Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)
ihnen liegen Sonderfelder mit SS-Siegrunen, Totenköpfen und Israel-Flaggen oder Pflichtfelder wie «Bezahle den Spitzel». Die Bahnhofsfelder tragen alle Namen von Konzentrationslagern: «KZ – Auschwitz 4000,–». Als «Startfeld» dient ein Hakenkreuz; auf dem «Gefängnisfeld» steht «KZ», und an einer anderen Ecke ist ein Bild von Adolf Hitler angebracht mit dem Hinweis «Besuch beim Führer». Auf einem weiteren Feld ist ein Viereck mit den Worten «Du hast gestohlen, geh zum Juden» zu sehen.
Gespielt wird die antisemitische Version von «Monopoly» mit kleinen dunklen Holzhäusern, die das Trio selbst schnitzt.
«Pogromly»-Karten: Monopoly für Neonazis
Laut Aussage von Max-Florian B. empfanden die drei die Arbeiten an dem Brettspiel als sinnvollen Zeitvertreib und stellten es mehrfach her, um damit Geld zu verdienen. Wie viele «Pogromly»-Spiele genau sie gebastelt und verkauft haben, ist nicht bekannt.
Unterdessen versucht Ralf Wohlleben, Geld für die Untergetauchten von ihren Eltern zu Hause in Jena zu bekommen. Er schickt seine Freundin in den Rewe-Supermarkt nach Jena-Winzerla, in dem die Mutter von Uwe Mundlos arbeitet. Die junge Frau schlägt der Mutter vor, dass die Eltern ein Konto für ihren Sohn eröffnen und Geld einzahlen sollen. Sie würde die dazugehörige Kreditkarte an ihn weitergeben. Mutter Mundlos traut Wohllebens Freundin nicht und schickt sie weg. Ein paar Tage zuvor hatte die junge Frau der Großmutter von Beate Zschäpe ein ähnliches Angebot unterbreitet.
Durch ihre Telefonüberwachung wissen die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes mittlerweile, wer den direkten Kontakt zwischen Ralf Wohlleben und dem Trio hält. Die Agenten wollen Wohllebens Freund als V-Mann anwerben. Dieser aber informiert sofort seinen Auftraggeber Ralf Wohlleben. Gemeinsam entscheiden sie, zum Schein auf das Angebot einzugehen und den Verfassungsschützer beim nächsten Treffen zu fotografieren. Aber auch dieses Gespräch hört das Amt für Verfassungsschutz mit. Zu einem weiteren Treffen kommt es nicht.
Sechs Wochen nachdem die drei untergetaucht sind, ruft der Hausmeister des Neubaublocks in der Schomerusstraße 5 in Jena, in dem Beate Zschäpe ihre Wohnung hat, bei der Polizei an. Eine Deutschlandfahne hänge plötzlich von Zschäpes Balkon herab, berichtet er. Vorher sei sie ihm nicht aufgefallen. Eine Woche später meldet sich ein Nachbar aus der Schomerusstraße und sagt, er habe Musik und Schritte in der Wohnung von Beate Zschäpe gehört. Vom Balkon aus könne man das Flimmern des Fernsehers sehen, sagt eine andere Nachbarin.
Am 15. März um 23:25 Uhr fährt die Jenaer Polizei zur Wohnung und protokolliert danach, dass die Zimmer benutzt wurden: «Der Zustand der Wohnung lässt darauf schließen, dass die Wohnung in letzter Zeit regelmäßig aufgesucht wurde (geleerter Briefkasten, geöffnete Packung Toastbrot, Brot war weich und frisch).»
Als die Terrorzelle 2011 aufgeflogen ist, wird bekannt, dass ein Helfer des Trios 1998 in Zschäpes Wohnung einsteigen wollte, während ein anderer Neonazi «Schmiere stand». Der Funktionär der «Jungen Nationaldemokraten» hatte noch Sachen aus der Wohnung holen wollen.
Für die Ermittler muss 1998 auffällig gewesen sein, dass von der Telekom in den Wochen nach dem Untertauchen weiterhin Geld von Zschäpes Konto bei der Sparkasse Jena abgebucht wird. Am 24. Februar 1998 sind es 74,05 DM, am 24. März 1998 steigt die Summe auf 114,64 DM. Das bedeutet, es muss noch jemand mit Zschäpes Festnetzapparat telefoniert haben. Doch ihr Telefon wird von den Ermittlern nicht abgehört.
Ungeachtet der Entdeckung, dass Zschäpes Wohnung weiter benutzt wird, entscheidet sich ein Polizeikommissar dagegen, sie zu überwachen. Er lässt stattdessen den Schließzylinder der Tür auswechseln.
Wäre es für die Fahnder nicht interessant gewesen, zu erfahren, wer die Wohnung nutzt?
Aus heutiger Sicht überrascht auch, dass das Mobiltelefon von Uwe Böhnhardt nur einen Monat lang abgehört wird. Das geht aus den Ermittlungsakten des LKA Thüringen hervor. Bis zum 17. März zapfen die Polizisten das Handy an, aber nicht länger. Dabei wissen sie durch die Überwachung seines Sparkassenkontos, dass er das Mobiltelefon bis Mai 1998 nutzt: Im Februar werden für Gespräche 30,34 DM abgebucht, im März 35,39 DM, im April 38,44 DM und im Mai 56,58 DM.
In diesen Wochen werden 19 Menschen aus dem Umkreis des Trios abgehört, ein Jenaer Bekannter sogar über
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