch auch eine saubere Tasse gebracht«, erklärte Mina und griff nach der schmutzigen in der Hand des Mannes.
    »Bitte«, sagte er und umklammerte weiterhin das Trinkgeschirr mit einer Hartnäckigkeit, die Mina verblüffte. »Dieses Sediment ... Diese bittere Erde ...« Er wies auf den von ein wenig Flüssigkeit bedeckten Schlamm am Tassenboden. »Wie nennt Ihr das?«
    »Ähm ...« Wilhelmina dachte nach, wie das richtige Wort auf Deutsch hieß. »Das ist der Bodensatz«, meinte sie achselzuckend.
    »Wenn ich so kühn sein darf zu fragen ... Was macht Ihr damit?«
    »Womit?« Sie blickte ihn verwirrt an und setzte sich zu ihm an den Tisch. »Warum fragt Ihr?«
    »Bitte glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass ich weder eine Respektlosigkeit noch eine Bosheit in irgendeiner denkbaren Form im Schilde führe«, erwiderte er. »Tatsächlich verstehe ich nicht nur Eure instinktive Zurückhaltung, sondern lobe sie. Ihr wünscht, diese einzigartige und wundervolle - manche würden sogar sagen: exotische - Kreation zu schützen. Dies kann ich gut verstehen, wie nur irgendjemand es vermöchte ...«
    Die wortgewandte, doch weitschweifige Ausdrucksweise des jungen Gelehrten brachte Mina zum Lächeln.
    »Es ist nicht zu viel gesagt«, fuhr er fort, »dass ich die allergrößte Wertschätzung, ja sogar Ehrfurcht habe für Euer Gewerbe und Euren Geschäftssinn, solch eine Erfindung zu ihrer augenscheinlichen Reife zu bringen -«
    »Das ist es nicht«, unterbrach ihn Mina. »Ich habe mich bloß gewundert, warum Ihr wohl meinen Kaffeesatz haben wollt.«
    »Ah!«, entfuhr es dem jungen Mann. »Wenn Ihr wünscht, gute Frau, dann erlaubt mir, Euch aufzuklären. Nichts Geringeres als der Fortschritt der wissenschaftlichen Künste verpflichtet mich, zu fragen.«
    »Ich verstehe«, erklärte Mina und unterdrückte ein Lachen.
    Nichtsdestotrotz bemerkte der junge Mann ein fröhliches Tanzen in ihren Augen. »Ich erkenne nur allzu gut, dass Ihr nicht vollständig von meiner Wahrhaftigkeit überzeugt seid.« Er schnaubte ein wenig hochmütig. »Aber dennoch - wenn Ihr noch einen Augenblick länger Nachsicht mit mir haben werdet, glaube ich, dass es in meiner Macht liegt, Euren Unglauben zu bannen und jegliche Zweifel zu zerstreuen, die in Eurem Geiste immer noch

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