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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Körper: Sir Henry Fayth öffnete seine Augen im Halbdunkel der inneren Kammer. Er blieb einen Moment liegen und lauschte dem Gesang des Vogels und auf den Mann ein paar Schritte entfernt, dessen Atmung während der Nacht mühsamer geworden war. Dann stand er auf und trat zu seinem Freund.
    »Cosimo«, sagte er und stupste ihn gegen die Schulter. »Cosimo, wach auf.« Als es Sir Henry misslang, den Schlafenden auf diese Weise zu wecken, ließ er davon ab. Er kroch zu dem wuchtigen Steinsarkophag, der die Mitte der Kammer beherrschte, und setzte sich mit dem Rücken gegen ihn.
    Nun, da er wach war, überkam ihn der Durst mit erneuter Grausamkeit - und mit ihm der wieder erwachte Hass auf Burleigh. Feind oder nicht, es war unmenschlich von ihm, sie ohne Essen und Wasser einzusperren. Sir Henry würde noch nicht einmal einen tollwütigen Hund so grausam behandeln, und noch viel weniger ein anderes menschliches Wesen. Solch ein Verhalten war bestialisch und unehrenhaft - weit unterhalb der Grenzen des Anstands zivilisierter Menschen.
    Er würde, so schwor er sich, mit den kräftigsten Ausdrücken vehement dagegen protestieren, wenn sich die nächste Gelegenheit dazu ergab, die ... wann sein würde? Ein ganzer Tag und ein halber waren vergangen, seit sie Burleigh oder einen seiner Lakaien zuletzt gesehen hatten: sechsunddreißig Stunden ohne Lebensmittel und Wasser in der dunklen, stickigen Grabkammer von Anen, dem Hohen Priester des Amun.
    Dass die große Suche hier und vor allem so enden sollte, schien ein sinnloses, niederträchtiges Verhängnis für einen gottesfürchtigen Mann wie ihn zu sein. In den frühen Tagen ihrer Freundschaft, als Cosimo und er erstmals begonnen hatten, die interdimensionalen Schnellstraßen und Nebenwege des Universums zu erforschen, hatte es nur wenige Gefahren gegeben außer denen der örtlichen Umgebung, in der sie sich nach einer Überquerung zufällig wiederfanden. Bevor der Niedergang einsetzte, bevor die Jagd nach der Karte begann - das heißt, bevor die Burley-Männer auftauchten -, waren die Dinge viel einfacher gewesen.
    Vielleicht, so dachte Sir Henry, sollten sie Burleighs Forderungen nachkommen und ihm geben, was er wollte, im Austausch für ihre Freiheit. Oder, noch besser, sich mit ihm zusammenschließen und ihr Wissen bündeln. Offensichtlich besaß der Schurke Informationen, die ihnen fehlten, und es könnte nützlich sein, über diese Kenntnisse zu verfügen.
    Zum Beispiel würde es hilfreich sein, zu erfahren, wieso die Verbrecher stets zu wissen schienen, wo und wann Cosimo und er zu finden waren. Das war nicht immer so gewesen. Es hatte eine Zeit gegeben - damals, als die Burley-Männer erstmals aufgetaucht waren -, da war es geradezu lächerlich einfach gewesen, sich ihnen zu entziehen. Wenn man ihnen dann einmal begegnet war, hatte man sie danach meist lange Zeit nicht mehr gesehen; manchmal hatten Jahre zwischen solchen Zusammentreffen gelegen. Jetzt nicht mehr. Jetzt zog anscheinend jeder einzelne Sprung in eine andere Dimension ihr Interesse auf sich. Woher wussten sie davon? Durch welche Hilfsmittel und Methoden gelangten sie präzise an den richtigen Ort und in die richtige Zeit?
    Burleigh besaß zudem Kenntnisse von der Karte, die Cosimo und er nicht hatten. Ihm war bekannt gewesen, dass Flinders-Petrie sich einst in Ägypten aufgehalten und die Karte in genau dieser Grabstätte hier gelegen hatte. Was wusste er sonst noch? Würde es nicht nützlich sein, das herauszufinden?
    Während Sir Henry dasaß und nachdachte, wurde das Licht ein wenig heller. Er hörte, wie draußen der Verbrennungsmotor stotternd zum Leben erwachte. Das bedeutete, dass die Burley-Männer wach waren und gleich ihrem schändlichen Tagwerk nachgehen würden. Er überlegte, ob er nach ihnen rufen und sie um Wasser bitte sollte - nur um einen klitzekleinen Schluck, um den metallischen Geschmack auf der immer dicker werdenden Zunge zu vertreiben. Er war tatsächlich an dem Punkt angelangt, genau das zu versuchen, als er Fußtritte auf der in den Stein gehauenen Treppe hörte, die hinab ins Grabmal führte. Schwerfällig erhob er sich auf die Füße, strich seine Kleider glatt und trat vor das Eisengitter, das ihre Gefängnistür darstellte.
    »Ah, Sir Henry, Ihr seid wach«, sagte Burleigh, dessen Stimme in der Stille des Grabmals recht laut klang. Er schritt zu den Stangen; in den Händen hielt er einen Trinkschlauch und einen kleinen Becher. »Gut. Es erspart mir die Mühe, Euch

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