Die Zeitwanderer
werden. »Also ... wo fangen wir an?«
»Richtig ...« Cosimos Zeigefinger schwebte über dem Pergament und zuckte plötzlich nach unten. »Hier!« Der Finger fuhr an einem der Hauptäste entlang, die aus der Mitte des Stammes entsprangen. Aus diesem Ast entwickelten sich drei kleinere Zweige, die sich jeweils weiter aufteilten; und dies geschah noch einmal.
»Das hier ist der sogenannte Oxford-Ley«, erklärte Sir Henry.
»Er verläuft direkt entlang der Mitte der High Street«, fügte Cosimo hinzu. »Es handelt sich um einen ziemlich statischen Ley, doch er reagiert, wenn man es richtig handhabt.«
Kit dachte darüber einen Moment lang nach. »Okay, aber warum gehen wir nicht zum Stane Way zurück? Dort sind Mina und ich voneinander getrennt worden, wie du bereits dargelegt hast. Warum starten wir nicht von dort aus?«
»Ich habe den Stane Way untersucht, wie du dich erinnern wirst, und sie nicht dort gefunden.«
»Und da die junge Frau nicht mit Euch an Eurem Bestimmungsort angekommen ist«, erläuterte Sir Henry, »müssen wir annehmen, dass sie irgendwo anders gelandet ist. Wir tun unser Möglichstes, um dieses irgendwo anders ausfindig zu machen.«
»Und Oxford ist der Ort, wo ich die bekannte Karte aufbewahre«, erklärte Cosimo. »Wir müssen sie an uns nehmen und bei unserer Suche mitführen. Und wie es der Zufall will, können wir auch von dort aufbrechen.« Er hielt inne, studierte einen Moment lang das Diagramm und blickte wieder auf. »Bist du jemals in Oxford gewesen?«
»Nicht in der letzten Zeit«, antwortete Kit.
»Ein grandioser Ort«, verkündete Sir Henry. »Er wird Euch ungemein gefallen.«
Kit wandte sich wieder dem Schaubild zu und sagte: »Es geht hier um die Karte, die die Burley-Männer haben wollen, nicht wahr? Was ist so wichtig daran? Ist es so was wie eine Schatzkarte?«
»Gewissermaßen«, erwiderte Cosimo. »Die Meisterkarte wurde von einem Mann namens Arthur Flinders-Petrie angefertigt. Sie existiert in Form von zahlreichen tätowierten Symbolen -«
»Hoppla!«, fiel ihm Kit ins Wort. »Du meinst eintätowiert ...?«
»Ganz genau. Flinders-Petrie ritzte die Karte unauslöschlich in seinen Oberkörper ein, sodass sie niemals verloren gehen oder von ihm getrennt werden konnte. Nach seinem Tod wurde seine Haut zu Pergament verarbeitet, um die Karte zu erhalten.«
»Eine Karte aus menschlicher Haut«, flüsterte Kit. »Das ist was Einzigartiges. Und unbezahlbar, vermute ich.«
»In der Tat, Sir«, pflichtete ihm Lord Castlemain bei. »Wir vermuten, dass die Karte noch sehr viel wertvoller ist, als jeder nur denkbare finanzielle Betrag es zum Ausdruck bringen könnte. Unter den Quästoren gibt es natürlich verschiedene Theorien: Die einen halten dieses für wahr, die anderen glauben jenes.«
»Wartet, nicht so schnell!«, rief Kit. »Diese Quästoren, von denen ihr beide sprecht - was sind das eigentlich für Leute?«
»Ah! Ja, die Quästoren. Ich nehme an, sie lassen sich am besten als einen lockeren Bund von Kollegen beschreiben, die alle der Zetetic Society, der Suchenden Gesellschaft, angehören.«
»Ihr habt eine eigene Gesellschaft?«
»Aus offensichtlichen Gründen ist es eine extrem geheime Organisation«, berichtete Cosimo. »Ein sehr kleiner und informeller Kreis.«
»Wie klein?«, wollte Kit wissen.
»Sieben oder acht ... vielleicht. Eventuell auch neun.«
»Du weißt das nicht?«
»Es passiert immer etwas«, antwortete Cosimo. »So kommt es vor, dass Leute verschwinden.«
»Das passiert anscheinend öfter.«
»Entscheidend ist jedenfalls die Suche, die uns alle eint.«
»Der Suche nach der Meisterkarte?«
»Das ist das Hauptziel unseres glorreichen Unterfangens, junger Freund«, bestätigte Sir Henry; und seine Stimme klang voller Stolz. »Die Karte von Flinders-Petrie zu rekonstruieren, sodass wir seine Entdeckungen nachvollziehen und auswerten können. Zu diesem Zweck haben wir geschworen, uns gegenseitig zu helfen und unser ganzes Wissen sowie unsere Mittel zur Förderung der Suche miteinander zu teilen.«
»Du wirst zu gegebener Zeit in die Gesellschaft eingeführt«, versicherte Cosimo. »Und dann werden wir dich den anderen Mitgliedern vorstellen.«
»In Ordnung«, sagte Kit und kehrte dann zu dem vorher erwähnten Thema zurück. »Nun zu diesen Theorien - was hat der alte Flinders entdeckt?«
»Euer verehrter Urgroßvater und ich glauben, dass er möglicherweise das Geheimnis des Universums entdeckt hat - oder sogar etwas noch Wichtigeres
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