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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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bedeckt, die man in irgendeine aromatische Flüssigkeit eingeweicht hatte. Behutsam - und mit einem Minimum an Bewegung - hob er eines dieser Tücher an der Seite hoch und sah einen hässlichen, gezackten Schnitt, an dessen roten, entzündeten Rändern Blut und Eiter hervorsickerten.
    Arthur hatte gerade das Tuch wieder an seinen Platz gelegt und wollte wegen des Pochens in seinem Schädel die Augen schließen, als er eine Bewegung im Eingang bemerkte. Er wandte den Kopf auf seinem Kissen und sah, wie eine junge Chinesin in den Raum trat, die in den Händen eine dampfende Schüssel trug. Sie war vollständig in Weiß gekleidet und hatte langes schwarzes, geflochtenes Haar. Er erkannte sie sofort wieder.
    »Ihr ...« Arthur seufzte. »Ihr seid der Engel aus meinem Traum.«
    Ihre perfekten Lippen wölbten sich zu einem Lächeln. Sie hatte seine englischen Worte verstanden und redete nun gleichfalls in dieser Sprache. »Ihr seid immer noch am Leben. Das ist gut.«
    »Ihr seid es gewesen, die mich gerettet hat«, erklärte er; seine Stimme war nur ein kaum wahrnehmbares Flüstern. »Mein Engel.«
    »Bitte«, sagte sie und stellte die Schüssel neben seinem Bett auf den Boden. »Was ist ein ›Engel‹?«
    »Ein Wesen, das von Gott gesandt wird, um einem Menschen als Beschützer und Gehilfe zur Seite zu stehen«, antwortete Arthur.
    »Ah, anjo«, sagte sie auf Portugiesisch. Dann lächelte sie und senkte den Kopf. »Es freut mich, für Euch ein Engel zu sein.« Sie zog den niedrigen Hocker zu sich und ließ sich sittsam darauf nieder. Mit ihren unglaublich anmutigen, sanften Fingern löste sie die Tücher ab, die seine Wunden bedeckten, rollte die Streifen auf und legte sie in die Schüssel mit der heißen Flüssigkeit.
    »Ihr sprecht Englisch«, merkte Arthur an.
    »Vater hat mich zur Jesuitenschule geschickt. Sie haben mich dort sehr gut unterrichtet.«
    Arthurs Augen weiteten sich vor Überraschung. »Xian-Li?«
    Die junge Frau lächelte und neigte erneut den Kopf. »Ja, ich bin es. Und Ihr seid Master Arthur.«
    »Xian-Li, das letzte Mal, als ich Euch gesehen habe ...« Er verstummte und betrachtete sie, verwundert über die Verwandlung, als ob sie soeben direkt vor seinen Augen stattgefunden hätte. »Ihr seid zu einer wunderschönen Frau herangewachsen, Xian-Li.«
    »Und Ihr seid auf den Kopf geschlagen worden«, erwiderte sie und begann, vorsichtig einen weiteren Tuchstreifen zu entfernen. Der Verband klebte stark an der Haut und zog an der Wunde, sodass Arthur unwillkürlich zusammenzuckte. »Tut mir leid!«
    »Nein, fahrt nur fort«, erklärte er. »Ich bin sicher, es tut mir richtig gut.«
    »Es tut mir auch sehr leid, weil ich so spät gekommen bin.«
    »So spät?«
    »Zu spät, um Euch vor Verletzungen zu bewahren«, antwortete sie. »Mein Vater hat Probleme vorhergesehen. Wir gingen zur Schenke und warteten davor. Als Ihr nicht herauskamt, ging mein Vater hinein. Aber Ihr wart weg. Wir hatten nur wenig Zeit, um Euch zu finden.«
    »Doch Ihr habt mich gefunden. Dafür werde ich auf immer in Eurer Schuld stehen.«
    Sie lächelte.
    »Es ist eine Tat, die ich Euch vergelten muss«, sagte er. »Ich schulde Euch mein Leben.«
    »Ihr schuldet mir neue Schuhe«, entgegnete sie leichthin und wies auf ihre Füße.
    Er sah, dass ihre blauen Seidenpantoffel verschmutzt und voller Blutflecken waren. Nun musste auch er lächeln. »Sobald es mir besser geht, werden wir zusammen ausgehen, Ihr und ich. Wir werden Euch die besten Schuhe in ganz Macao kaufen. Darauf gebe ich Euch einen heiligen Eid.«

NEUNZEHNTES KAPITEL

    D ie Rückreise nach London war deprimierend. Sobald sie den Black Mixen Tump verließen, wurde das Wetter zunehmend feuchter, kälter und trostloser. Niedrige Wolken zogen sich zusammen, und Nebel stieg von den sumpfigen Gebieten auf. Sie waren gerade außerhalb des Dorfes Banbury, als es aus den dichten Wolken zu regnen begann. Kit, der bei jeder rumpelnden Bewegung des Gefährts zusammenzuckte und sich die schmerzenden Rippen hielt, fasste den Entschluss, dass sie für einen Tag genug Spaß gehabt hatten. Und so wies er Giles an, beim nächsten Gasthof anzuhalten.
    Sie nahmen ein Abendessen aus Lammkeule und Knödeln zu sich und saßen dabei gemeinsam mit einigen anderen Reisenden an einem Tisch. Nachdem sie den einzigen Gemeinschaftsraum besichtigt hatten, den sie mit anderen spät eingetroffenen Gästen würden teilen müssen, beschlossen sie, stattdessen in der Kutsche zu schlafen.
    Am nächsten Morgen

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