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Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Titel: Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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fünf Monate lang. Warum wird Böhnhardts Handy nicht länger abgehört? Hat es Anzeichen dafür gegeben, dass er das Telefon an jemand anders weitergegeben hatte? Darauf findet sich kein Hinweis in den LKA-Ermittlungsakten.

    «Die Polizei ist da», ruft Max-Florian B. und dreht sich zu seinen drei Gästen um. Eben erst ist er ans Fenster seiner Wohnung in der Limbacher Straße in Chemnitz getreten und hat ohne besonderen Grund aus dem Fenster geschaut, an dem beide Flügelscheiben offen stehen, weil dieser Tag im April schon recht warm ist.
    Plötzlich sieht er einen Polizisten in Uniform vor dem Haus. Mundlos und Böhnhardt springen auf und verstecken sich hinter der Wohnungstür. Uwe Mundlos gibt die Anweisung: «Guck noch mal – wir gehen dann sonst aufs Dach.» B. schaut weiter aus dem Fenster, der Polizist bleibt auf der Straße. Es passiert nichts. Irgendwann verschwindet der Beamte. Nur die Angst vor dem Auffliegen bleibt zurück in der Wohnung.
    «Es kann sein, dass auch da die Waffe ins Spiel kam», sagt Max-Florian B. «Es war ein einprägsames Ereignis, da es nicht zu dem sonstigen Verhalten der drei passte. Es war, als hätten sie einen Schalter umgelegt.»
    Nach diesem Erlebnis stellt das Trio neue Regeln auf: Bevor jemand sie in ihrem Versteck in der Limbacher Straße besuchen darf, muss er den Akku aus seinem Mobiltelefon herausnehmen – nur so kann ein Handy nicht mehr geortet werden.

    Die Führung des Thüringer Geheimdienstes entwirft einen neuen Plan, um das Trio zu finden: Aus abgehörten Telefongesprächen und von ihrem V-Mann Tino Brandt wissen die Verfassungsschutz-Mitarbeiter, dass sich die drei unter anderem über den Verkauf der «Pogromly»-Spiele finanzieren. Und sie kennen den Mittelsmann, der die rassistischen Bretter in Jena vertreibt. Darum beschließen sie, «eine künstliche Nachfrage zu diesem Spiel zu veranlassen».
    Wenige Tage später erhält V-Mann Tino Brandt aus Steuermitteln mindestens 1000 DM über seinen V-Mann-Führer. Er kauft von André K. drei, vier oder fünf Spiele. So genau weiß das heute keiner mehr. K. soll das Geld an das Trio weitergeben. Die Agenten wollen beobachten, wie die Scheine an die Untergetauchten weitergeleitet werden. Aber sie verlieren die Spur. Ein zweiter Versuch wird gestartet: Tino Brandt übergibt André K. 2000 DM Verfassungsschutzgeld, um gefälschte Pässe zu besorgen. Der Dienst hofft, über die registrierten Scheine und die Passfälscher auf die aktuelle Adresse der Untergetauchten zu stoßen. Doch wieder ist das Geld nur weg.
    Die DM-Scheine kommen nie bei den Fälschern an, weil K. das Geld selbst ausgibt. Seinen Kameraden erzählt er, das Geld sei aus seinem Auto gestohlen worden, als er in einer Telefonzelle stand. Viele glauben ihm diese Geschichte nicht, darüber kommt es zum Bruch mit der Jenaer Szene. Auch Ralf Wohlleben redet daraufhin lange Zeit nicht mehr mit seinem bis dahin besten Freund André K.

    Mitte September 1998 startet das Landeskriminalamt eine internationale Fahndung nach dem Trio. Dem Staatsanwalt liegen Hinweise vor, dass sich die Zelle mittlerweile in Bulgarien oder Südafrika aufhalte. Er ersucht aus diesem Grund am 14. September 1998 um eine Ausweitung der Fahndung auf alle Staaten Europas, Afrikas, Asiens, Amerikas (Nord-, Mittel- und Südamerika), Australien und Ozeanien).

    Als Mandy S. einmal in die Wohnung ihres Freundes Max-Florian B. kommt, liegt Beate Zschäpe auf dem Boden, krümmt sich vor Schmerzen und weint. Sie hat Bauchkrämpfe. Zschäpe fleht S. an, ihre AOK-Krankenversichertenkarte benutzen zu dürfen. «Sie hat mir leidgetan. Damit sie zum Frauenarzt konnte, habe ich ihr meine Karte gegeben», sagt Mandy S. Das grundsätzliche Problem bleibt: Das Trio braucht dringend neue Ausweise und Krankenversicherungskarten.

    Nach einem halben Jahr will Max-Florian B. die drei ungebetenen «Untermieter» allmählich loswerden. Er ist der Meinung, dass sein Freundschaftsdienst für Kameraden in Not nun geleistet ist. Er bittet das Trio, sich bald eine neue Bleibe zu suchen. Spätestens im September 1998 ziehen sie aus. Eine Bitte hat Uwe Mundlos vorher noch: Er will den Personalausweis von B. haben. Er braucht ihn, um damit einen Reisepass mit seinem eigenen Foto zu beantragen. Er habe sich schon andere Ausweise angeschaut, aber kein Foto sähe ihm so ähnlich wie B.s, sagt Mundlos. Diesem ist nicht recht wohl bei der Sache, aber er sieht keine andere Chance, wenn er will, dass das Trio endlich

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