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Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Titel: Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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Neonazikonzerts.

    Parallel dazu planen die Kameraden des «Thüringer Heimatschutzes», das Trio unauffällig ins Ausland zu schleusen. André K. hat dafür einen wichtigen Termin ausgemacht. Mitte Februar 1998 fährt er nach Berlin, zu einem potenziellen Helfer. Der Mann kennt die Untergetauchten bereits. Mit Beate Zschäpe hat er vor einigen Tagen noch zusammen in Erfurt demonstriert, Uwe Mundlos hat ihn mindestens einmal chauffiert. Es ist Frank Schwerdt, Bundesgeschäftsführer der NPD und Mitglied des NPD-Bundesvorstandes. K. fragt Schwerdt nach Adressen, wo die drei im Ausland untertauchen könnten. «Ich habe jedoch nicht helfen können und wollen», erinnert sich Frank Schwerdt heute.
    Nach dem Termin fährt André K. noch zu einer weiteren Adresse in Berlin-Adlershof. Hier betreibt eine rechtsextreme Funktionärin einen Wohnmobilverleih. Nach ihren Morden und Banküberfällen werden Böhnhardt und Mundlos später mit einem Wohnmobil fliehen. Wird die Idee zu dieser Strategie bereits im Februar 1998 geboren?

    Einen Monat nach der Flucht des Trios startet das Landeskriminalamt Thüringen eine öffentliche Fahndung. Mit Plakaten und einem Aufruf in der Kriminalsendung «Kripo live» im Mitteldeutschen Rundfunk sucht die Polizei nach den drei Flüchtigen. Auf dem Fahndungsplakat wird nach Uwe Böhnhardt unter anderem mit dem Hinweis auf «stark abstehende Ohren» gesucht. Die Schwarzweißfotos der Gesichter der drei Untergetauchten machen sie auf einen Schlag zu Posterikonen in der Neonaziszene. Im Mai 1998 setzt die Staatsanwaltschaft Gera 3000 DM für Hinweise aus, die zur Ergreifung des Trios führen.
    Fast täglich erreichen die Polizei nun Tipps von Menschen, die Mundlos und Böhnhardt in Jena gesehen haben wollen. Bürger berichten auch, Böhnhardt sei in einer Straßenbahn vom Leipziger Hauptbahnhof ins Neubaugebiet Grünau gefahren. Beate Zschäpe wurde angeblich in Weimar entdeckt. Die Leiterin eines Asylbewerberheims in Dresden will die beiden Männer der Gruppe beim Auskundschaften auf dem Gelände ihres Heims bemerkt haben.
    Währenddessen wird das Netz der Ermittlungen um das Trio immer engmaschiger. Inzwischen sind nach dem Landeskriminalamt Thüringen auch die Landesämter für Verfassungsschutz in Brandenburg und Sachsen hinter ihm her.
    Auch der Geheimdienst der Bundeswehr, der Militärische Abschirmdienst (MAD), wird eingeschaltet, da es Hinweise gibt, dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sich als bezahlte Söldner einem Regiment der Fremdenlegion angeschlossen haben könnten.

    Zurück in der Wohnung von Max-Florian B. Um selbst Geld zu verdienen, machen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe aus ihrem rechtsextremen Gesellschaftsspiel «Pogromly» eine Geschäftsidee. Sie basteln Kopien des Brettspiels und hoffen, das in der rechten Szene beliebte Spiel für je 100 DM an die Kameraden verkaufen zu können.
    Auf das Spielbrett eines handelsüblichen «Monopoly»-Spiels kleben die drei neue Spielfelder und schneiden Ereigniskarten aus Papier zurecht. In der Mitte des Bretts ist ein Kreis zu sehen, auf dem ein Skelett mit Totenkopf einen schwarzen SS-Helm und eine Uniform trägt. Links und rechts davon liegen die Felder für die Ereigniskarten. Statt Bankirrtümern und Steuernachzahlungen stehen auf den «SA-» und «SS-Karten» jedoch andere Anweisungen – alles in Frakturschrift.
    Gewinner des neuen Spiel ist am Ende der erfolgreichste Faschist und Antisemit. In der Anleitung heißt es: «Es ist das Ziel des Spiels, der Kamerad mit den schönsten Städten (also ohne Judensterne) zu werden. Das Spiel endet, wenn alle Kameraden (bis auf einen) bankrott sind und somit nur der beste Verwalter für unser deutsches Vaterland übrig bleibt. Ist diese Situation eingetreten, zeigen die anderen Kameraden ihre Hochachtung vor seinen Leistungen für unser Vaterland, indem sie laut und deutlich im Chor sagen: ‹Heil Dir Großmeister› (und an dieser Stelle seinen Namen).» Auf den Ereigniskarten stehen Sätze wie:
«Diese roten Drecksäcke beschmutzen
Deine Städte mit dummen Parolen.
Zahle für die Beseitigung
3000,– RM»
«Du hattest auf ein Judengrab gekackt.
Leider hattest Du Dir hierbei eine
Infektion zugezogen.
Arztkosten 1000,– RM»
«Du musst nicht beim Juden bleiben.
Es handelt sich um einen Irrtum.
Verlasse diesen stinkenden Ort.»
    Am Spielfeldrand finden sich Städtefelder wie «Stuttgart», «Frankfurt», «München» oder «Königsberg», auf denen Davidsterne zu sehen sind. Zwischen

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